1540 - Ein Freund der Linguiden
bewirkt.
Erstmals richtete sich Inozemm nun ganz auf. Er starrte auf den gewaltigen Stein, der sich einen Pfeilschuß weit von ihm entfernt in den Himmel wölbte. Er haßte den Stein Ferduurs!
Sein kümmerlicher Verstand deutete die Warnung der Instinkte richtig. Er durfte so etwas nicht denken! Der Zorn des Sonnengotts würde dadurch noch stärker werden.
Sein Blick ging wieder hinüber zu Jelita, die zusammengekrümmt auf dem Moos lag. Das Baumdorf war einen halben Tagesmarsch entfernt. Mit der Verletzten auf den Schultern würde er es erst nach Einbruch der Dunkelheit erreichen. Und Jelita war dann ihren Verletzungen erlegen.
Inozemm wußte, daß seine Chancen sehr schlecht waren. Selbst im Dorf konnte der Gefährtin wohl kaum jemand helfen.
Vielleicht war es besser, eine Trommel zu bauen und damit um Hilfe zu rufen. Aber hier in dieser Region wuchsen die Pflanzen nicht, die er für die Herstellung einer Trommel brauchte.
Der Sonnenanbeter kannte nur noch einen Ausweg. Er mußte eine Möglichkeit finden, Ferduur richtig anzusprechen.
Jelita begann zu weinen. Das Blut tropfte auf den Boden der Welt Der Schatten des riesigen Steines erfaßte die beiden Sonnenanbeter. Das männliche Wesen packte die Gefährtin und warf sie sich erneut über die Schultern.
Dann rannte er wieder los. Ziellos. Jelita, die Geliebte, fest gepackt und den Blick auf den Boden gerichtet.
Tausend oder mehr Atemzüge später sank Inozemm zu Boden. Seine Kräfte waren nun endgültig erschöpft.
Jelita gab kein Lebenszeichen mehr von sich.
Die Sonne Ferduur begann sich hinter dem Horizont zu verkriechen.
Inozemm blickte sich um. Er sah nichts mehr von dem schwebenden Stein. Er war weiter von ihm entfernt, als er geglaubt hatte. Aber das war nur ein schwacher Trost.
Was sollte er bloß tun?
Jelita riß ihn aus der Verwirrung. Ihr Körper bäumte sich noch einmal auf. „Hilfe, Inozemm!"
Sein Verstand reagierte nicht. Seine Instinkte versagten.
Er wollte in die Richtung Ferduurs blicken, aber die Sonne war nun ganz hinter dem Horizont verschwunden.
Der Abend senkte sich über diese Ecke eines unbedeutenden Planeten, der die Welt Inozemms und Jelitas war.
Der Körper der Sonnenanbeterin erschlaffte. Jelita starb.
*
Inozemm wußte nicht, wieviel Zeit vergangen war, als er sich wieder erhob. Es war Nacht, und nur das schwache Licht der Sterne erhellte die Umgebung ein wenig. Er legte den Leichnam über seine Schultern und trottete weiter. Sein Instinkt wies ihm den Weg in Richtung des Baumdorfs.
Er kletterte einen Abhang hinunter zum Fluß. Auf dem Uferstreifen konnte er sich schneller bewegen.
Ein paar Wolken zogen auf. Dadurch wurde es noch dunkler. Der Sonnenanbeter legte wieder eine Rast ein.
Den Leichnam bettete er auf einen Grünstreifen, er selbst hockte sich auf einen Felsen und schloß die Augen.
Als er nach einer Weile die Augen öffnete, zuckte er zusammen. Gleißende Helligkeit stach in seine Augen und blendete ihn. Licht in der Dunkelheit der Nacht!
Das konnte nur eines bedeuten: Der Sonnengott hatte ihn erhört!
Er sprang auf, wich ein paar Schritte zurück und stolperte dabei über einen umgestürzten Baumstamm. Als er sich wieder aufrichtete, sah er den kopfgroßen Ableger Ferduurs, von dem das helle Licht ausging. Daneben stand eine seltsame Gestalt, die mindestens die fünffache Größe des Sonnenanbeters hatte.
Die nur schwer zu erkennenden Umrisse verrieten eine große Ähnlichkeit mit Inozemm. Das riesige Wesen, das Ferduur geschickt hatte, besaß zwei Beine, zwei Arme und einen Kopf. Aber seine Haut war glatt und nicht behaart. „Zuganemm!" flüsterte Inozemm voller Ehrfurcht. Das war in den Legenden der Name des Boten von Ferduur. „Zuganemm?" wiederholte das unheimliche Wesen neben dem hellen Lichtfleck. „Das klingt nicht schlecht.
Du kannst mich so nennen."
„Du bist Zuganemm, der Bote Ferduurs", stotterte Inozemm.
Er war völlig verwirrt. So wunderte er sich auch nicht, als er die Antwort Zuganemms nicht verstand. Es war, als ob dieser plötzlich in einer unbekannten Sprache redete. „Verstehe nichts, Bote Ferduurs", klagte das behaarte Wesen. „Nein, mein kleiner Freund", antwortete Zuganemm. Jetzt benutzte er wieder Worte, die Inozemm verstand. „Mit deinem Sonnengott habe ich nichts zu tun. Aber das spielt keine Rolle. Deine Gefährtin hat einen Schaden erlitten, für den sie nichts kann. Ich möchte ihr - und damit auch dir - helfen."
„Helfen?"
„Jelita ist nicht tot",
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