1547 - Adel vernichtet
dich mit deinem Schicksal abgefunden?«
»Geh! Hau ab!« Mehr fiel ihr nicht ein. Sie wich sogar von der Tür zurück.
»Nein, ich bleibe!«
»Und warum?«
»Weil ich gleich zu dir kommen werde.«
»Dudu…«
»Willst du mich nicht haben?« Er ließ ein meckerndes Lachen hören.
»Das glaube ich dir sogar. Du willst mich nicht haben, aber ich will dich, und ich werde dich bekommen. Du weißt ja, was man mir von dir versprochen hat, und das werde ich mir holen.«
Dinah gab keine Antwort. Ihr Mund blieb verschlossen. In der Kehle spürte sie einen wahnsinnigen Druck, und dann hörte sie tatsächlich, wie ein Schlüssel im Schloss gedreht wurde.
Sie schloss die Augen, als könnte sie es auf diese Weise schaffen, der Wirklichkeit zu entfliehen. Es war nicht möglich. Trotz der schlimmen und ungewöhnlichen Erlebnisse musste sie sich stellen, und das sah nicht gut für sie aus.
Die Tür war nicht mehr abgeschlossen. Es bedurfte nur eines knappen Drucks, um sie nach innen zu stoßen. Sie schwang langsam auf.
Dahinter war es ebenso hell wie in Dinahs Gefängnis. So war der Mann auf der Schwelle gut zu erkennen.
Ja, es war Eric.
Er hatte seine Kleidung nicht gewechselt und trug noch immer das blaue Jackett, das ihm etwas zu eng war.
Eine Veränderung hatte es bei ihm trotzdem gegeben. Seine Hände hatten die Haut verloren, und an seinem Kopf traten die bleichen Knochen hervor, weil ein Teil der Haut aufgeplatzt war…
***
Dinah Cameron verstand nichts mehr, gar nichts. Sie war geschockt, voller Angst. Sie zitterte. Sie war die Person, auf die es Eric ankam, wobei dieser Mensch kein normaler mehr war, sondern eine Mischung aus Mensch und Monster.
Einen derartigen Schädel hatte Dinah noch nie in ihrem Leben gesehen.
Sie hatte sich bisher auch nicht vorstellen können, dass es so etwas überhaupt gab.
Er war einfach nur schlimm. Er war pervers, er war ein Zerrbild des Schreckens, etwas Furchtbares.
Und er lebte. Er wollte etwas von ihr. Sie sah, dass sich seine noch vorhandenen Lippen bewegten und er sie angrinste. Die Haut war unter den Augen geplatzt, sodass dort das bleiche Gebein zu sehen war. Auch die Augen lagen tief in den Höhlen, als wollten sie irgendwann ganz verschwinden.
Eric sprach wieder, und es machte ihm offensichtlich Spaß, sich so zu zeigen. »Nun? Hast du mich nicht erwartet?«
»Ich weiß nicht…«
»Doch, das hast du. Wir haben am Tisch gesessen, wir haben gemeinsam gegessen, und ich habe dich immer nur ansehen müssen. Als ich das Herz aß, da habe ich mir vorgestellt, dass es das deine gewesen ist. Umso mehr freue ich mich darauf, wenn es bald auf meinem Teller vor mir liegt.«
»Nein«, flüsterte sie, »nein! Das will ich nicht, das wird niemals geschehen. Eher - eher…«
»Was ist eher?«
»Nichts.«
Eric ließ sich nicht beirren. Er trat einen langen Schritt in den Raum hinein und verkürzte die Entfernung zwischen sich und der Journalistin.
Das wollte Dinah nicht. Sie wich zurück. Dabei wusste sie genau, dass damit bald Schluss war. Irgendwann würde sie die Wand in ihrem Rücken haben, und konnte sie nicht durchbrechen.
Er folgte ihr. Sein Gesicht blieb in der Scheußlichkeit bestehen, aber es bewegte sich noch. Er schnitt Grimassen, es sollte vielleicht ein Grinsen sein, doch das war bei dieser Veränderung nicht so genau zu erkennen.
Er bewegte seine Knochenklauen. Kein Fetzen Haut befand sich mehr daran, und Dinah wusste jetzt auch, womit er außen an der Tür gekratzt hatte. Aus!
Sie stieß mit dem Rücken gegen ein Hindernis. Es war eines der beiden hochkant gestellten Betten, an dem Dinah entlang rutschte und mit den Oberschenkeln ein weiteres Hindernis berührte. Das war der kleine, aber schwere Tisch mit der Marmorplatte.
Ob der ihr half?
Sie schob sich an ihm vorbei und stand endlich vor ihm. Mit beiden Händen umfasste sie die Platte. Sie wusste, dass sie schwer war, aber sie wusste auch, dass sie über ihren eigenen Schatten springen musste, wenn sie überleben wollte.
Dinah wuchtete den Tisch an. Sie keuchte, wollte schon aufgeben, aber mit letzter Kraft machte sie weiter. Der Schweiß trat ihr aus den Poren, die Anstrengung ließ Adern unter ihrer Stirnhaut hervortreten, und der Schrei löste sich automatisch aus ihrer Kehle.
Eric war nahe herangekommen. Er war sich seiner Sache sicher, zu sicher, deshalb reagierte er auch nicht auf der Stelle, als die Frau mit dem Tisch auf ihn zurannte.
Dass sie ihn angehoben hatte, war ihr kaum bewusst. Aber
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