155 - Kriminalfall Kaprun
und sieht die ersten Bilder aus Kaprun, dem Tal und der Bergstation. Er ist bestürzt und berichtet seiner Frau von dickem, schwarzem Qualm, der aus dem Tunnel dringt.
Eva Danninger-Soriat schlüpft in einen Mantel und trifft sich mit dem Journalrichter. Ein Fahrer bringt sie zum Flughafen Salzburg. Kurze Zeit später hören beide Hubschraubergeräusche, die sich schnell nähern. Sie haben noch kaum die Kopfhörer auf, als der Hubschrauber mit ihnen an Bord schon wieder abhebt.
Als sie über Salzburg fliegen und Eva Danninger-Soriat weit in die Ferne blicken kann, liegt die Welt friedlich und malerisch unter ihr. Nichts lässt erkennen, was nur wenige Kilometer entfernt passiert ist. Durch das Salzachtal fliegen sie in Richtung Kitzsteinhorn.Als sie sich Kaprun nähern, erkennt sie aus der Luft, dass der Ort im Ausnahmezustand ist. Sie überfliegen die Straßensperre am Südende Kapruns und drehen nur Minuten später über der Bergstation der Gletscherbahn eine Runde, um sich einen ersten Überblick zu verschaffen. Überall Feuerwehr- und Rettungsfahrzeuge, Zelte und Hubschrauber. Erst bei diesem Anblick realisiert Danninger-Soriat, wie groß die Katastrophe wirklich ist, die sich hinter dem schwarzen Loch im Fels verbirgt.
Polizeimajor Lang lässt trotz des ungeahnten Ausmaßes der Katastrophe keinen Zweifel daran, dass er Herr der Lage ist. Souverän erteilt er Aufträge, telefoniert mit dem Innenministerium, spricht mit dem Landeshauptmann und weist seine Kriminalbeamten an. Als der Journalrichter und die Staatsanwältin für die Beweissicherung die Beschlagnahmung von Betriebsunterlagen, Dokumenten, Fahrtenbüchern und Bauplänen der Gletscherbahnen anordnen, setzt Lang dies sofort um. Auch trägt er Mitarbeitern auf, festzustellen, von welchen Unternehmen die Gletscherbahn gebaut wurde und beschlagnahmt alle verfügbaren Unterlagen. Als der Journalrichter und die Staatsanwältin mit Lang über die Bestellung von Sachverständigen sprechen wollen, erfahren sie, dass der Polizeimajor vorschriftsgemäß über das Innenministerium schon die Brandursachenermittler der Kriminaltechnischen Zentralstelle ( KTZ ) angefordert hat. Sie sollen am nächsten Tag um neun Uhr in Kaprun eintreffen.
Am Abend wird die ganze Wahrheit bekannt. Für die Angehörigen haben die Stunden bangen Wartens ein Ende. Aus Müttern, Vätern, Ehefrauen und Angehörigen weicht der Lebensmut. Maskenhaft versteinert, schreckensstarr oder verzweifelt schluchzend versuchen sie die grausame Nachricht zu verstehen. Niemand kann ihnen jetzt helfen, jedes tröstende Wort wirkt hohl. Wir müssen die Ursachen für dieses Unglück aufklären, und zwar lückenlos, denkt Danninger-Soriat, als sie später am Abend in einem Wagen heimgebracht wird. Das ist jeder Staatsanwalt nicht nur dem Rechtsstaat, sondern auch jedem Einzelnen schuldig, der von dieser schrecklichen Katastrophe betroffen ist.
Kapitel 13
Am Sonntag, dem Tag nach der Katastrophe, arbeiten Techniker fieberhaft an der Absicherung des Unglückszuges. Ein Seil ist schon gerissen, das zweite, noch tragende Zugseil ist durch den Brand schwer in Mitleidenschaft gezogen worden. Niemand kann zu diesem Zeitpunkt ausschließen, ob bei einer durchschnittlichen Neigung der Gleise von fast 50 Prozent das Stahlseil reißt und das Brandwrack in die Talstation schießt. Immerhin, die Schienenzangenbremsen an den Rädern, die den Halt der Bahn automatisch ausgelöst haben, scheinen das Brandwrack noch in der Schräge zu halten. Gleichzeitig arbeiten Hilfskräfte daran, die am Brandherd schwer beschädigte Tunneldecke notdürftig abzusichern. Vier Tonnen Gestein haben sich aus der Tunnelwand gelöst. Am Zug lodern immer noch Glutnester auf.
Das Brandwrack der »Kitzsteingams«
Erneut macht sich ein Erkundungsteam auf den Weg in den Tunnel, diesmal von der Bergstation aus zur Breitriesenalpe, der Mittelstation. Immer noch mit dem Auftrag, mögliche Überlebende zufinden. Dabei passieren sie den »Gletscherdrachen«, jenen Gegenzug, der spiegelbildlich zur ausgebrannten »Kitzsteingams« oberhalb der Mittelstation zum Stillstand gekommen ist. In einem Abteil entdecken sie den leblosen Körper eines jungen Skifahrers, im unteren Führerstand die Leiche des Zugführers. Beide waren den hochschießenden Rauch- und Giftgasen hilflos ausgeliefert.
Am späten Nachmittag gibt Einsatzleiter Lang endlich grünes Licht. Unglückszug sowie Tunnel sind gesichert, es lodern keine Glutnester mehr, und der Tunnel ist
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