1578 - Hass der Verlorenen
der Verkaufstheke, und es war auch keiner dabei, die Parfümerie zu betreten. Und doch war sie nicht allein.
Es war verrückt, daran zu denken, dass es unsichtbare Personen gab, die sich in ihrem Geschäft aufhielten. Das gab es nur im Film, aber ihr Eindruck war so und er verschwand auch nicht.
Es war schlimm, denn sie erlebte jetzt eine Bedrohung, wie sie sie in den Nächten nicht durchgemacht hatte.
Da hatte man auch schon mit ihr Kontakt aufgenommen, aber das war etwas völlig anderes gewesen.
Es hörte nicht auf. Es verstärkte sich.
Brenda Jones kam sich vor, als hätte man sie in eine Zwangsjacke gesteckt, aus der sie sich nicht mehr befreien konnte.
Wo waren sie?
Wer waren sie?
Sie zeigten sich nicht. Sie blieben unsichtbar, aber jemand zog die Schlinge noch enger zusammen, und dann hörte sie plötzlich eine Stimme. Oder waren es mehrere?
Ein Wispern, ein Flüstern und Zischeln.
Das waren mehrere Stimmen, und die Angst stieg noch stärker in ihr hoch.
Brenda wusste nicht genau, was sie von ihr wollten. Sie sprachen auf sie ein, als wären sie Geister, die das Reich der Toten verlassen hatten.
Kalt wurde es um sie herum. Es war eine andere Kälte als die im Winter.
Sie legte sich auf ihre Brust, schnürte sie zusammen und raubte ihr fast den Atem.
Auf einmal wurden die Stimmen deutlicher.
»Du gehörst jetzt uns«, flüsterten sie. »Du gehörst uns allein. Der Fluch ist gelöscht, und wir werden uns das Leben zurückholen, und zwar durch dich. Ja, durch dich und andere.«
Brenda hatte die Worte verstanden, aber sie begriff nichts. Es war zu unwahrscheinlich.
Sie wollte Fragen stellen, aber sie brachte kein Wort über die Lippen.
Etwas berührte sie. Etwas strich an ihrem Körper hoch und glitt unter ihrer Bluse an der nackten Haut entlang. Sie verspürte den wahnsinnigen Druck auf ihrer Brust, und das war der Augenblick, als ihr Herz anfing, wie verrückt zu schlagen.
Das Blut rauschte in einem wahren Wirbel durch ihre Adern. Sie hatte das Gefühl, etwas Fremdes in sich zu spüren, und sie bekam plötzlich keine Luft mehr.
Aus!, dachte sie. Das ist dein Ende…
***
»Da ist eine Parklücke«, sagte Glenda Perkins zu mir.
»Na und?«
»Dort kannst du anhalten.«
»Und warum sollte ich das tun?«
Glenda verdrehte die Augen. »Fahr einfach hinein.«
Es war ihr Wunsch und zugleich ein Befehl, dem ich mich nicht widersetzen konnte, und so rollte ich in die Parklücke hinein, die tatsächlich vorhanden war, was in London schon fast einem Wunder gleich kam.
Wir standen, und ich fragt: »Und jetzt?«
Glenda deutete nach links. »Siehst du den Laden da?«
»Bin ja nicht blind.«
»Dort werde ich hineingehen und mir etwas besorgen.«
Ich verdrehte die Augen. »Kosmetik?«
»Genau.«
»Hast du das nötig?«
Ihr Blick war fast böse, mit dem sie mich bedachte. »Willst du damit sagen…«
»Nein, nein, auf keinen Fall. Du siehst auch ohne Schminke toll aus, meine Liebe.«
Ihre Lippen verzogen sich zu einem säuerlichen Grinsen, bevor sie mir eine Antwort gab.
»Es geht hier nicht um Schminke, sondern um ein neues Duschgel. Ich weiß, dass der Laden hier Sonderangebote hat, und da muss ich zuschlagen.«
»Verstehe. Aber was ist mit unserem Termin?«
»Ob wir nun pünktlich oder zwei Minuten später zum Jubiläum des Kollegen kommen, ist egal. Da sind so viele Menschen, dass wir gar nicht auffallen.«
»Das meinst du?«
»Ja, das meine ich.«
Losgeschnallt hatte sich Glenda schon. Jetzt öffnete sie die Tür und verließ den Rover.
Ich konnte nichts machen und nur hoffen, dass sie sich nicht zu lange in der Parfümerie aufhielt. Dass dies der Beginn eines Horrorfalls war, ahnte ich zu diesem Zeitpunkt noch nicht…
***
Glenda musste nur wenige Schritte gehen, um die Eingangstür des Ladens zu erreichen. Von der Kühle des Wagens war sie hinein in die sommerliche Wärme des Abends getreten, und diese Wärme sorgte bei ihr für eine Vorfreude auf die Feier.
Der Kollege feierte sein Jubiläum in einem Restaurant, dem ein Garten angeschlossen war. Er hatte Glück mit dem Wetter, und Glenda war davon überzeugt, dass es eine tolle Party werden würde.
Das Geschäft war nicht groß. Es gab nur ein Schaufenster, durch das Glenda in den Laden schauen konnte, wobei sie feststellte, dass sie die einzige Kundin sein würde. Selbst die Verkäuferin sah sie nicht, die zugleich Besitzerin war.
Glenda kannte die Frau. Sie hieß Brenda Jones und betrieb den Laden allein. Nur zu Stoßzeiten
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