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155 - Kriminalfall Kaprun

155 - Kriminalfall Kaprun

Titel: 155 - Kriminalfall Kaprun Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Uhl Hannes
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zweifelsfrei geklärt ist, lässt Lang den Rettungseinsatz fortsetzen. Er teilt das Katastrophengebiet, das sich von der Talstation über den Tunnel fast vier Kilometer zum Alpincenter auf das Kitzsteinhorn erstreckt, in drei Abschnitte ein. Erstens die Talstation inklusive Tunneleingang und dem im Tal eingerichteten Hubschrauberlandeplatz, zweitens der Breitriesenstollen, der Zugangsstollen in der Mitte des Tunnels und drittens die Bergstation, wo der Rauch aus dem Tunnel einzig sichtbares Zeichen der Katastrophe ist.
    Ein Teil der Helfer fliegt im Hubschrauber zur Breitriesenalpe, wo auf halbem Weg zum Skigebiet eine Jagdhütte steht. Sie wollen von dort über den 638 Meter langen Querstollen zur Mittelstation im Tunnel und weiter zum Brandherd vordringen. Doch schnell zeigt sich, dass der Querstollen völlig verqualmt ist. Um 13 Uhr ist die technische Ausrüstung soweit beisammen, dass sich ein Erkundungstrupp mit Langzeitatemschutzgeräten, die bis zu vier Stunden Atemluft bereithalten, auf den Weg in den Tunnel machen kann. Der Weg nach unten ist beschwerlich, mehr als 800 Meter bis zum Zug, knapp 2400 Stufen. Im Tunnel ist es dunkel und verraucht. Die Einsatzkräfte gehen äußerst vorsichtig vor, um nicht zu stürzen. Nach 650 Metern treffen sie auf das erste Todesopfer. Ein Bub, 13 oder 14 Jahre alt.
    So setzt sich der Abstieg fort, ein schrecklicher, grausamer Weg für die Feuerwehrleute. Mehr als hundert Meter weit reiht sich ein Todesopfer an das nächste. Sie sind entweder auf der Nottreppe zum Liegen gekommen oder ins Gleisbett gefallen. Die Feuerwehrmänner sehen auch Mütter und Väter, die sich im Todeskampf schützend über ihr Kind gelegt haben.
    Bei 60 Toten hören sie auf zu zählen, dabei sind sie noch nicht einmal am Ziel angelangt. Es sind einfach zu viele Opfer. Als sie beim ausgebrannten Zug ankommen, trauen sie ihren Augen nicht. Vor dem Zug liegen so viele Tote neben- und aufeinander, dass vom Gleisbett und den Gleisen nichts mehr zu sehen ist.
    Die Männer steigen am ausgebrannten Zug vorbei, müssen sprichwörtlich über Leichen laufen, die vor allem neben und vor der Zugspitze liegen. Es ist unmöglich, den bis auf den Stahlrahmen ausgebrannten Zug zu betreten, weil er immer noch glüht. Um 15:50 Uhr, nach fast drei Stunden im Tunnel, erreichen sie den unteren Tunnelausgang.
    Spätestens jetzt ist allen klar, dass es hier in Kaprun kein Wunder mehr geben wird, keine Rettung aus aussichtsloser Lage. Alle, die nach oben geflüchtet sind, wurden von den giftigen Rauchgasen eingeholt. Alle im Tunnel sind tot.

Kapitel 10
    Staatsanwältin Eva Danninger-Soriat ist in ihre Akten vertieft, als es laut an ihrer Bürotür klopft. Eine Mitarbeiterin tritt ein und fordert sie eindringlich auf, das Radio einzuschalten. »Frau Doktor, in Kaprun hat es einen Unfall gegeben. Gleich kommt die nächste Meldung.«
    Danninger-Soriat schaltet das Radio ein und hört: »Seit neun Uhr elf brennt nach Angaben der Feuerwehr in einem Tunnel bei Kaprun die Gletscherbahn. Im Skizug befinden sich bis zu 180 Personen. Die Einsatzkräfte haben Großalarm. Sieben Hubschrauber und dutzende Feuerwehren und Rettungswägen sind im Einsatz. Nähere Informationen liegen derzeit noch nicht vor.«
    Sie schaltet das Radio wieder aus. Ihre Gedanken sind in Kaprun. In die Sorge und Unruhe mischt sich die Hoffnung, dass die Feuerwehr bereits vor Ort ist. Oft hat sie sich von der Leistungsfähigkeit der Feuerwehrmänner und vom guten Stand der technischen Ausrüstung überzeugen können. Sie versucht, sich zu beruhigen, denn schließlich ist die Gletscherbahn eine der modernsten Standseilbahnen und dürfte auch eine der sichersten sein. Dann greift sie wieder zum Diktiergerät und nimmt sich vor, für das Mittagsjournal um zwölf Uhr das Radio wieder einzuschalten.
    Als sie später nochmals die Nachrichten hört, klingen die Meldungen noch weitaus beunruhigender. Der Salzburger Landeshauptmann Franz Schausberger ist bereits in Kaprun eingetroffen, um das weitere Vorgehen der Feuerwehr und der Rettungskräfte zu bestimmen. Immer neuere und unheilvollere Informationen kommen aus dem Radio. Offensichtlich ist der Brand im Tunnel der Gletscherbahn wesentlich größer als zuerst angenommen. Es folgen Meldungen über die ersten Toten. Feuerwehrkräfte versuchen, zum brennenden Zug vorzudringen. Sie hört von einer schweren Katastrophe, jedoch noch ohne genaue Zahlen, es scheint viele Tote zu geben. Eva Danninger-Soriat ist

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