154 - Die Macht der Nosfera
klingende Tonlage erreichte. »Wir nehmen uns nur ein bisschen, um unser Leben zu retten. Das ist doch wohl unser gutes Recht.«
»Wenn du meinst«, spottete Leonid. »Am besten erklärst du das gleich dem Hauptmann, dann musst du nicht alles zweimal erzählen.«
»Mensch, Leo«, ritt sein Gegenüber weiter die persönliche Tour, ohne zu bemerken, dass er damit nur noch größeren Widerwillen auslöste. »Du weißt doch, dass mein Serumsbeutel beinahe leer war, als Kullpin mit den Vorräten abgehauen ist. Kannst du es mir da verdenken, dass ich um mein Überleben kämpfe?«
»Wir haben alle mit dem gleichen Problem zu kämpfen«, antwortete Leonid eisig. »Früher oder später geht es uns allen gleich.«
»Nicht unbedingt.« Nikolai grinste. »Und auch du kannst von der ganzen Angelegenheit profitieren.« Er drehte sich zu den anderen beiden um, die sein zuversichtliches Grinsen erwiderten. Mit einem Mal glaubten alle drei wieder Herr der Lage zu sein.
Nikolai erklärte auch, warum.
»Hier«, sagte er, in eine aufgesetzte Beintasche seiner Uniform greifend. »Ich habe was für dich.«
»Mach keinen Unsinn«, warnte Leonid.
»Mach ich nicht, bestimmt nicht.« Nikolai schüttelte den Kopf, doch im gleichen Moment, da er einen Serumsbeutel aus der Tasche holte, zog er auch den Lauf seiner Strogoff einige Zentimeter weiter aus dem Holster.
Leonid ließ ihn gewähren, denn er hatte die Situation weiterhin unter Kontrolle.
»Hier«, lockte Nikolai und hob den prall gefüllten Beutel empor. »Der gehört dir, wenn du beide Augen zudrückst.«
Unter seinem blonden Haaransatz sickerten dicke Schweißströme hervor. Trotz seiner aufgesetzten Zuversicht stand er unter ungeheurem Druck.
Leonid betrachtete den Beutel nur flüchtig. »Du handelst also mit Kullpin, obwohl er uns alle beklaut hat. Das ist echt das Letzte.«
Nikolais Lächeln verfinsterte sich. »Kullpin hat nun mal die Macht, daran ist nichts zu ändern. Ich will weiter leben. Du etwa nicht?«
»Sag mir, wo der Dreckskerl zu finden ist, und ich lasse euch laufen.«
Nikolai schüttelte traurig den Kopf. »Das hat keinen Zweck, er hat zu mächtige Freunde.«
»Sag mir, wo er sein Versteck hat«, beharrte Leonid. »Wenn du mir dann noch den Beutel gibst, könnt ihr euren Kram behalten und gehen.«
Nikola schwieg, aber das nutzte ihm nichts.
»Das Spasso-Haus!«, rief der namenlose Subkommissar, der die Spannung nicht länger aushielt.
Roxannas ärgerlicher Blick bewies, dass er die Wahrheit sprach.
»Na also, es geht doch.« Lächelnd ließ Leonid die Automatik eine Handbreit sinken.
»Erzähl aber keinem, von wem du die Information hast«, verlangte Nikolai, der sich zum ersten Mal ein wenig entspannte.
Als Leonid die Waffe noch ein Stück weiter herunter nahm, ließ er den Pistolenlauf zurück ins Holster gleiten. Endlich konnte er den Serumsbeutel von der ausgestreckten Hand in die ausgeruhte wechseln.
Leonid nutzte den Moment, um die Strogoff wieder nach oben zu reißen. Nikolais Kopf füllte die V-Kimme aus, das Korn ragte genau zwischen den vor Überraschung aufgerissenen Augen auf.
Leonid zog durch.
Der Knall dröhnte ohrenbetäubend von den Wänden wider.
Nikolais Kopf verwandelte sich in eine blutrote Wolke.
Die Mündung der Strogoff wanderte weiter. Roxanna und der Subkommissar schrien laut auf, doch zwei weitere Schüsse brachten sie für immer zum Schweigen.
Leonid überzeugte sich nicht davon, ob sie wirklich tot waren, sondern sprang zu dem Serumsbeutel, der weiter zwischen Nikolais Fingern klemmte. Der weißliche Inhalt schwappte in der transparenten Hülle, doch wie es schien, trat nirgendwo etwas aus.
Glück gehabt. Die Beutel bestanden aus äußerst robustem Kunststoff, denn sie hatten auch im alltäglichen Gebrauch einiges auszuhalten.
Rasch verstaute ihn der Fähnrich in der eigenen Beintasche.
Danach kroch er zu dem Verräter, riss dessen blaue Uniformjacke aus der Hose und zerrte sie bis zum Hals in die Höhe. Beim Anblick des freigelegten Serumsbeutels leuchteten seine Augen auf. Wie vermutet, hatte Nikolai gerade erst eine frische Ration angeschlossen.
Rasch entblößte Leonid den eigenen Oberkörper und klemmte seinen leeren Beutel von der Kanüle ab, um ihn mit dem von Nikolai auszutauschen.
Was für ein Tag! Er hatte nicht nur drei Plünderer zur Strecke gebracht, sondern bekam auch noch drei weitere Monate Leben geschenkt. Nachdem er die Kleidung des Toten zurecht gerückt hatte, konnte niemand mehr
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