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155 - Kriminalfall Kaprun

155 - Kriminalfall Kaprun

Titel: 155 - Kriminalfall Kaprun Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Uhl Hannes
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Tunnel und sorgen für die Dokumentation der Opferlagen.
    In der Früh machen sich von der Talstation aus die Ermittler der KTZ auf den Weg zum Unglückszug. Eine schwierige Aufgabe auch für sie. Sie haben zwei Mitarbeiter der Gletscherbahnen an ihrer Seite. Die zwei Männer kennen den Tunnel und die Züge genau. Am Tunneleingang fällt ihnen auf, dass weiterhin Wasser wie ein kleiner Bach aus dem Tunnel rinnt, jenes Wasser, das den Überlebenden nach ihrer Flucht noch einen Funken Hoffnung gegeben hat. Durch den Brand sind die im Tunnel offen verlegten Zu- und Abwasserrohre geplatzt. Darüber hinaus fließt Bergwasser im Tunnel, das normalerweise über Leitungen abgeführt wird. Durch den Brand wurden diese aber verstopft, das Wasser musste durchTunnel, Gleisanlage und Brandwrack fließen. Für die Spurensuche ist ein derart ausgewaschener Tatort nicht optimal.
    Am abgebrannten Zug stellen die Ermittler Schwelgasspuren im Bereich des talwärtigen Führerhauses fest. Eine erste Bestätigung der Aussagen der Überlebenden. Schwelgase entstehen an kalten Stellen und sind somit ein möglicher Hinweis auf den Ort der Brandentstehung. Ein Ermittler hat den Auftrag, festzustellen, ob die Türen des Unglückszuges noch geöffnet wurden. Ein schwieriges Unterfangen, weil die Zugtüren fast restlos verbrannt sind. Doch die Fundorte der Toten legen nahe, dass Zugführer Siegfried Schwabl irgendwann doch noch mit einem Vierkantschlüssel an der Außenwand des Zuges die Türen geöffnet hatte: 44 der 153 Toten im Tunnel wurden noch im Zug aufgefunden, die anderen haben es auf der Flucht noch auf die Treppe, bis zur Zugspitze oder darüber hinaus geschafft, wo sie dann hilflos zugrunde gingen. Zwei Menschen starben im Gegenzug, dem »Gletscherdrachen«.
    Der Montag ist auch jener Tag, an dem die Ermittler diesen erstmals genauer unter die Lupe nehmen, jenen zweiten Zug, der genau 1666 Meter oberhalb des Brandwracks zum Stillstand gekommen ist. Den Ermittlern ist zu diesem Zeitpunkt bekannt, dass die beiden Züge nach Aussage von Mitarbeitern der Gletscherbahn und der Herstellerfirma praktisch baugleich ausgeführt worden sind. Und sie erkennen schnell, was für ein ermittlungstechnischer Glücksfall hier vor ihnen steht. Der eine Zug ist bis auf das Stahlgerippe ausgebrannt, während der zweite, idente Zug im unversehrten Zustand zugänglich ist.
    Sie dokumentieren jedes Detail, das für Brandentstehung und -fortschritt von Relevanz sein kann. Sie fotografieren die Fahrgastabteile, um die räumliche Situation für die Skifahrer und deren Sichtverhältnisse im Zug zu verinnerlichen. Zwei getrennte Wägen pro Zug, darin jeweils vier Abteile, getrennt durch brustbis schulterhohe Zwischenwände. Das Interieur ist bewusst futuristisch gehalten. Hellblaue und graue Wandelemente mit ausklappbarenSitzbänken, darüber weiße Querverstrebungen, die den Zwischenwänden Halt geben. Unten an der Seitenwand eine Metallabdeckung, um Schäden durch Skier, Skischuhe und -stöcke zu verhindern. In die Wände eingelassen und mitten in den Abteilen stehen dicke, gepolsterte Stangen, die den stehenden Passagieren Halt geben sollen. Von ihnen weg führen Querverstrebungen zur Außenwand. Mittig in der metallisch glänzenden Deckenkonstruktion führt die Lampe durch den gesamten Wagen.
    Auf der Suche nach brennbaren Materialien im Zug werden die Ermittler schnell fündig. Dabei haben die Betreiber der Gletscherbahn gleich nach dem Unglück noch vermutet, es seien nur brandhemmende Materialien im Zug verbaut worden. Die Beamten stoßen auf Ringgummimatten, mit denen die Abteile ausgelegt sind sowie auf Styropor in den Zwischenwänden. Beide Materialien verbrennen mit besonders hoher Rauchgasdichte und setzen darüber hinaus hochtoxische Stoffe frei.
    Sie nehmen den zentralen Hydrauliktank in der Mitte des Zuges unter die Lupe, der im Brandwrack explodiert ist. 180 Liter leicht brennbares Hydrauliköl führt der Zug mit sich, unter 190 Bar Hochdruck. Das hat für den extrem schnellen Brandverlauf am Samstag gesorgt, vermuten die Ermittler. Im bergseitigen Führerstand dokumentieren sie einen an der Pultwand aufgehängten Heizlüfter, dahinter ein Blech, das ein Loch notdürftig verdeckt. In einem Schrank finden sie eine Kiste mit Leuchtstäben, 180 Stück, die als Notbeleuchtung gedacht waren. Sie fotografieren auch Feuerlöscher, die jeweils in den Führerkabinen gelagert sind, nicht aber in den Fahrgastabteilen, außerdem Plastikkübel voller

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