152 - Prophet des Feuers
Atlantikküste bedeckten.
„Reichlich unheimlich", meinte Körner, der unmittelbar hinter Reincke fuhr.
In einem Gelände, das aussah, als sei hier seit Generationen kein Mensch mehr gewesen, hielt Reincke an. Die Teilnehmer stiegen aus. Grabosc konnte sehen, daß den meisten das Gelände überhaupt nicht gefiel.
„Folgen Sie mir", bat Reineke.
Er schien sich auszukennen. Zielsicher stapfte er in das Buschwerk hinein. Nach ein paar Schritten durch stachelige Büsche war dann ein Trampelpfad zu sehen, der durch ein sumpfiges Gelände führte. Im Gänsemarsch folgten die Teilnehmer.
Nach zehn Minuten kam das Ziel in Sicht - eine Gruppe gewaltiger Fels brocken, angeordnet wie bei einem norddeutschen Hünengrab.
„Sie werden sich fragen, warum es dieser Ort sein muß", sagte Reincke, nachdem er angehalten hatte. „Dies ist eine verlassene Kultstelle der alten Kelten. Die Kelten waren nicht nur ein Volk, das wegen seiner Lebensfreude bekannt war, es heißt auch, daß ihre Zauberer und Weisen, die sogenannten Druiden, über esoterisches oder magisches Wissen verfügt haben, das seit dem Verschwinden der Kelten nicht mehr zugänglich gewesen ist. Ein wenig von dem Zauber dieser druidischen Orte ist aber erhalten geblieben - daher haben wir diesen keltischen Tempel für unsere Zusammenkunft ausgesucht."
„Hier sieht es ja schon tagsüber scheußlich aus", meinte Gertrud und schüttelte sich. „Wie mag es hier erst nachts…"
Reincke sah sie scharf an.
„Nachts ist es hier lebensgefährlich", sagte er bedeutungsvoll. „Deswegen wagt sich auch kein Einheimischer hierher. Sie haben ja gesehen, daß das Gelände morastig ist. Hier kann man sich sehr leicht verirren."
Reinckes Tonfall war für Grabosc eindeutig; der Mann sprach keine Warnung aus, eher eine Drohung.
„Gehen wir hinein", sagte Reincke.
Acht gewaltige Steinplatten bildeten die Außenmauer des Druidentempels - falls es einer war, woran Grabosc zweifelte. Eine noch größere Steinplatte bildete das Dach. Das Licht der Sonne, von den Bäumen schon gefiltert und eingefärbt, erreichte diese Höhlung nur als Dämmerlicht. Der Boden bestand aus gestampftem Lehm, auf dem einige lederne Sitzkissen lagen.
„Machen Sie es sich bequem, der Meister wird gleich erscheinen."
„Der Meister?" fragte Körner.
„Der psychologische Leiter dieses Seminars", antwortete Reincke. „Meister Banjar hat in Indien und China die alten Geheimwissenschaften des Orients studiert, außerdem hat er sich intensiv mit der Erforschung der europäischen Mystik beschäftigt. Es hat uns viel Mühe gekostet, einen solchen Meister für unsere Bemühungen zu ge…"
Grabosc sah, daß sein Nachbar die Augen weit aufriß. Fast gleichzeitig fuhren die Köpfe der Teilnehmer herum.
Grabosc erkannte ihn erst auf den zweiten Blick wieder - es war der Mann, von dem er gestern nur den Rücken zu sehen bekommen hatte.
Er stand im Eingang der Höhle, eingehüllt in ein bodenlanges, dunkelblaues Gewand, die Hände in einer segnenden Geste halb erhoben. Das Sonnenlicht ließ von ihm zunächst nur eine Silhouette erkennen. Wenig später begannen dort, wo Banjars Füße standen, kleine blaue Flammen aus dem Boden zu züngeln. Sie wuchsen mit unglaublicher Geschwindigkeit in die Höhe, bis sie den Körper des Mannes vollständig einhüllten. Ein gleißender, irrlichternder Schein umgab Banjar, der sich nicht rührte.
Grabosc wollte nach vorn stürzen, um das Feuer zu bekämpfen, aber Reincke hielt ihn zurück. „Lassen Sie das", fuhr er Grabosc an. „Dies ist nur eine Demonstration seiner Fähigkeiten. Was Sie sehen können, sind seine geistigen Energien. Meister Banjar hat seinen Körper und seinen Geist vollkommen unter seiner Gewalt, so vollkommen, wie vielleicht kein zweiter auf dieser Welt. Diese Aura läßt seine transzendente Energie sichtbar werden, er wirkt wie ein Prophet des Feuers."
Grabosc konnte hören, wie die Teilnehmer nach Luft schnappten. Der Anblick war faszinierend - verlockend und abstoßend zugleich.
Mit einem Schlag erlosch der Feuerzauber.
„Willkommen", sagte Banjar. Er legte die gefalteten Hände vor die Stirn und neigte den Kopf.
Banjar setzte sich zu den anderen. Jetzt konnte Grabosc das Gesicht des Mannes deutlich sehen. Die Augen waren dunkel und blickten warm und freundlich. Banjar wirkte so friedfertig, daß Grabosc Zweifel bekam, ob dies tatsächlich der gleiche Mann war, der am gestrigen Abend von Oliveyron gesprochen hatte.
„Lassen Sie uns gleich
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