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1516 - Totenlichter

1516 - Totenlichter

Titel: 1516 - Totenlichter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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vergehen, ohne dass etwas passierte. Er musste tätig werden, und er wollte sich nicht nur um die großen Sünder kümmern, sondern auch für die kleinen seine Totenlichter anzünden.
    Er ging zu einem Schrank und öffnete eine der beiden schmalen Türen.
    In einem Regal lag perfekt zusammengefaltet seine Kutte mit der daran hängenden Kapuze.
    Er streichelte den Stoff und nahm den typischen Geruch von Weihrauch auf, der sich in ihm festgesetzt hatte. Er liebte dieses Gemisch. Es hatte so etwas Feierliches an sich. Es war der Botenstoff für das Gute in der Welt. Und er war der Bote, der für das Gute stand und dazu ausersehen war, das Böse auszumerzen.
    Angefangen hatte er. Wann es enden würde, wusste er nicht.
    Vielleicht erst mit seinem Tod…
    ***
    Vor dem Wohnhaus hatten wir angehalten, waren ausgestiegen und gingen auf Gisela Peters zu, die ihr Fahrrad gegen die Wand gelehnt hatte. Sie war etwas verschwitzt, als sie uns anschaute, denn das Fahren hatten sie angestrengt. »Hier ist es«, sagte sie.
    »Und wo müssen wir hin?«
    »In die vierte Etage, Herr Sinclair. Aber wir können den Lift nehmen.«
    »Das ist gut.«
    Einen Haustürschlüssel besaß die Wirtin auch, und wenig später standen wir in der Kühle des Treppenhauses. Es war ein wenig dunkel.
    Wir machten Licht und gingen zu dem Fahrstuhl, der uns nach oben in die vierte Etage bringen sollte.
    Frau Peters war sehr nervös. Sie lächelte zwar mit geschlossenen Lippen, aber sie knetete auch ihre Hände und atmete unruhig.
    »Nervös?«, fragte Harry.
    »Ja.«
    »Warum?«
    Sie hob die Schultern. »Ich kann es Ihnen auch nicht so genau sagen, aber ich habe schon ein komisches Gefühl. Es drückt gegen meinen Magen, wissen Sie.«
    »Ja, das kann ich mir vorstellen.«
    »Sie war immer so pünktlich und exakt. Aber jetzt weiß ich auch nicht, wie das alles weitergeht.«
    »Warten wir ab.«
    Wenig später konnten wir den Lift verlassen. Es gab mehrere Türen zur Auswahl. Gisela Peters, die sich auskannte, ging mit zielstrebigen Schritten auf eine bestimmte Tür zu. Sie blieb für einen Moment dicht davor stehen und fragte: »Soll ich noch mal schellen?«
    »Wäre besser«, meinte Harry Stahl.
    Das tat sie, aber es brachte nichts, denn niemand öffnete uns.
    »Dann also«, sagte sie und steckte den Schlüssel ins Schloss. Sie drückte die Tür nicht weit auf. Sie beließ es bei einem Spalt, durch den wir gemeinsam schauen konnten. Viel sahen wir nicht, nur einen leeren Vorflur, in dem sich nichts bewegte.
    »Wollen Sie nicht zuerst gehen?«, fragte sie leise. »Irgendwie fürchte ich mich davor.«
    Harry hob die Schultern, und so machte ich den Anfang. Ich schob die Tür weiter auf und stand drei Sekunden später im Flur. Man kann manchmal spüren, ob eine Wohnung bewohnt oder leer ist, wenn man sie betritt. In diesem Fall spürte ich die Leere, die schon vorhanden war.
    Zumindest hielt sich hier niemand auf, der uns begrüßen würde.
    Auf der anderen Seite verspürte ich einen bestimmten Druck. Harry Stahl hatte mich nach meinem Bauchgefühl gefragt. Ich hatte abgestritten, dass es vorhanden war, aber nun war es anders. Mein Bauchgefühl meldete sich wieder und nicht eben im positiven Sinne.
    Etwas stimmte in meinem Umfeld nicht. Es konnte an der Stille liegen, die ich als befremdlich empfand. Aber sie blieb nicht, denn als mir die offene Tür auffiel, da hörte ich das Summen.
    Ein widerliches Geräusch, doch eigentlich ein normales, denn so machen sich Fliegen bemerkbar. In diesem Fall konnte es mir nicht gefallen, und ich merkte, dass etwas in mir hoch kochte. Mit dem Fuß stieß ich die schon offene Tür noch weiter auf und hatte einen freien Blick in das Wohnzimmer.
    Der Körper war nackt. Er lag auf dem Glastisch, und etwa ein Dutzend Fliegen umsummten ihn. Sie konzentrierten sich besonders auf die blutende Brustwunde, in der noch immer die Mordwaffe steckte - ein Messer, das aussah wie ein Kreuz…
    ***
    Ich versperrte mit meinem Körper den Zugang zum Zimmer, und so wussten die beiden anderen nicht, was passiert war. Für einen Moment war ich wie erstarrt, bis ich Harrys Flüsterstimme hinter mir hörte.
    »Was ist denn los?«
    Ich drehte mich zur Seite und trat in das Zimmer. Eine Antwort gab ich ihm nicht, die konnte er sehen, und er sah sie auch. Wie ich blieb er starr stehen. Aus seinem Mund löste sich ein Kommentar, den ich nicht verstand.
    »Was ist denn?«
    Ich drehte mich wieder um und ging in den Flur zu der Fragerin. »Sie bleiben am

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