1577 - Der Engelssohn
klar, dass ich den Wagen so schnell wie möglich verlassen musste.
Matthias hatte es nicht darauf ankommen lassen, sich gegen mein Kreuz stellen zu müssen. Er wollte mich noch vor dem Erreichen des Klosters ausschalten, um freie Bahn zu haben.
Da ich bereits losgeschnallt war, musste ich mich nicht erst damit aufhalten.
Das Feuer war schnell. Im Nu umgab es den gesamten Wagen, und ich saß noch hinter dem Steuer.
Was mir alles durch den Kopf schoss, wurde mir gar nicht bewusst, ich dachte nur noch daran, die Tür aufzustoßen und mich aus dem Wagen zu werfen. Glas, das schmelzen konnte, Benzin, das explodieren würde, das waren Dinge, die mich zum Handeln trieben.
Mit dem Ellbogen des linken Arms rammte ich die Tür auf. Ich stieg nicht aus dem Mercedes, ich fiel hinaus, landete auf der staubigen Straße und raffte mich wieder auf.
So schnell wie möglich rannte ich auf den gegenüberliegenden Straßengraben zu und drehte mich auch nicht um. Ich hetzte in das Gelände hinein, auf dem Steine statt Gräser zu wachsen schienen.
Irgendwann warf ich mich zu Boden. Wenn die Flammen alles erfassten, dann zerstörten sie auch den Tank und sorgten für eine Explosion des Treibstoffs.
So war es auch. Es hätte eine Filmszene sein können, denn plötzlich flog der Wagen in die Luft.
Ich presste mich noch härter gegen den Boden und war froh, eine so große Entfernung zurückgelegt zu haben. Dennoch fauchte eine glühend heiße Druckwelle über mich weg. Ich hörte, dass irgendwo in meiner näheren Umgebung etwas zu Boden krachte, lag weiterhin still, und erst als mindestens zehn lange Sekunden vergangen waren, richtete ich mich auf und drehte mich zur Straße hin um.
Mein Leihwagen brannte lichterloh. Damit hatte Matthias zumindest einen Teil seines Ziels erreicht. So schnell, wie ich es mir vorgestellt hatte, würde ich Alet-les-Bains nicht erreichen.
Mir wurde tatsächlich ein Bild wie aus einem Kinofilm geboten. Dunkelrotes Feuer und grauschwarzer Rauch bildeten eine Mischung aus Hitze und Gestank.
Der Mercedes bestand bald nur noch aus einem Skelett, das innen mit einer heißen Glut gefüllt war. Der Wind trieb mir den Gestank von verbranntem Gummi ins Gesicht.
Ich drehte mich weg und suchte nach einer Stelle, an der ich besser atmen konnte.
Nicht nur der Wagen war verbrannt, auch sein Inhalt. Der bestand praktisch aus meiner Reisetasche. Aber es war besser, wenn meine Klamotten ein Opfer der Flammen wurden als ich.
Es explodierte nichts mehr. Das Auto brannte langsam aus, und ich konnte zusehen, wie ich nach Alet-les-Bains kam.
Da gab es nur eines. Zu Fuß.
Ich machte mich auf den Weg. Ich blieb auf der Straße, und es gab noch eine schwache Hoffnung für mich. Sie war ja nicht so leer. Mir waren andere Fahrzeuge begegnet oder ich hatte welche überholt. Und ein in Flammen stehendes Auto war sehr weit sichtbar.
Und schon hörte ich hinter mir das Hupen.
Ich blieb stehen und drehte mich um.
Ein kleiner Renault rollte langsam an dem brennenden Wrack vorbei und fuhr schneller, als er es passiert hatte.
Wieder hupte der Fahrer. Das Geräusch galt mir, und dann stoppte der Renault neben mir. Aus dem offenen Fenster schaute das hochrot angelaufene Gesicht eines Mannes.
»Ist das Ihr Auto, das dort brennt?«
»Leider.«
»Was ist passiert?«
Die Wahrheit konnte ich natürlich nicht sagen. Ich hob die Schultern und stellte mich dumm.
»Es kann durch Überhitzung des Motors geschehen sein. Was weiß ich? Leider bin ich kein Experte. Ich wollte nur nach Alet-les-Bains.«
Der Fahrer nickte. »Dahin will ich auch.«
»Können Sie mich mitnehmen?« Ich noffte, dass er zustimmte.
Er zögerte einen Moment, dann nickte er und sagte: »Steigen Sie ein, Monsieur.«
Himmel, da hatte ich Glück gehabt. Aber das gehört nun malauch zum Leben.
Ich warf mich auf den Beifahrersitz und sah den Blick des Mannes auf mich gerichtet.
Ich lächelte etwas verlegen. »Keine Sorge, ich bin früh genug aus dem brennenden Wagen entkommen.«
»Ja, das sehe ich. Trotzdem ist es komisch.«
»Warum?«
Der Fahrer zögerte mit seiner Antwort. Er war ein kräftiger Mann, bekleidet mit einem kurzärmeligen Hemd, das einige Schweißflecken aufwies, und mit einer kurzen Hose. Die schwarzen Haare waren kurz geschnitten und auf den nackten Armen wuchsen sie ebenfalls dicht.
»Ich glaube, ich kenne Sie.«
»Ach.«
»Sie sind Ausländer!«
»Das hört man wohl.«
Er lachte plötzlich auf. »Darf ich fragen, ob sie auf dem Weg zum
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