1563 - Blut-Geschwister
niemand verstecken, und als er nach vorn leuchtete, da sah er bereits das Ende des Kellergangs.
Seine Hoffnung schmolz etwas zusammen, und er richtete sich darauf ein, nach anderen Verstecken suchen zu müssen, die er bisher noch nicht entdeckt hatte.
Das brauchte er nicht.
Plötzlich war das Geräusch da.
Harry hörte es in dem Augenblick, als er nach vorn gehen wollte. Das fremde Geräusch sorgte dafür, dass er von seinem Vorhaben abließ.
Was hatte er gehört?
Es war kein Atmen gewesen, eher ein leichtes Schaben oder auch ein Kratzen.
Vom Boden her…
Harry wollte nicht zurück. Er dachte an den dritten Gang.
Der Laut musst von dort gekommen sein.
Er kam nicht mehr dazu, bis zu ihm vorzugehen, denn plötzlich hörte er den Schrei, und dann war der Vampir da…
***
Harry Stahl war nicht überrascht, als er ihn aus dem Gang hervorschnellen sah.
Eine dunkel gekleidete Gestalt mit einem bleichen Gesicht, das voll vom Licht der kleinen Lampe erwischt wurde.
Wäre es normales Tageslicht gewesen, hätte der Wiedergänger Probleme bekommen, so aber stand er voll in seiner Kraft.
Boris griff so schnell an, dass es Harry nicht mehr gelang, abzudrücken.
So blieb die Kugel im Lauf und der harte Schlag wuchtete Harrys rechten Arm zur Seite. Er hielt die Pistole fest, wollte sie wieder auf den Vampir richten, aber da erhielt er den Kopfstoß.
Er wurde an der Brust erwischt und schaffte es nicht mehr, das Gleichgewicht zu bewahren.
Harry stolperte zurück. Der Aufprall hatte ihm die Luft genommen, und sofort setzte der Vampir nach. Mit langen Schritten nahm er die Verfolgung auf, und er trat zu.
Harry spürte den Schmerz im Bauch. Vor seinen Augen drehten sich bunte Kreise, und er war nicht mehr in der Lage, normal einzuatmen.
Wieder warf sich der Vampir gegen ihn.
Harry wich weiter zurück und nahm dem erneuten Angriff so den Schwung. Doch es war ihm auch klar, dass der Vampir nicht aufgeben würde. Er brauchte Blut, und dafür würde er alles geben.
Bis zur Treppe ließ sich Harry Stahl zurücktreiben. Er war froh darüber, die Schläge einigermaßen verdaut zu haben, und er hätte Boris jetzt auch mit einer Kugel treffen können. Im selben Moment, als er einem weiteren Tritt entging, schoss ihm eine verrückte Idee durch den Kopf.
Wenn er Boris durch eine geweihte Kugel vernichtete, war auch der Faden gerissen, der zu der Unperson führte, der er sein Vampirsein zu verdanken hatte. Dann hätten er und John Sinclair vor dem Nichts gestanden.
Das wollte er nicht riskieren. Es musste eine andere Möglichkeit geben, um den Vampir zu überlisten. Und zwar dort, wo er mehr Platz hatte. Das war der Bereich vor der Treppe.
Boris lief auf ihn zu. Es war schon kein normales Laufen mehr, denn er schwankte bei jedem Schritt, und er wuchtete sich vor. Sein Gesicht war der Beweis für seine neue Existenz. Aus dem Oberkiefer des weit geöffneten Mundes schauten zwei spitze Zähne hervor, die darauf warteten, endlich zubeißen zu können.
»Nicht bei mir!«, flüsterte Harry und ging zum Gegenangriff über. Er hätte längst schießen können, denn Boris ahnte nicht, was in der Waffe steckte, aber Harry drehte sich zur Seite, holte aus und schlug genau im richtigen Moment zu.
Als der Vampir bei seinem Sprung nach vorn nicht mehr den Boden berührte, traf ihn der Waffenlauf an der rechten Kopfseite. Es hörte sich an, als hätte jemand gegen Holz geschlagen, aber Harry wusste genau, dass er Boris damit noch längst nicht erledigt hatte. Es war ihm nur gelungen, ihn durch den Treffer zur Seite zu schleudern und ihn zunächst von einem neuen Angriff abzuhalten.
Die Lampe hatte Harry losgelassen. Jetzt bückte er sich gedankenschnell und griff mit der rechten Hand nach dem linken Bein des Blutsaugers.
Er zog daran, riss es hoch, und Boris taumelte nach hinten. Dabei verlor er sein Gleichgewicht. Das andere Bein wirbelte auch noch hoch, sodass er nach hinten kippte.
Hart prallte er auf den Rücken, und auch sein Hinterkopf wurde in Mitleidenschaft gezogen. Er musste einen harten Aufprall verkraften. Das wäre bei einem normalen Menschen nicht möglich gewesen, bei einem Vampir schon. Boris wurde nicht bewusstlos, aber er schien ziemlich geschockt zu sein, und das freute Harry.
Der Vampir rollte sich herum, um auf die Beine zu gelangen, und auf diese Chance hatte Harry gewartet.
Der Blutsauger hatte noch mit sich selbst zu tun, und Harry löste die Handschellen von seinem Gürtel. Er klappte sie auseinander,
Weitere Kostenlose Bücher