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1526 - Mirandas Schutzengel

1526 - Mirandas Schutzengel

Titel: 1526 - Mirandas Schutzengel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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die Ersten gewesen. Auch Miranda hatte vor dem offenen Grab gestanden. Sie nickte der Toten im Sarg noch einmal zu, dann warf sie die Rose in das Grab. Danach drehte sie sich sofort weg.
    Die folgende Prozedur ließ sie über sich ergehen, ohne weiter darüber nachzudenken. Sie hatte den Eindruck, nicht wirklich dabei zu sein, und sie war froh, als ihr auch der Letzte die Hand geschüttelt hatte. Es war ein Großhändler für Lebensmittel, der das Lokal belieferte.
    »Komm, lass uns gehen«, schlug Bruno vor.
    Sie schaute ihn an. Bruno war ein fülliger Mann mit Halbglatze, die jetzt nicht zu sehen war, weil sie von einem schwarzen Hut bedeckt wurde.
    Seine Augen standen etwas vor, und seine Pupillen wirkten wie dunkle Flecken.
    »Nein, Bruno.«
    »Wie?«
    »Ich möchte noch bleiben. Ich will in aller Ruhe Abschied von Mama nehmen.«
    »Na ja - hm - ich weiß nicht.« Er drehte sich halb zu seiner Frau Maria um. »Was sagst du dazu?«
    »Wenn sie es will, dann lass sie doch. Sie ist schließlich erwachsen.«
    »Gut.« Bruno Zanussi nickte. »Wir sehen uns dann im Restaurant, wo der Leichenschmaus stattfindet.«
    »Si, ich komme dorthin.«
    Wenig später war Miranda allein.
    Sie hob den Schleier von ihrem Gesicht und drapierte ihn auf dem Rand des Hutes, der etwas schräg auf ihrem Kopf saß.
    Sie brauchte die anderen Menschen nicht. Für sie war die Zeit des Alleinseins sehr wichtig. So konnte sie in aller Ruhe endgültigen Abschied von Elisa nehmen.
    Das war nicht der einzige Grund, der sie in der Nähe des Grabes hielt.
    Dass eine Tote mit ihr Kontakt aufgenommen hatte, das ging ihr noch immer durch den Kopf, und so hoffte sie, dass sich diese Botschaft vielleicht wiederholen würde. Sie sehnte sich danach, mit Elisa reden zu können, doch sie wusste auch, dass sie es ihr überlassen musste, ob sie sich meldete. Erzwingen konnte sie nichts.
    Die Sonne zog sich wieder hinter die massigen Wolken zurück, und so legte sich ein Schatten über den alten Friedhof mit seinen hohen Bäumen, die voll im Laub standen.
    Miranda hatte eigentlich etwas sagen wollen. Nun wusste sie nicht, was.
    Ihr versagte die Stimme, und als sie es trotzdem versuchte, drang nur ein Krächzen aus ihrem Mund.
    Als sie sicher war, dass alle Menschen den Friedhof verlassen hatten, ging auch sie. Ihre Schritte waren langsam, manchmal auch schleifend.
    Ihre Gedanken verirrten sich. Zuviel stürmte da auf sie ein. Sie konnte das alles nicht in eine vernünftige Reihe bringen, aber das Leben ging eben weiter, auch bei ihr.
    Der Parkplatz hatte sich fast geleert. Nur wenige Wagen standen dort noch, unter anderem ihr schwarzer VW Polo. Er war ein Geschenk von Elisa gewesen, und das zu ihrem letzten Geburtstag. Sie mochte das kleine Fahrzeug, und sie würde, das hatte sie sich vorgenommen, ein Bild ihrer Mutter an den Innenspiegel hängen.
    Den Schlüssel hielt sie schon in der Hand, als plötzlich alles anders wurde.
    Zwei Männer tauchten auf. Sie waren dunkel gekleidet und hatten wahrscheinlich an der Beerdigung teilgenommen. Jüngere Männer noch.
    Mit harten Gesichtern und geschmeidigen Bewegungen.
    Bevor sich Miranda versah, war sie von ihnen eingerahmt, und ihr Instinkt sagte ihr, dass sie von ihnen nichts Gutes zu erwarten hatte.
    Dennoch blieb sie ruhig, als sie in Gesichter blickte, die sie noch nie in ihrem Leben gesehen hatte.
    »Was wollen Sie vor mir?«
    »Mit dir reden«, sagte der Typ links von ihr, der eine helle Narbe am Kinn hatte.
    »Ich kenne euch nicht.«
    »Ja, das wissen wir. Aber wir kennen dich.«
    »Und? Woher kommt ihr?«
    »Das muss dich nicht wirklich interessieren. Es ist nur wichtig, dass wir hier sind.«
    »Und jetzt?«
    »Deine Mutter ist tot.«
    »Ja, das weiß ich.«
    »Unser Beileid.«
    Die letzte Bemerkung war so etwas von gelogen, dass in Miranda der kalte Zorn hochstieg.
    »Dies blöde Gequatsche könnt ihr euch sparen. Ich will endlich wissen, was ihr von mir wollt.«
    »Dir etwas nahe legen.«
    »Und was?«
    »Dass du in der Zukunft oder von jetzt an eine reiche Frau sein wirst, sage ich mal.«
    »Nein, das bin ich nicht.«
    »Und wer erbt die Anteile an eurem Restaurant?«
    Der blonden Frau schoss das Blut in den Kopf. Inzwischen war ihr klar, was dieser Besuch zu bedeuten hatte. Geahnt hatte sie es schon immer, dass ihr Onkel Bruno Schutzgeld zahlen musste. Ob es auch ihre Mutter getan hatte, daran zweifelte sie schon. Möglich war natürlich alles, und wenn Elisa sich dazu bereit erklärt hatte, dann würde

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