1559 - Atlan und der Linguide
der ganzen Aufregung mußte ihm wohl entfallen sein, daß Liici-Pjee-Nyr ohne das Eingreifen des Arkoniden längst alles erledigt hätte, was der sogenannte Stratege jetzt nachzuholen gedachte.
Sicher dachte Faragit im Augenblick auch nicht daran, daß Liici-Pjee-Nyr sich wohl kaum mit der einfachen Inbesitznahme einer Ladung Hi-Tech-Geräte zufrieden gegeben hätte.
Liici-Pjee-Nyr war ein Mörder, der das Töten genoß. Er hätte sich eine so günstige Gelegenheit nicht entgehen lassen.
Zu seiner eigenen Überraschung erhielt Atlan Schützenhilfe aus einer Richtung, mit der er nicht gerechnet hatte. „Deine Angst ist verständlich", sagte Aramus Shaenor, wobei er sich ausschließlich an den Bionten wandte. „Aber jetzt ist es an der Zeit, daß du sie vorübergehend ein wenig vergißt. Es sind nicht die Arkoniden, von denen dir Gefahr droht. Beruhige dich."
Atlan hörte mißtrauisch zu.
Er war einerseits fasziniert, denn wenn Aramus Shaenor zu sprechen begann, schlug er jeden in seinen Bann.
Aber andererseits verunsicherte ihn die Tatsache, daß er niemals wußte, was der Friedensstifter mit den scheinbar so harmlosen und freundlichen Sätzen bewirken würde, geschweige denn, wem seine Bemühungen galten. „Bist du jetzt fertig?" fragte Atlan schließlich - nicht gerade mit überschäumender Freundlichkeit.
Für einen Augenblick hatte er fast den Eindruck, daß Aramus Shaenor die Zähne zusammenbiß.
Aber das mußte wohl ein Irrtum sein, denn so leicht ließ dieses Wesen sich erfahrungsgemäß nicht aus dem Gleichgewicht bringen.
Der Linguide ignorierte Atlans Bemerkung. „Sie kommen immer näher!" bemerkte Tassagol. „Sollte man nicht endlich etwas unternehmen?"
„Da hast du recht", stimmte Atlan zu und zog einen Mikrophonring zu sich heran. „An alle Schiffe im Orbit: Wir halten uns zurück. Laßt sie kommen."
Tassagol blickte fassungslos zu ihm auf. „Die sind schon fast bis auf Schußweite heran!" protestierte er bestürzt. „Was für eine Art von Strategie soll das sein, die du jetzt betreibst?"
„Du hast doch unseren Freund hier gehört", erwiderte Atlan gelassen mit einem Seitenblick auf den Bionten. „Um des lieben Friedens willen ist er bereit, sich bis aufs Hemd zu entblößen. Ich werde keinen Krieg um diesen jämmerlichen kleinen Planeten führen, wenn dessen Bewohner es gar nicht wollen!"
Um ihn herum herrschte plötzlich betretenes Schweigen. „Atlan an Orbit", fuhr der Arkonide ungerührt fort. „Zieht euch zurück. Macht unseren Gästen Platz. Sie sollen sich nicht bedroht fühlen."
Auf den Bildschirmen war zu sehen, daß die arkonidischen Einheiten den Befehl befolgten. „Vielen herzlichen Dank!" sagte dieselbe Stimme, die zuvor das Ultimatum gestellt hatte. „Wenn ihr auch weiterhin so vernünftig seid, werde ich mich wohl damit begnügen, die Form eines dieser kleinen Kontinente ein bißchen zu korrigieren. Nur damit ihr ein bleibendes Andenken an diesen Besuch habt."
„Verdammt!" fluchte Tassagol in hilflosem Zorn. „Aber nicht doch!" sagte Atlan und schüttelte vorwurfsvoll den Kopf. „Wie kannst du nur solche Worte in Gegenwart eines Friedensstifters gebrauchen! Weißt du denn nicht, daß Aramus Shaenor der Meister aller Meister ist? Dafür sind wir ihm doch wohl ein bißchen Respekt schuldig. Er ist schließlich der beste Friedensstifter, den es je gegeben hat - das sagen sogar seine eigenen Leute."
Er blickte zu dem Linguiden hinüber und fügte hinzu: „Nur schade, daß er nicht auch mit den Monkin fertig wird."
„Es ist auch zu deinem Nachteil, daß ich nicht an sie herankomme", bemerkte Aramus Shaenor. „Ich verstehe nicht, warum dir mein Versagen eine solche Genugtuung bereitet."
„Wie schön", erwiderte Atlan sarkastisch. „Endlich einmal etwas, das du nicht verstehst. Du ahnst nicht, wie erholsam das ist!"
Der Linguide zuckte die Schultern. „Das Gefühl, das du jetzt zeigst, ist nichts anderes als Schadenfreude", stellte er fest. „Das ist eine nicht gerade konstruktive, aber sehr verständliche Reaktion. In diesem speziellen Fall halte ich sie für nicht angemessen.
Abgesehen davon: Solltest nicht gerade du, Atlan, reif und verantwortungsbewußt genug sein, solche unvernünftigen Anwandlungen um der Sache willen ignorieren zu können, noch dazu in einer Situation wie der, in der wir uns jetzt befinden?"
Es war schlagartig totenstill in der Zentrale geworden. „Er hat recht", pflichtete Faragit dem Linguiden bei.
Er war der einzige, der es
Weitere Kostenlose Bücher