1521 - Der nächste bist du, Sinclair!
einiger Zeit nicht mehr einzusetzen brauchen.« Sie runzelte die Stirn. »Ich mag sie auch nicht besonders gern. Okay, sie haben mir geholfen, aber manchmal fühle ich mich, als wäre ich kein normaler Mensch mehr. Ich habe oft darüber nachgedacht, und das sage ich nur dir. Früher hatte ich große Probleme damit, aber jetzt habe ich mich daran gewöhnt. Wenn auch nicht so ganz, das muss ich ebenfalls sagen.«
»Das bekommen wir schon hin.« Ich strich über ihr dunkles Haar und sah dabei das etwas verlorene Lächeln auf ihren Lippen.
Es waren wirklich nur Augenblicke, die uns allein gehörten, und uns wurde wieder einmal bewusst, dass auch wir nur Menschen waren und keine Maschinen, wobei unser Menschsein etwas anders war als bei den normalen Zeitgenossen.
Sie klopfte mir auf die Schultern. »Geh schon, John, lass es uns hinter uns bringen.«
Die Tür war zwar geschlossen, aber ich setzte darauf, dass sie nicht abgeschlossen war. Die schwere Klinke ließ sich nicht bewegen, aber als ich an ihr zog, öffnete sich die Tür.
In meiner Kehle lag schon eine gewisse Beklemmung, als ich den ersten Schritt in das Haus hineinging. Man konnte es nicht als leer bezeichnen, doch ich merkte, dass es unbewohnt war. Irgendwie spürt man das, ob in einem Haus Menschen leben oder nicht.
Ich machte Platz, um Glenda eintreten zu lassen. Wir standen beide in einer großen und leeren Diele, schauten in ein Halbdunkel und sahen die breite Holztreppe, die mit einem Schwung nach links in die Höhe führte.
Das Schwert diente mir als Stütze, als meine Blicke durch die Leere glitten. Es gab auch keine fremden Geräusche zu hören. In dieser Umgebung war es totenstill, und auch von oben erreichte uns kein Geräusch.
»Sie könnte auch nicht da sein«, meinte Glenda.
»Glaubst du das wirklich?«
»Eigentlich nicht.«
»Dann warten wir hier.«
»Unten oder oben?«
»Erst mal unten.«
Glenda war einverstanden. Nur wollte sie nicht in meiner unmittelbaren Nähe bleiben. Sie ging einige Schritte zur Seite und entfernte sich auch von der Treppe. Zwischen zwei Fenstern blieb sie dicht an der Wand stehen. So hatte sie einen anderen Blickwinkel als ich.
»Du könntest sie auch rufen, John.«
»Nein, nein, sie wird sich melden, das weiß ich. Eine wie sie erhöht gern die Spannung.«
»Und vergiss nicht dieses Licht. Wenn ich näher darüber nachdenke, kommt es mir unheimlich vor.«
»Das gehört zu ihr. Ich weiß nur nicht, wie ich es genau einschätzen soll.«
»Das kann ich dir auch nicht sagen.«
Ich hatte bereits daran gedacht, das ungewöhnliche Splitterlicht als eine Transportmöglichkeit anzusehen, mit der es Leonore gelang, zwischen den Zeiten eine Brücke zu schlagen. Das mochte alles okay sein, aber ihren Hass auf mich verstand ich nicht.
Dass es hier unten noch andere Räume gab, lag auf der Hand. Ich hätte sie eigentlich durchsuchen müssen, aber irgendwas hielt mich davon ab.
Die Treppe war mir wichtiger. Ich sah sie als eine Bühne an, wo jemand seinen Auftritt inszenieren konnte.
Noch war Pause, aber das würde sich ändern. Zu lange würde mich Leonore nicht warten lassen.
Und ich hatte recht.
Es fing leise an. Über mir. Dort, wo die Treppe endete, hörte ich das Klopfen. Ich gab Glenda durch ein kurzes Nicken Bescheid, dass sich etwas tat, und sie nahm eine lauernde Haltung an. Ihr Gesicht sah angestrengt aus, die sonst so vollen Lippen lagen aufeinander und waren sehr schmal geworden. Es konnte auch sein, dass sie in sich ging und schon dabei war, ihre Kräfte zu aktivieren.
Das Geräusch blieb, und es blieb nicht an einer Stelle. Es bewegte sich auf die Treppe zu, und so war es nur eine Frage der Zeit, bis Leonore sichtbar wurde.
Mit oder ohne diesem sperrigen Licht, das war hier die Frage.
Am Ende der Treppe und dicht hinter der letzten Stufe glaubte ich einen helleren Schein zu sehen. Es konnte auch sein, dass ich mich geirrt hatte, aber daran glaubte ich nicht mehr, als zwei weitere Sekunden vergangen waren und sich mein Herzschlag beschleunigt hatte.
Sie stand da und schaute auf mich herab!
***
Endlich war es so weit!
Die Spannung in mir blieb bestehen. Zugleich erfasste mich ein Gefühl der Erleichterung, denn mir war klar, dass es zu einer weiteren Begegnung nicht mehr kommen würde.
Aller guten Dinge sind drei.
Und hier würde sich das Finale abspielen. Ich ging zudem davon aus, dass Leonore es darauf abgesehen hatte. Wer so handelte, der wollte seinen Feind ein für alle Mal aus der Welt
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