1539 - Im Wald der Wölfe
Taschenlampe bei sich zu tragen. Sie gehörte zur Dienstausrüstung, und er ging davon aus, dass er sie bald einsetzen musste, denn es wurde immer dunkler. Auf dem Boden und dicht darüber verschwamm schon alles in einem dunklen Grau. Nur über den Bäumen war es noch heller. Da zeigte der Himmel sein blasses Gesicht, wobei sogar schon einige Sterne zu sehen waren, denn an ein paar Stellen hatte der Wind die Wolkendecke aufgerissen.
Ted blieb an einer Kreuzung zweier schmaler Pfade stehen und sah Spuren im niedergetretenen Gras. Es waren keine, die von irgendeinem Wild stammten. Er gehorchte einfach seinem Gefühl, denn er spürte, dass er dicht vor einer Entscheidung stand.
Für ihn steckte der Ire noch immer im Wald. Er hatte ihn nicht zurückkommen sehen und auch nichts gehört, und lautlos konnte sich hier niemand bewegen.
Dass der Mann den Wald an der Rückseite verlassen hatte, glaubte er nicht, denn Mahony gehörte zu den Typen, die nach Feierabend so rasch wie möglich ihr Vergnügen suchten, und das war eben das schnelle Bier in der Kneipe.
Von der Rückseite des Waldes aus wäre der Weg in die Kneipe viel zu weit gewesen.
Er wollte den Wald bis zu seinem Ende durchsuchen und erst dann kehrtmachen.
Aber es kam alles anders. Er hatte sich längst an die Stille gewöhnt, und seine Sinne waren so gespannt, dass er auch jedes Geräusch vernommen hätte, auch wenn es weiter entfernt aufgeklungen wäre.
Und das war jetzt der Fall.
Er verzog das Gesicht, als er das Heulen hörte. Nur für einen Moment, dann stand er so starr wie eine Salzsäule.
Er hatte recht.
Es hatte sich etwas verändert.
Der Wald der Wölfe machte seinem Namen alle Ehre, denn dieses Heulen konnte nur von einem Wolf stammen.
Ted war sich dessen sicher, obwohl er mit diesen Tieren nie etwas zu tun gehabt hatte. So hörte sich kein Hund an.
Der Konstabler musste sich konzentrieren. Noch hatte er nicht genau herausgefunden, woher dieses Geräusch gekommen war. Er konnte nur die ungefähre Richtung angeben. Zudem kam es nicht näher, aber es blieb, und das Wesen jaulte in einer unterschiedlichen Melodie, die ihm eine Gänsehaut über den Rücken jagte.
Ted Franklin fingerte nach seiner Waffe. Als er die Pistole hervorholte, sah er, dass seine Finger zitterten. Mit beiden Händen hielt er die Waffe fest. An einem Schießtraining hatte er lange nicht mehr teilgenommen, und er konnte nur hoffen, dass er auch traf, wenn er schießen musste.
Das Heulen hörte nicht auf. Es veränderte sich nur leicht. Zwischendurch hörte er ein Keuchen, auch ein Knurren, und seine Nackenhärchen stellten sich aufrecht, während eine Gänsehaut über seinen Rücken rann.
Ted Franklin ging weiter. Diesmal langsamer als vorher. Er war noch aufmerksamer geworden und bewegte seinen Kopf von einer Seite zur anderen.
Er wollte, dass ihm nichts entging, wenn sich in der grauen Dämmerung etwas Fremdartiges bewegte. Aber er konnte nichts erkennen.
Kein Reh, kein Fuchs, nicht mal eine Maus huschte in der Nähe vorbei.
Dann zuckte er zusammen, als er ein knackendes Geräusch vernahm, und das war nicht weit von ihm entfernt aufgeklungen. Sein Kopf ruckte nach rechts; Dort standen besonders dicke Bäume.
Plötzlich war ihm klar, woher dieses unheimliche Heulen erklungen war.
Dort, wo die dicken Stämme eine gute Deckung bildeten. Da hätte sich nicht nur eine Person verbergen können.
An einer Seite eines Baumstamms war plötzlich eine Bewegung. Sie war nicht mehr als ein Schatten, aber Ted war sicher, dass er sich nicht getäuscht hatte.
Er erstarrte innerlich. Und wieder spürte er die Kälte auf seinem Rücken, die einfach nicht verschwinden wollte. Noch hatte er nicht den endgültigen Beweis, den musste er sich erst noch holen.
»Okay, dann ziehe ich es durch!«
Mit diesem Vorsatz machte er sich selbst Mut. Weit musste er nicht gehen, nur ein wenig nach rechts einschwenken, dann waren es nur noch wenige Schritte.
Die dicken Bäume nahmen ihm den größten Teil der Sicht, aber es gab Lücken, und da musste er hin.
Seine Füße schaufelten das Laub hoch. Es war ihm jetzt egal, ob er gehört wurde oder nicht. Es würde nur Sekunden dauern, dann war er am Ziel.
Seine Waffe hielt er mit beiden Hände fest und hatte es auch geschafft, das Zittern zu unterdrücken. Er wollte jetzt völlig cool sein, wie die Action-Helden im Film, nur gelang ihm das nicht. Er konnte seine innere Erregung einfach nicht ablegen. Aber er dachte auch nicht daran, wieder
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