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154 - Die Macht der Nosfera

154 - Die Macht der Nosfera

Titel: 154 - Die Macht der Nosfera Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Frenz
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auch ohne Ihren notorischen Pessimismus.«
    Dolgorukis spitz zulaufendes Raubvogelgesicht ruckte erbost herum, doch angesichts des Nosfera in ihrer Begleitung hielt er sich mit einer Antwort zurück. Eine Demonstration der Uneinigkeit wäre in dieser Situation das Dümmste gewesen, was sie sich erlauben konnten.
    Schweigend durchschritten sie nebeneinander den großen Steinbogen, der sich über dem Eingang wölbte. Hauptmann Judin und zwei Männer der Internen Sicherheit waren ihre einzigen Begleiter. Bei einem offiziellen Freundschaftsbesuch konnten sie schlecht in Kompaniestärke auflaufen.
    Die drei Leibwächter waren letztendlich nur Staffage, die den Rang der politischen Führung unterstreichen sollten. Judin hatte daher zwei Männer ausgewählt, die zu den letzten fünfhundert Bunkerbewohnern gehörten, die den septischen Bereich verlassen hatten. Die beiden Gefreiten wurden erst neun Monate mit Serum versorgt, weil die Produktion seit diesem Zeitpunkt für die gesamte Bunkergemeinschaft reichte.
    Sie besaßen immer noch spiegelblanke Glatzen, wie früher, zu Zeiten der totalen Abschottung. Die Chance, dass ihr Immunsystem bereits so weit gefestigt war, dass sie in Kürze ohne Serum auskamen, wurde von den Medizinern als sehr gering eingestuft.
    Besser konnte man gar nicht für dieses Himmelfahrtskommando geeignet sein.
    Die beiden Gefreiten, die ihr Schicksal mit Würde trugen, zeigten sich entsprechend wenig von dem martialischen Auftreten der Nosfera beeindruckt. Konstantin Fedjajewski ging es da ganz anders, auch wenn er sich äußerlich nichts anmerken ließ.
    Das hohe Kapellengewölbe wurde von schwarzen Kerzen und einigen Feuerschalen beleuchtet, in denen wohl riechende Kräuter verbrannten. Konstantin Fedjajewski musste beide Augen zusammenkneifen, um in dem trüben Licht etwas erkennen zu können.
    Vorbei an einem Doppelspalier aus schweigenden Nosfera, die nur lederne Anzüge, aber keine Umhänge trugen, ging es durch die leere Kapelle, an deren Rückseite Erzvater auf einem grünen Holzthron residierte.
    Vor der Empore, die ihn und zwei bewaffnete Wachen trug, knieten mehrere Barbaren mit gesenkten Köpfen. Links und rechts des Podestes standen mehrarmige Kerzenleuchter, so geschickt platziert, dass sie Erzvater kontrastreich ausleuchteten. Bei jeder Bewegung warfen die Falten seines roten Gewandes beeindruckende Schatten, die ihn noch eindrucksvoller erscheinen ließen, als er ohnehin schon war.
    Unter der roten Kapuze, die sein faltiges Gesicht einrahmte, war deutlich zu sehen, wie zufrieden er auf die Demutsbezeugung der Barbaren hinab blickte. Obwohl er über einen ausgeprägten telepathischen Sinn verfügte, der den Verlust seines Augenlichts wettmachte, tat er so, als würde er die Abordnung aus Neu-Ramenki nicht bemerken. Erst als sie neben den knienden Barbaren anlangten, sah er auf.
    Trübes Kerzenlicht spiegelte sich auf den milchigweißen Kuppen seiner Augäpfel. Sekundenlang sah es so aus, als würden sie im Dunkeln leuchten.
    »Ah, Konstantin Fedjajewski. Wie schön, dass Sie meiner Einladung gefolgt sind.« Mit einer huldvollen Geste lud Erzvater dazu ein, sich den knienden Barbaren anzuschließen.
    Der regierende Kommissar dachte gar nicht daran, dieser Aufforderung nachzukommen. Trotz aller Schwierigkeiten, mit denen sie in Neu-Ramenki zu kämpfen hatten, wollte er auf Augenhöhe verhandeln. Andererseits durften sie sich keinen unnötigen Affront gegenüber den Nosfera leisten. Dazu war ihre Position zu schwach.
    Um einen Kompromiss bemüht, wies er Judin und seine Männer an, dem Beispiel der Barbaren zu folgen. Dolgoruki und er blieben dagegen stehen.
    Beide Hände locker auf die Lehnen seines Throns gelegt, kostete Erzvater die Demonstration seiner Macht bis zum letzten aus. Mit seinen geistigen Sinnen konnte er die Szene genau erfassen. Ein triumphierendes Lächeln umspielte seine Lippen, bevor er die Barbaren endlich aus ihrer Audienz entließ. »Ihr dürft gehen«, verkündete er gönnerhaft. »Ihr steht von nun an unter dem Schutz der Bluttempler. Euch soll kein Leid mehr geschehen.«
    Unter vielfachen Verbeugungen zogen sich die bärtigen Männer in der ledernen Kluft aus dem Gewölbe zurück. Judin und seine Männer erhoben sich rasch. Fedjajewski und Dolgoruki traten zu ihnen in die Mitte.
    Erzvater ließ sie gewähren.
    »Konstantin Fedjajewski«, begann er, als alle an ihren Platz standen. »Mir ist zu Ohren gekommen, dass einer meiner Schützlinge in aller Öffentlichkeit

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