1534 - Weg der Verdammten
bestelle Godwin die besten Grüße.«
»Mach ich glatt.«
Nach diesem Anruf überlegte ich, was ich jetzt noch unternehmen sollte.
Im Moment herrschte Leerlauf, und ich wollte meinen Freund Godwin nicht stören. Er besaß den Würfel des Heils, zu dem es noch ein Gegenstück gab.
Das war der Würfel des Unheils. Nur befand er sich in den Händen eines mächtigen Dämons, des Spuks, und der würde ihn freiwillig niemals hergeben.
Der Würfel war so etwas wie ein magisches Auge in die Zukunft.
Allerdings nur, was bestimmte Vorgänge betraf. So war er in der Lage, seinem Besitzer gewisse Gefahren aufzuzeigen, die nur ihn persönlich betrafen, und meinem Templerfreund Godwin hatte er schon manchen guten Dienst erwiesen.
Um mit dem Würfel kommunizieren zu können, brauchte man die höchste Konzentration. Deshalb hatte ich Godwin auch allein gelassen.
Meine Gegenwart sollte ihn nicht ablenken.
Im Zimmer hocken wollte ich auch nicht länger. Obwohl das Fenster keine Gitterstäbe hatte, wollte mir der Vergleich mit einer Zelle nicht aus dem Kopf. Dazu trugen auch die Wände mit bei, die mit recht dunklen Tapeten beklebt waren. Wer hier übernachtete, war bestimmt nicht vergnügungssüchtig.
Ich öffnete die Zimmertür, trat auf den Flur und hörte, dass die Tür neben meinem Zimmer ebenfalls geöffnet wurde.
Ich drehte mich um und schaute in das Gesicht Claudines, deren Augen weit geöffnet waren.
Ich lächelte ihr zu und sah dabei, dass noch Wassertropfen in den nassen Haaren hingen.
»Wollen Sie weg?«, fragte sie.
»Nur ein wenig die Beine vertreten. Mein Zimmer ist nicht eben ein Schloss.«
»Ich habe Angst.«
»Das verstehe ich. Gibt es einen besonderen Grund?«
»Nein, nein, nur allgemein. Ich weiß nicht, ob ich hier sicher bin.«
Sie öffnete die Tür weiter, damit ich eintreten konnte.
Das Zimmer sah so aus wie das meine. Nur verteilten sich noch die feuchten Sachen auf den Sitzgelegenheiten, denn Claudine hatte eine Dusche genommen. Die Lederjacke trug sie nicht mehr, nur das längere Wollhemd und die Hose. An den Schuhen klebte noch der Schmutz der Scheune.
Sie setze sich auf das Bett und sah so schmal und hilfsbedürftig aus.
»Ich weiß nicht mehr, wie es weitergehen soll, Monsieur Sinclair. Godwin hat mir Ihren Namen gesagt.«
»Sagen Sie einfach John.«
»Danke.«
»Da muss ich Sie leider enttäuschen, Claudine, ich weiß es ebenfalls nicht.«
»Aber Sie wollen doch den Killer fangen.«
»Ja.«
»Dann müssen Sie doch etwas tun.«
»Das ist schon richtig. Jedenfalls denke ich, dass Godwin und ich zunächst abwarten müssen, ob etwas passiert. Dann erst können wir was unternehmen.«
»Noch ein Mord?«
»Nein, nicht unbedingt. Wer immer unser Gegner ist«, sagte ich, »er hat seine Vorbereitungen abgeschlossen. Ich denke, dass er nun allmählich zur Tat schreiten wird.«
Claudine sah mir aus ihren dunklen Augen mitten ins Gesicht. »Welche Tat kann das sein?«
»Ich habe keine Ahnung. Wirklich nicht. Aber wir müssen mit schlimmen Dingen rechnen.«
»Mit dem Tod, nicht?« Sie schauderte.
»Ich weiß nicht, ob noch mehr Menschen sterben müssen. Ich sprach vorhin von den Vorbereitungen, die abgeschlossen sein können. Jetzt kommt es darauf an, was die andere Seite daraus macht. Das kann natürlich grausam werden, aber welcher Plan genau verfolgt wird…« Ich hob die Schultern. »Wir werden es erleben.«
»Und ich muss hier allein bleiben?«
»Das sieht so aus.«
»Warum?«
»Sie können nicht mit uns, Claudine. Es wäre zu gefährlich für Sie.«
»Und hier? Bin ich hier sicher?«
»So gut wie.«
»Das ist kein Trost«, erwiderte sie müde.
»Es gibt keine hundertprozentige Sicherheit, Claudine. Der Satz mag sich zwar abgeschmackt anhören, aber er hat Bestand. Diese Sicherheit kann man nicht garantieren. Sie haben den Mörder gesehen, den wir jagen wollen. Es kann sein, dass er gar nicht mehr an Ihnen interessiert ist. Dass er Sie längst vergessen hat. Wenn Sie daran denken, dann wird sich Ihre Angst in Grenzen halten.«
Ich hoffte, ihr Mut gemacht zu haben, aber Claudine schüttelte den Kopf.
Dabei flüsterte sie: »John, Sie haben den Mörder nicht gesehen. Er war einfach grauenhaft. Ich kann Ihnen nicht sagen, was ich dabei empfunden habe. Es war nur schlimm. Ich fühlte mich eingekesselt und gefangen, und das nicht nur in meinem Versteck. Es kommt mir jetzt noch wie ein Wunder vor, dass ich überlebt habe.«
»Das werden Sie auch weiterhin, Claudine.«
Sie
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