155 - Die toten Augen von St. Lamberti
Christoph von Waldeck wohnt?" fragte er.
Coco nickte.
„Im Horsteberg Nummer 7. Es soll eine kleine Straße sein, die hinter dem Dom liegt. In einem alten, baufälligen Haus."
Dorian berichtete Coco kurz von seinen Erlebnissen in der Kirche und der Begegnung mit dem Mann, der einen Verwesungsgeruch ausströmte.
„Ein Ghoul?" fragte sie überrascht.
„Ich bin sicher", sagte Dorian. „Vielleicht hat dieser Bernd Roth etwas mit dem Verfall von St. Lamberti und mit den aufgebrochenen Steinplatten auf dem Brunnenplatz hinter der Kirche zu tun." Cocos dunkle Augen schimmerten.
„Hinter den Kirchen hat es früher immer Friedhöfe gegeben."
Daran hatte Dorian nicht gedacht.
Doch war er sicher, daß Coco recht hatte. War der Ghoul in der vergangenen Nacht, als Phillip die Vision gehabt hatte, auf dem Brunnenplatz von St. Lamberti aus der Erde gestiegen? Es mußte so gewesen sein.
„Was unternehmen wir als erstes?" fragte Don.
„Zuerst einmal kaufen wir uns einen Stadtplan", sagte der Dämonenkiller. Er sah eine Sparkasse unter dem Bogengang, ging hinein und wechselte ein paar Dollar ein, die er bei sich trug.
Im nächsten Laden kaufte er sich einen Stadtplan.
Coco war plötzlich neben ihm. Sie hatte eine Zeitung aus einem Ständer genommen und hielt sie Dorian vors Gesicht.
Das Foto eines Mädchens nahm fast die Hälfte der oberen Titelseite ein. Daneben stand in Riesenlettern: „Mädchen getötet!" Und darunter: „Wer ist der unheimliche Henker?"
Dorian kaufte auch noch die Zeitung. Im Licht des Schaufensters las er rasch den Artikel, den ein gewisser Werner Rogalski geschrieben hatte. Er preßte die Lippen zusammen, als er las, daß man eine Geistergestalt in einem langen weißen Gewand und mit blondem Engelshaar als Täter suchte. Am Ende des Artikels stellte der Reporter in seinem aufgebauschten Artikel die Frage: „Wann schlägt der unheimliche Henker von Münster wieder zu?"
Das Opfer wurde nicht mit Namen genannt. Wahrscheinlich hatte die Polizei den Namen des Mädchens noch nicht preisgegeben. Das schien den Reporter ziemlich zu ärgern, denn er griff in seinem Artikel die Polizei und besonders einen Kommissar Krombach scharf an.
Coco war blaß.
„Wenn die Leute Phillip sehen, werden sie ihn lynchen", murmelte sie.
Dorian legte seinen Arm um ihre Schultern.
„Wir werden ihn finden, Coco", murmelte er. „Sieh dir das Bild an. Das Mädchen muß mit einem scharfen Schwert getötet worden sein. Phillip hat doch das Sendschwert erwähnt. Laß uns nachsehen, wo sich das Rathaus befindet."
Er schlug den Stadtplan auf.
Das Rathaus stand am anderen Ende des Prinzipalmarkts.
Sie gingen durch die Bogengänge weiter. Dann sahen sie den prächtigen Giebel des mittelalterlichen Bauwerks vor sich.
„Da", sagte Coco und wies auf einen aus der Wand ragenden Holzarm, der ein nach oben zeigendes Schwert in der Hand trug.
Die Schneide glänzte vom immer noch niederprasselnden Regen.
Der Dämonenkiller starrte hinauf.
Narrten ihn seine Sinne, oder waren am Schwertblatt tatsächlich noch schwache dunkle Flecken zu erkennen, die vom Blut des Opfers herrühren konnten?
Auch Coco hatte es bemerkt.
„Der Mörder hat dieses Schwert benutzt", preßte Dorian hervor.
„Du meinst die Mörderin", erwiderte Coco. „Die Schattenfrau."
„Vielleicht sollten wir mit der Polizei sprechen", sagte Don aus dem Mantel.
Dorian schüttelte den Kopf.
„Willst du dem Kommissar von der Schattenfrau erzählen?"
„Hm. Aber er könnte das Schwert untersuchen lassen. Wenn sich noch Blut des Opfers an der Schneide befindet, hat er zumindest die Mordwaffe."
„Nein", sagte Dorian gepreßt. „Mit der Polizei würden wir nur Ärger kriegen. Verdammt, wenn ich nur wüßte, von wem Phillip Gefahr droht!"
„Wenn die Schattenfrau das Mädchen geköpft hat und Phillip in der Nähe war, können wir sie ausschließen", sagte Coco.
Dorian nickte.
„Gut. Kümmern wir uns zuerst um diesen Bernd Roth. Er soll Gast im Haus eines Finanzmaklers Ludwig Wolf sein. Der Mann wohnt in der Ludgeristraße."
„Bernd Roth - Bernhard Rothmann", murmelte Coco.
Der Dämonenkiller starrte sie an.
„Mein Gott, du hast recht. Ich hätte von selbst drauf kommen können. Virgil sagte doch, daß dieser Bernhard Rothmann damals, als die Stadt von den Truppen des Bischofs erobert wurde, nicht unter den Gefangenen war. Wenn Rothmann damals schon ein Ghoul war, kann es für ihn ein leichtes gewesen sein, sich zu verkriechen."
„Die
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