152 - Prophet des Feuers
ballte.
Als Grabosc nach fünf Minuten aufhörte, fühlte er sich tatsächlich erleichtert. Aber nun konnte sich Gertrud nicht länger beherrschen und setzte ihrerseits zu einer Schimpfkanonade an, und Grabosc stellte erschüttert fest, daß die Frau ihm im Fluchen weit überlegen war.
Es war, als sei das Startzeichen für eine Kettenreaktion gegeben worden. Ein Teilnehmer nach dem anderen mischte sich ein, quengelte und krakeelte, schimpfte und fluchte. Die Stimmung wurde immer gereizter, einer schaukelte den anderen gleichsam hoch.
Einmal standen sich Grabosc und ein anderer mit geballten Fäusten gegenüber, und es fehlte nicht viel, und es wäre zu einer Prügelei gekommen.
Und während der ganzen Zeit saß Banjar gleichbleibend freundlich daneben und sorgte dafür, daß der Prozeß im Fluß blieb, wie er es nannte.
Als schließlich Frieden eintrat, ohne daß auch nur ein strittiger Punkt geklärt gewesen wäre, fühlte Grabosc sich ausgelaugt. Auch die anderen Teilnehmer des Seminars machten einen erschöpften Eindruck.
„Und jetzt werden wir zehn Minuten lang in Ruhe meditieren", bestimmte Banjar. „Schließen Sie die Augen, lassen Sie Ihre Gedanken frei strömen. Beeinflussen Sie nichts, lassen Sie alles zu. Keine Unterdrückung, kein Zwang." Zähneknirschend schloß Grabosc die Augen. Er war noch immer geladen vor Zorn, und an Meditation und ähnlichen Unfug glaubte er ohnehin nicht.
Aber seltsamerweise begann er sich zu beruhigen. Sein Puls ging langsamer, er spürte ein warmes Gefühl im ganzen Körper; am liebsten hätte er sich in irgendeinem Winkel zusammengerollt und ein wenig geschlafen.
Er öffnete die Augen, sehr vorsichtig. Aus zusammengekniffenen Lidern heraus sah er sich um.
Die anderen waren noch in Meditation versunken. Seltsam - die meisten lächelten glücklich. Grabosc sah zur Seite.
Banjar war aufgestanden. Eine düsterrote Feueraureole hüllte ihn ein. Grabosc konnte nur einen flüchtigen Blick auf das Gesicht des Meisters werfen.
Er erschrak.
In diesem Gesicht war nichts mehr von Freundlichkeit und Güte zu lesen, es war eine von Haß und Wut verzerrte Fratze. Die Augen schienen in düsterem Feuer zu glühen, der Mund war zu einem Strich zusammengepreßt.
„Morgen um die gleiche Zeit sehen wir uns wieder", sagte Banjar zischend. Er machte zwei Schritte, stand am Eingang - und war dann von einem Augenblick auf den anderen verschwunden.
Coco Zamis traf in der Mittagszeit auf dem Campgelände ein, vorher hatte sie in einer nahegelegenen Ortschaft zu Mittag gegessen. An der Rezeption erfuhr sie, wo Grabosc wohnte, und dank eines Plans vom ganzen Gelände fand sie den Ort sehr bald.
Die Bungalows waren verlassen, aber die Autos standen noch in der Nähe. Coco vermutete Grabosc am Strand. In ihrem Wagen zog sie sich rasch um und spazierte dann zum Strand.
Sie hatte sich nicht geirrt.
Grabosc unter den Badenden ausfindig zu machen, war ein Kinderspiel. Coco brauchte nur nach einem stämmigen Mann Ausschau zu halten, der sich gebärdete, als wollte er den Atlantik im Ringkampf bezwingen. Langsam stieg Coco die Dünen hinunter zum Strand, während Grabosc mit unermüdlichem Eifer gegen die Brandung ankämpfte.
„Sie suchen Willi?" fragte eine sympathische Männerstimme. Coco sah zur Seite.
Der Mann mit den grauweißen Haaren lächelte.
„Ich habe Ihre Blickrichtung verfolgt", sagte er erklärend.
„Sie sind ein guter Beobachter", antwortete Coco. Sie breitete das Badetuch aus und ließ sich darauf nieder. Wenig später kam Grabosc herangeplatscht, sichtlich mit sich zufrieden. An der rechten Hüfte konnte Coco die Narbe sehen, die von einem Streifschuß stammte.
„Fein, daß du gekommen bist", sagte Grabosc. Im ersten Augenblick machte er eine Bewegung, als wollte er Coco in die Arme schließen, dann bremste er sich und griff nach dem Handtuch.
„Das ist Coco und dies mein Bungalowgenosse Körner", stellte er vor, während er sich trockenrubbelte.
„Ich habe dein Telegramm bekommen", sagte Coco. Unwillkürlich hielt sie an Graboscs Hals nach Bißspuren Ausschau. Körner lächelte kurz, stand dann auf und ging ins Wasser.
„Jetzt können wir reden", sagte Coco leise.
Grabosc war von seinem Dienst her gewöhnt, sich kurz zu fassen. Sein Bericht war präzise und enthielt alles Nötige.
„Von dem toten Vampir keine Spur", schloß Grabosc seinen Bericht. „Und keine Nachfragen. Ob Schulte die Bestie weggeräumt hat, weiß ich nicht."
„Und Banjar?"
Grabosc
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