1575 - Der Gesang des Lebens
Bauwerk auf. Es war nicht hoch, höchstens fünfzig Meter. Die Form unterschied sich wenig von der gewöhnlicher Akustikdome, in denen die Ophaler ihre großen Gesänge aufführten.
Erst aus der Nähe entstand ein etwas anderer Eindruck.
Vogan Dool landete den Gleiter, und Salaam Siin ließ sich von ihm in den Dom führen. Ein niedriges Wartegebäude diente als Portal. Hier standen lange Holzbänke, die noch nie jemand benutzt hatte. Jedenfalls glänzten sie ebenso wie der polierte Steinboden.
Den eigentlichen Dom bildete eine große Kuppel. Salaam Siin fuhr den Hals auf volle Länge aus.
Seine Sinnesknospen bemerkten im Dach eine Hauptkuppel, als Ring darumgruppiert acht kleinere Wölbungen.
Probeweise sang er eine bedeutungslose Melodie, wie sie ihm gerade in den Sinn kam. Die Töne verloren sich in den Wänden. Keine Reflexion, es handelte sich um einen schalltoten Raum. Alles war wie in jedem normalen Akustikdom.
Schwer enttäuscht wandte er sich Vogan Dool zu. „Was soll das sein, ein Estartischer Dom? Ich finde keine Besonderheit!"
„Sieh das Material der Wände!"
Salaam Siin trat nahe an die nächste Wand heran. Er ließ seine Greifbüschel mit den empfindlichen Enden langsam über die Fläche wandern. Sicher, so glatten Stein hatte er selten berührt. Das allerdings war alles. „Ich verstehe nicht."
„Du wirst noch verstehen. Die Baumeister nennen das Material ›Lebensstein‹. Es gibt nur eine Fundstelle im bekannten Universum, und zwar auf Mardakaan."
Salaam Siin wandte sich ab und verließ den Dom. Draußen war die Sonne Asuk ein gutes Stück am Himmel emporgeklettert. Noch eine Nacht, dann konnte er den Panish Panisha Qion Lanaa persönlich befragen. Denn Fragen hatte er inzwischen eine ganze Menge.
Die Nacht verbrachte er mit schweren Alpträumen in der HARMONIE. Sein Freund Beodu, der Attavenno, war lange tot, der Mausbiber Gucky in der Milchstraße zurückgeblieben. Und Stalker zählte nicht als Freund, weil er nur seine eigenen Ziele verfolgte. So hatte er niemanden, mit dem er reden konnte.
Am nächsten Morgen meldete die Schiffssyntronik die Landung eines kleinen Diskusraumers.
Salaam Siin zog rasch eine Kombination über. Dann hastete er hinaus, über das heute verlassene Landefeld in die Leitstation.
Neben Vogan Dool wartete dort ein zweiter Ophaler, und Salaam Siin filterte schon von weitem aus ihrer leisen Unterhaltung einen kraftvollen Psi-Ton aus.
Der Fremde war Qion Lanaa, kein Zweifel.
Normale Ophaler verfügten nicht über eine Stimme wie diese.
Der andere war ebenso groß wie Salaam Siin, also etwa eineinhalb Meter, und wirkte gegen den dicklichen Dool wie ein einziges Bündel aus Muskulatur. Seine Tentakelarme waren doppelt so dick wie normal, die Greifbüschel dagegen fein ausgebildet. Und auf dem Kugelkopf saßen Sinnesknospen in so großer Anzahl, daß man sich nicht vorstellen konnte, Qion Lanaa entginge auch nur die winzigste Regung. „Ich grüße dich, Salaam Siin!" sang der andere. „Man nennt mich den Panish Panisha von Mardakaan, den Lehrer der Lehrer. Mein Name ist Qion Lanaa. Wir haben lange Jahre auf dich gewartet."
Salaam Siin horchte dem Klang der Stimme sorgfältig nach. Nach langer, bedächtiger Pause erwiderte er: „Ich grüße dich ebenfalls! Wir werden uns viel zu erzählen haben, denke ich."
„Du hast recht. Aber es gibt Dinge, von denen dürfen nur wir zwei wissen. Bitte, gedulde dich ein paar Minuten!"
Vogan Dool führte sie in einen der höchsten Türme der Stadt, dann ließ der Zaaturer die beiden allein. Von hier aus hatte man einen weiten Blick über die Häuser und Straßen. Und ganz am Rand des Blickfelds endete die Stadt Merbipur; dort breiteten sich Äcker aus.
Ein Roboter schwebte mit sprudelnden Getränken herein. Zunächst brauchte Salaam Siin ein paar Sekunden, bis er sich an den bitteren Geschmack wieder gewöhnt hatte, dann jedoch konnte er nicht genug bekommen.
Qion Lanaa summte einen belustigten Ton. „Es sieht so aus, als hättest du lange keinen Chuchoon mehr getrunken. Ich lasse eine ganze Karaffe bringen."
Kurz darauf stand auf dem Tisch mindestens ein ganzer Liter. Doch Salaam Siin war der Durst vergangen. „Es ist lange her. Das stimmt. Und es hört sich so an, als ob du das genauso gut wüßtest wie ich, Panish Panisha. Vogan Dool hat mir gegenüber angedeutet, man würde seit langer Zeit auf mich warten.
Aber ich frage mich, wie das sein kann. Du weißt, wann ich verschwunden bin?"
„Natürlich. Es ist etwa
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