152 - Prophet des Feuers
wiegte den Kopf.
„Keine Ahnung", gestand er. „Ich habe ihn für einen Scharlatan gehalten, der nur eine eindrucksvolle Schau abzieht. Aber irgend etwas ist dran an seinem Verfahren. Zuerst haben wir uns gezankt wie die Kesselflicker, und jetzt herrscht eitel Sonnenschein. Keiner ist dem anderen mehr gram. Und ich muß ehrlich sagen, ich habe mich selten in meinem Leben so wohl gefühlt."
„Hmm", machte Coco. Die Geschichte mit dem Vampir glaubte sie Grabosc; dies war ein ernstzunehmender Hinweis. Aber der Rest ergab für Coco keinen Sinn.
„Und was soll ich jetzt hier?" fragte sie.
„Heute abend ein wenig herumschnüffeln", schlug Grabosc vor. „Während wir beim Essen sind. Interessant ist der Bungalow von Schulte und diese Druidenhöhle. Dort ist es allerdings sehr gefährlich, da hat Reineke nicht übertrieben. In dem Morast kann ein Mensch leicht verschwinden. Ich habe aber aus dem Gedächtnis eine Karte gezeichnet. Damit müßtest du den Platz finden können. Achtung…!"
Coco hielt inne.
Grabosc machte eine Bewegung mit dem Kopf.
„Hinter dir", sagte er halblaut. „Reincke und Schulte, einträchtig plaudernd. Sie kommen näher." Coco drehte sich langsam herum, wie es eine Urlauberin tun würde, um überall etwas von der strahlenden Sonne abzubekommen. Sie konnte die beiden Männer erkennen. Der Hagere mit den weißen Haaren mußte Reincke sein, und der Mann, dessen Gesicht eine Überheblichkeit ausstrahlte, als sei er Gottvaters Dienstherr, mußte wohl Schulte sein.
Schulte nickte Reincke noch einmal wohlwollend zu und entfernte sich dann. Grabosc stieß einen leisen Seufzer der Erleichterung aus. Reineke stapfte langsam näher.
„Ah, Grabosc", rief er freundlich und winkte. „Wie gefällt es Ihnen?"
„Prächtig", antwortete Grabosc. Coco bemerkte, daß sich Reineke überhaupt nicht für Grabosc interessierte. Während er mit Grabosc sprach und dazu unablässig honigsüß lächelte, grabschte er mit Blicken nach Coco. „Darf ich Ihnen eine Freundin vorstellen?"
Am Strand wirkte der devote Handkuß reichlich deplaziert, aber Coco ließ Reineke gewähren.
„Willi hat mir von Ihrem faszinierenden Seminar erzählt", plauderte Coco. Sie lächelte Reineke an. Es war immer wieder erstaunlich, zu welchen grotesken Verrenkungen männliches Selbstwertgefühl imstande war. Reincke mochte bei näherem Zusehen vielleicht ein interessanter, liebenswerter Mann sein - aber ganz bestimmt war er niemand, der auf den ersten Blick einer Frau wie Coco hätte den Kopf verdrehen können. Dennoch schien er es für völlig normal zu halten, als Coco mit ihm flirtete. Grabosc sah es mit erkennbarem Widerwillen.
„Schade, daß alle Plätze belegt sind", plauderte Coco weiter.
Reineke setzte ein selbstgefälliges Lächeln auf.
„Wenn Sie interessiert sind… Ich bin der Leiter hier am Ort, ich kann vieles möglich machen."
„Das wäre wirklich reizend", gurrte Coco.
„Ich werde mich sofort darum kümmern", versprach Reincke und zog mit gewichtiger Miene ab. „War das nötig?" fragte Grabosc.
„In diesem Fall - ja", antwortete Coco. Körner kam langsam näher.
„Was halten Sie von diesem Meister?" fragte Coco. Körner setzte sich und begann sich abzutrocknen.
„Seltsam", sagte Körner. „Genaugenommen verstößt der Mann gegen eine ganze Reihe von therapeutischen Grundsätzen. Vor allem pusht er pausenlos."
„Pusht?"
„Er heizt die Situation an. Ich mache so etwas nicht, wenn ich es irgend vermeiden kann. Wenn ich einen Elefanten über den Berg schiebe, bin erstens ich anschließend kraftlos, zum anderen weiß der Elefant dann nicht aus eigener Erfahrung wie das ist, über einen Berg zu klettern - und beim nächsten Hügel bleibt er dann wieder stehen. Dieser Meister Banjar setzt unglaublich viel Energie frei bei den Teilnehmern, die völlig wirkungslos in der Luft verpufft, weil sie kein erklärtes Ziel hat. Aber seltsam, es scheint zu funktionieren. Ich fühle mich danach ein wenig schlapp und kraftlos, dazu friedlich und gutgelaunt. Und vielleicht bekomme ich auch noch heraus, wie der Mann das macht."
„Energie, die nutzlos verpufft", murmelte Coco nachdenklich. Sie wiegte den Kopf. „Mal sehen, was daraus wird."
„Reincke will ihr einen Platz in unserer Gruppe besorgen", erzählte Grabosc. Er sah Coco an. „In unserem Bungalow sind noch zwei Plätze frei."
Coco lächelte.
„Damit wäre die Frage nach der Unterbringung wohl gelöst", sagte sie. „Ich werde gleich Dorian
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