Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

1533 - Ende der Sonnenzeit

Titel: 1533 - Ende der Sonnenzeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
Vom Netzwerk:
dich kenne, hast du überzeugende Gründe für eine solche Annahme."
    Sie blickte ihren Ersten kopfschüttelnd an. „Du bist mal wieder blind", erwiderte sie, „sonst würdest du sehen, daß die Kaffa schuppen."
    Sie schlug ihrem Reittier die Hand klatschend auf den Rücken. Das insektoide Wesen zuckte stöhnend zusammen. Aus seinem Chitinpanzer platzten zahlreiche Stückchen heraus. „Siehst du?" Sie lachte triumphierend. „Wenn du ein kleines bißchen mehr im Kopf hättest, wüßtest du diese Zeichen zu deuten."
    Sie wandte sich an den zweiten Mann, der sie begleitete. Wie Aspor lief er zu Fuß neben ihr her.
    Er war groß und schlank. Seine Wangen waren tief eingefallen, weil er kaum noch Zähne im Mund hatte. „Oder weißt du, wovon ich rede, Bespa?" rief sie. Bevor er antworten konnte, fuhr sie fort: „Natürlich nicht!
    Was kann man von einem Mann schon erwarten?"
    Sie lachte, als sei allein schon der Gedanke absurd, daß ihr Zweiter eine vernünftige Antwort geben könne, da er doch ein Mann war. „Die Metamorphose setzt ein", erläuterte sie. „Die Käffa verwandeln sich. In einigen Tagen wird dieses Tier seinen Chitinpanzer verlassen und als fetter Wurm in den Boden eindringen, um irgendwo da unten zu überwintern - oder von den Rarapetsch als Vorspeise verspeist zu werden."
    „Und wenn die Sonnenzeit wiederkommt", ereiferte sich Bespa, „krabbeln kleine Käffa aus dem Boden, die wir dann einfangen und zu Reittieren ausbilden können."
    „Falls sie nicht schon vorher von den Rarapetsch vertilgt wurden", fügte Aspor hinzu. Dabei verzerrte sich sein Gesicht voller Abscheu. Die Vorstellung, jemand könne ein derartiges Gewürm essen, bereitete ihr Übelkeit.
    Galilea Galilei trat ihrem Käffa kräftig mit den Hacken in die Seiten, und das Reittier blieb stehen. Es war etwa drei Meter lang und anderthalb Meter hoch, hatte einen schwarzen, vielfach gegliederten Körper und rosige, fächerförmige Fühler. Die Beißzangen hatten ihm seine Trainer abgebrochen, um ihm seine Angriffswaffen zu nehmen. Um auch seine Angriffslust zu mindern, hatten sie ihn bereits zu Beginn der Sonnenzeit kastriert. Jetzt war er nur noch ein harmloses Reittier, das nicht viel mit seinen wildlebenden Artverwandten gemein hatte. „Wir sind am Ziel", sagte die Frau. Wie alle auf Sorbat lebenden terranischen Siedler hatte sie während der Sonnenzeit eine tiefschwarze Haut, die sie in ausreichendem Maß gegen die sengende Sonne schützte. Sie hatte einen tonnenförmigen Körper mit gewaltigen Ausladungen - vorn am oberen Ende, hinten am unteren Ende des Rumpfes. Die Arme und Beine waren dagegen unvergleichlich dünn.
    Sie zeigte auf ein metallisches Gebilde, das aus dem dichten Grün des Dschungels aufragte. „Das Haus des Götterboten, meine Liebliche!" rief Bespa, ihr Zweiter. „Der direkte Draht zu den Mächtigen, mein Mäuschen", fügte Aspor, ihr Erster, hinzu. Er verbeugte sich unterwürfig vor ihr, um ihr zu verstehen zu geben, wie sehr er sie wegen ihrer Gabe verehrte, in dem unübersehbaren Dickicht des Urwalds ein solches Ziel zu finden. Er legte beide Hände an die feisten Wangen. „Ich wußte, daß du auf Anhieb hierherfinden würdest."
    Er ließ die Hände sinken und blickte sie mit großen Augen an. „Was ist los, Erster?" fragte sie. „Du siehst so verwirrt aus."
    „Das bin ich auch", gab er zu. „Ich habe da eben etwas gesagt, das ich eigentlich gar nicht verstehe."
    Sie lachte schrill. „Wann verstehst du schon mal etwas?" Sie streckte beide Arme zu ihm aus und winkte mit den Händen. „Los doch Raus damit! Was meinst du?"
    „Ich weiß nicht, was ein direkter Draht ist", gestand er.
    Sie lehnte sich zurück, blickte resignierend zum türkisfarbenen Himmel hinauf und seufzte tief. „Fragen stellst du! Wer soll denn so etwas beantworten? Ein direkter Draht - das ist nur so eine Redensart, von der niemand weiß, was dahintersteckt. Wahrscheinlich eine Beschwörungsformel gegen die bösen Geister. Und nun laß uns nicht mehr davon reden. Ich kann schließlich nicht alles wissen."
    Aspor blickte sie mit offenem Mund an. Der Gedanke, daß auch sie Wissenslücken haben könnte, war ihm völlig fremd. „Da ist jemand!" schrie Bespa plötzlich. Er rannte unter einigen Bäumen hindurch, stieß einen mit Blüten besetzten Zweig zur Seite und blieb dann wie angewurzelt stehen. Etwa dreißig Meter von ihm entfernt schoß eine Wasserfontäne mit hohem Druck aus dem Boden. Sie erreichte eine Höhe von etwa zehn

Weitere Kostenlose Bücher