1543 - Die Flammen-Furie
nichts verändert. Ich habe vor, nicht hier meine Zeichen zu setzen, sonder weit, weit entfernt. Die Menschen bereiten sich auf ein Fest vor, mit dem ich nichts anfangen kann. Weihnachten heißt es, und es gibt in vielen Städten, ob groß oder klein, die zahlreichen Märkte. Hier habe ich dir demonstriert, was ich damit meine. Aber es war wirklich nur eine Demonstration. Ich weiß, was ich tun muss, um die Menschen in Angst und Schrecken zu versetzen. Es gibt einen dieser Märkte, der in der ganzen Welt bekannt ist. Der von unzähligen Menschen besucht wird, aber nicht hier in London, sondern in einer anderen Stadt, die auf dem Festland liegt. Hast du mich genau verstanden?«
»Ja, das habe ich.« Meine Stimme klang kratzig und war kaum zu verstehen. Ich setzte trotzdem noch eine Frage nach. »Und wo liegt dieser Markt? Wie heißt die Stadt?«
»Salzburg.«
***
Ich hatte eine schlichte Antwort erhalten, doch gerade in dieser Schlichtheit lag eine Brisanz, die mir das Blut ins Gesicht trieb. Ich hatte das Gefühl, in einem Kreisel zu sitzen, der sich immer schneller bewegte, und es fiel mir schwer, meine Gedanken zu kanalisieren.
»Hast du mich gehört?«
Diesmal konnte ich nur nicken.
»Und du kennst diese Stadt?«
»Ja, sie ist mir bekannt.«
»Kennst du auch den Glanz, den die Menschen ihr in der vorweihnachtlichen Zeit geben?«
»Ja, das weiß ich auch.«
»Dann muss ich nicht mehr viel sagen. Ich habe sie mir ausgesucht, und ich denke, dass du und Kara hinfahren werdet. Solltet ihr beide zu feige sein, wird zuerst der Markt auf dem Domplatz in Flammen aufgehen, und es werden viele Menschen sterben. Es ist internationales Publikum, wie man sagt. Ich sehe die Kinder, die Frauen und Männer schon als lebende Fackeln in den Fluss flüchten und…«
»Hör auf!«, fuhr ich sie an. Am liebsten hätte ich ihr das Maul gestopft.
Doch das konnte ich nicht riskieren, ich wäre sonst in große Lebensgefahr geraten.
»Wann wirst du Kara treffen?«, fragte sie.
»Das weiß ich nicht.« Mit dieser Antwort hatte ich nicht gelogen, denn ich wusste es tatsächlich nicht.
»Das ist nicht gut…«
»Ich werde mich bemühen.«
»Das kaufe ich dir ab. Aber ich würde dir raten, nicht zu viel Zeit zu vergeuden. Es wäre doch schlecht, wenn du erfahren müsstest, dass Teile der berühmten Weihnachtsmärkte in Salzburg bereits abgebrannt sind.« Jamina lachte. »Jetzt liegt alles in deinen Händen.«
War es eine Lüge? Ein Bluff? Wollte sie mich erniedrigen und fertigmachen?
Nein, dachte ich, daran glaube ich nicht.
Ich konnte auch nicht meine Beretta ziehen und sie mir mit einer Kugel vom Hals schaffen. Sie war so verdammt mächtig. Eine Kugel hätte das Feuer nicht aus der Welt geschafft. Das wollte ich auf keinem Fall riskieren.
»Wann finde ich dich dort?«, fragte ich leise.
Jamina breitete die Arme aus. »Bald. Ich bin schnell, sehr schnell, und ich rate Kara und dir, es ebenfalls zu sein.«
»Ja, ich werde es mir merken.«
Sie hob die Fackel an und richtete sie gegen mich und das offene Fenster. »Du hast nicht viel Zeit. Ich denke, dass du und Kara es bis morgen Abend geschafft haben könnt. Ich erwarte euch. Und denke daran, ich sehe es gern brennen.«
Das wusste ich. Leider war ich in diesen Momenten nicht in der Lage, eine Antwort zu geben. Sie hatte mich richtig klein gemacht.
Der flache Flammenteppich auf der Kühlerhaube zog sich plötzlich zusammen. Er bildete jetzt so etwas wie einen schmalen Streifen, der auf der Haube zuckte, sich zusammenzog, von der Kühlerhaube seinen Weg in die Höhe und auch zur Seite fand, sodass er sich kurze Zeit später mit den Flammen vereinigte, die das Ende der Fackel bildeten.
Jamina hatte mir demonstriert, wie sehr sie das Feuer beherrschte, und deshalb nahm ich ihre Worte auch nicht als Bluff oder reine Drohung.
Dahinter steckte schon mehr, und Feuer auf einem Weihnachts- oder Adventsmarkt zu erleben, das war für jeden normal denkenden Menschen der absolute Horror.
Wie eine gute Bekannte winkte mir Jamina zu, bevor sie sich abwandte und davonging.
Ich blieb wie ein Dummy hinter dem Steuer sitzen und schaute ihr nach.
Sie war durch die Fackel lange zu sehen, weil das Feuer an ihrer rechten Seite tanzte. Aber auch das war bald verschwunden, und ich blieb allein in meinem Gefängnis auf vier Rädern sitzen.
Irgendwann wischte ich mir den Schweiß von der Stirn. Die Erinnerungen löschte ich durch diese Geste nicht. Sie waren nach wie vor da, und sie
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