1521 - Der nächste bist du, Sinclair!
Wir achten auf andere Dinge.«
»Klar, das kann ich verstehen.« Glenda trank und warf mir einen auffordernden Blick zu, dass ich weitermachen sollte.
Ich tat ihr den Gefallen und schnitt ein anderes Thema an. »Sie kommen hier aus der Nähe?«
»Klar.« Die junge Frau lächelte mich an. »Wir arbeiten für eine Sicherheitsfirma.«
»Das ist gut, denn uns geht es eigentlich um etwas anderes als um den Besuch hier auf dem Fest. Wir sind hier praktisch nur aus Zufall gelandet.«
Sie dachte mit und sagte: »Und jetzt wollen Sie eine Auskunft haben oder?«
»So ist es.«
»Bitte, wir hören.«
»Wir suchen eigentlich ein Haus, das hier in der Umgebung stehen soll. Ein altes, das nicht mehr bewohnt ist. Können Sie uns da unter Umständen helfen?«
»Kaum.«
»Sie kennen keines?«
»Doch, aber es gibt hier in der Gegend noch zahlreiche ältere Häuser.«
»Das Haus, das wir suchen, muss sehr alt sein. Älter als zwei oder drei Jahrhunderte, schätze ich, und es soll leer stehen.«
»Und was wollen Sie dort?«
»Na ja, wir sind Makler, und wir haben den Auftrag, nach alten Häusern zu suchen, die man sanieren und erhalten kann. Es gibt Menschen, die sich dafür interessieren, die auch Geld haben, um die Gebäude zu renovieren.«
»Nein, da müssten wir schon mehr wissen.«
Ich ließ nicht locker. »Es soll auch ein wenig verfallen sein.«
Der Mann stieß seine Kollegin an. »Ha, ich weiß, welches Haus gemeint ist, Barbara.«
»Ach ja? Welches denn?«
»Das dieser Familie gehört hat, die irgendwann verschwunden ist. Es sollen sogar Adelige gewesen sein. Genaues weiß ich auch nicht.«
Ich lächelte. »Das hört sich ja schon gut an. Und wo steht das Gebäude?«
»Das ist schlecht zu beschreiben.«
»Weit von hier?«
Erneut schauten sich die beiden an. Es war ihnen anzusehen, dass sie scharf nachdachten, und der Mann sprach leise davon, dass man mehr in Richtung Windsor fahren müsste.
»Ein paar Kilometer?«, fragte Glenda.
»Ja, bestimmt nicht weiter. Soviel ich weiß, steht es auf einem kleinen Hügel. Man kann von dort aus die Themse überblicken. Wer das Ding kauft, der kauft zugleich die tolle Lage mit. Ich denke nicht, dass man es preiswert bekommt, auch wenn der Bau verdammt alt ist.«
»Waren Sie schon mal dort?«
»Nein, nein.« Da antworteten beide wie aus einem Mund. »In die Gegend kommen wir nie.«
»Dann liegt es auch abseits der normalen Verkehrswege - oder?«
»Auch.«
Wir dachten nach. Die Beschreibung hatten wir nun, und in mir stieg auch das Gefühl auf, dass wir nicht verkehrt lagen. Aber eine genaue Wegbeschreibung hätte mir schon besser gepasst, und so fragte ich: »Welcher Ort liegt dem Haus denn am nächsten?«
»Keiner!«, sagte der Mann.
»Bitte?«
»Nur eine kleine Gartensiedlung.«
»Die müsste sich doch finden lassen«, meine Glenda.
»Versuchen Sie es.«
Wir merkten, dass die beiden nicht weiter antworten wollten. Sie schauten verstohlen auf die Uhr, was ich verstand. Sie waren nicht hier, um Pause zu machen oder sich interviewen zu lassen. Deshalb bedankten wir uns für die Auskünfte.
Die Frau fragte: »Reicht Ihnen das denn?«
Ich nickte. »Klar. Außerdem haben wir einen Mund, um fragen zu können. Das klappt schon.«
»Dann sehen Sie mal zu, dass Sie das Haus finden und später auch einen Käufer.«
»Klar.«
Die beiden traten vom Tisch weg, um ihre Runden zu drehen. Wir blieben noch stehen und schauten uns über die Ränder unserer Becher an.
»Und? Was sagst du, John?«
»Es kann sein, dass wir Glück haben. Allerdings erst später.«
»Wie meinst du das?«
»Ich glaube irgendwie noch immer daran, dass sich diese Leonore hier aufhält.« Ich deutete in die Runde. »Das ist ihre Welt. Hier kann sie sich wohl fühlen.«
»Meinst du?«
Ich wollte eine Antwort geben. Ich hatte auch bereits angesetzt, als sich alles schlagartig veränderte.
Urplötzlich gellten schreckliche Schreie auf, die nicht nur uns eine Gänsehaut bescherten.
Wir schauten uns an, und in unseren Blicken gab es eine gewisse Übereinstimmung.
»Das ist da passiert, woher wir gekommen sind«, flüsterte Glenda.
»Dann los!«, sagte ich nur…
***
Der mittelalterliche Markt war recht voll, das hatten wir schon vorher erlebt, aber es war noch immer ein gutes Durchkommen gewesen. Das traf jetzt nicht mehr zu. Die Schreie hatten alles durcheinander gewirbelt.
Plötzlich schien fast jeder Besucher die Orientierung verloren zu haben.
Es gab keine einheitliche Richtung
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