1524 - Schreckens-Zoo
wenn ich deine Worte richtig deute, spielst du mit dem Gedanken, John Sinclair zu informieren.«
»Ja, das wäre nicht das Schlechteste.«
Maxine Wells räusperte sich. »So schnell wollen wir nicht handeln, Carlotta. Ich werde mich um den Fall kümmern und zunächst mal nachhaken.«
»Und wo? Hast du denn einen Ansatz dafür?«
»Einen vagen.«
»Und welchen?«
»Ich denke dabei an den Zoo. Du hast erzählt, dass du über ihm geschwebt hast, als die Vögel dich angriffen.«
»Ja, das stimmt.«
»Nun ja, dann werden wir uns mal umhören. Ohne anzugeben, würde ich sagen, dass mir der Zoo schon entgegenkommt, wenn ich meine Recherchen anstelle.«
»Warum?«
»Es ist ganz simpel. Er ist zwar nicht meine zweite Heimat. Aber als Tierärztin werde ich oft genug gerufen, um die Kollegen bei schwierigen Fällen zu unterstützen. Und die können mir möglicherweise helfen.«
Plötzlich konnte Carlotta wieder lächeln. »Das ist eine tolle Idee«, flüsterte sie. Ihre Augen glänzten. »Ich denke darüber nach, ob ich dich nicht begleiten soll.«
»Nein!« Maxine schlug in beide Hände. »Denk daran, wer du bist und wie du aussiehst. Unsere gesamte Tarnung wäre dahin. Das Risiko sollten wir nicht eingehen.«
»Stimmt.« Carlotta hob die Schultern an. »Schade, dass ich nie dabei sein kann, wenn es spannend wird.«
»Dafür kannst du fliegen. Das ist der Traum der meisten Menschen. Wie gesagt, nur ein Traum.«
»Gut, Max, dann bleibe ich hier. Und ich bin gespannt, ob auch andere Zeugen die Vögel entdeckt haben. Noch mal, es waren keine Adler und keine Bussarde.«
»Ich weiß, mein Kind.« Die Tierärztin schwang sich aus dem Bett und trat ans Fenster. Sie warf einen Blick in den klaren Nachthimmel, der mit zahlreichen Sternen gesprenkelt war. Er bot ein so prächtiges Bild, und in ihn hineinzustoßen war schon etwas Besonderes. Auch Maxine beneidete Carlotta hin und wieder wegen ihrer Fähigkeiten. Auf der anderen Seite konnte sie ein normales Leben führen im Gegensatz zu Carlotta. Das Schicksal hielt eben immer alles in einer gewissen Balance.
Maxine gab sich mit dem ersten Blick nicht zufrieden. Sie wollte mehr sehen und ging deshalb vor die Tür. Hier wurde ihre Sicht durch nichts verstellt. Sie konnte zum hohen Himmel schauen, aber auch über das Grundstück hinweg, über die gepflegte Rasenfläche, die an einer wenig befahrenen Straße endete.
Hinter Maxine stand ihr Schützling. »Siehst du was?«
»Nur Sterne.«
»Das beruhigt mich.«
»Okay, mich auch. Da wir beide wenig geschlafen haben, sollten wir noch versuchen, ein paar Stunden Ruhe zu finden«
»Genau das denke ich auch.«
Beide Frauen gingen wieder zurück ins Haus, und Carlotta fragte mit leiser Stimme: »Warum erwischt es immer mich oder uns? Kannst du mir das sagen?«
»Nein. Aber es gibt Menschen, die sind für bestimmte Dinge anfälliger als andere.«
»Wie John Sinclair?«
»Ja, wie er…«
***
Der neue Tag. Der neue Sonnenaufgang. Ein gleißender Ball, der seine Strahlen über einen azurblauen Himmel schickte, der so glatt war, dass man ihn bereits als kitschig ansehen konnte. Aber es gab diese Tage, bei denen sich die gute Laune der Menschen noch um einige Grade besserte.
Das hätte auch bei Carlotta und der Tierärztin der Fall sein können, doch die Vorgänge der vergangenen Nacht wirkten bei ihnen noch nach, und so sah das Lächeln des Vogelmädchens ein wenig gequält aus, als sie die Küche betrat, in der gefrühstückt wurde.
»Und? Gut geschlafen?«
Carlotta setzte sich auf ihren Stammplatz. »Es geht.«
Sie schaute aus dem Fenster, aber es war nichts Übles zu sehen. Wenn Vögel durch die Luft flogen, dann sahen sie normal aus. Spatzen, Amseln, hin und wieder ein Rotkehlchen, das waren die gefiederten Freunde der Menschen, die sich hier aufhielten.
Beide tranken Tee. Zwei Eier hatte Maxine auch gekocht, und Carlotta sagte, als sie Salz auf das Ei streute: »Du öffnest deine Praxis doch erst um zehn.«
»Ja, und?«
»Warum sind wir dann schon so früh auf den Beinen?«
»Ich konnte nicht mehr schlafen. Die Sonne schien einfach zu hell in mein Zimmer.«
Carlotta lächelte. »Ja, das Wetter ist wirklich toll.«
»Und du denkst noch an die Vögel?«
»In jeder Minute, Max. Ich vermute auch stark, dass es erst ein Anfang gewesen ist.«
»Ein Anfang wovon?«
»Es sind bestimmt nicht nur die Vögel, Max. Ich kann mir vorstellen, dass es auch noch andere Tiere gibt, die mutiert und übergroß sind. Glaube
Weitere Kostenlose Bücher