158 - Die Seele aus dem Zwischenreich
unbeeindruckt und stieß die Tür auf. Damit riß er den Draht aus der Steckdose, und die Falle war zerstört.
Rasch packte Mr. Silver Tonys Sachen ein und begab sich nach unten.
***
Velda Hunnicutt versuchte uns zu beschreiben, wie es im ›Hell Gate‹ aussah. Sie erwähnte den Namen der Clubleiterin: Loretta Thaxter, und sagte, daß diese sich um Ginny und sie besonders bemüht habe. »Warum gerade um Sie beide?« wollte ich wissen.
»Weil Loretta merkte, daß wir neu waren«, antwortete Velda. »Es steckt sehr viel Liebe zum Detail in diesem Club.«
Die Kellner liefen dort als Teufel geschminkt herum. Den Gästen schien es zu gefallen. Eigentlich hätte Velda über das Alter, wo man auf so etwas steht, hinaus sein müssen, immerhin zählte sie 39 Lenze, wenn man ihr das auch nicht ansah.
Ginny brütete vor sich hin.
»Ist alles in Ordnung, Kleines?« erkundigte sich Rip Hunnicutt.
»Ja, ja«, antwortete Ginny geistesabwesend.
Befand sie sich mit ihren Gedanken noch im »Hell Gate«?
Mr. Silver erschien, und die Falte über seiner Nasenwurzel verriet mir, daß irgend etwas geschehen war.
»Ist dir eine Laus über die Leber gelaufen?« fragte ich.
»Kannst du laut sagen«, brummte der Ex-Dämon. »Und sie hat sogar einen Namen: Dwight Yulin. Er hatte eine Stromfalle ganz speziell für dich gebaut, Tony.«
Ich musterte Mr. Silver überrascht, und er berichtete, wie Dwight Yulin meinen Abgang geplant gehabt hatte.
»Ein Glück, daß ich so hilfsbereit bin«, bemerkte Mr. Silver. »Sonst würdest du jetzt nicht mehr leben. Für mich war’s nur ein belangloses Kribbeln.«
»Dich muß schon der Blitz treffen, damit du umfällst«, sagte ich grinsend.
Wir ließen Jenny, die Katze, bei den Hunnicutts. Das Tier hatte sich irgendwo verkrochen. Wir wußten nicht, wo es steckte. Hunnicutt wußte, wer uns Jenny geliehen hatte. Er würde sie ihrem Besitzer morgen zurückbringen.
Wir verabschiedeten uns und verließen das alte Haus, in dem der Alchimist und sein buckliger Diener 150 Jahre lang gespukt hatten. Während der Fahrt nach Paddington war ich sehr schweigsam. Der Zufall hatte mir das Leben gerettet, und das machte mich kribbelig. Immer wieder ging mir durch den Kopf, daß ich mir meine Sachen hätte selbst holen können.
Dann hätte der Tod Einzug in das Haus der Familie Hunnicutt gehalten -und ich wäre sein Opfer gewesen.
***
Warren Fix stand am Morgen wieder am Fenster und blickte zu Sterling Drus Grundstück hinüber. Daß dort jemand begraben war, war nicht zu sehen. Fix zweifelte immer noch daran, daß er wirklich gesehen hatte, wie Dru eine Tote durch den Garten schleifte. Vielleicht sollte er hinübergehen und mit dem Nachbarn reden. Unter Umständen ließ sich ein Mißverständnis aufklären. Sie kamen ganz gut miteinander aus. Wenn Fix jünger gewesen wäre, hätte er sich sogar eine Freundschaft mit Sterling Dru vorstellen können. Der Altersunterschied von 35 Jahren hielt sie auf Distanz.
Aber Fix hatte die Erfahrung gemacht, daß er mit dem Nachbarn über alles reden konnte. Bevor er die Polizei einschaltete, sollte er lieber ein klärendes Wort mit Dru sprechen. Danach war es vielleicht gar nicht mehr nötig, die Polizei zu verständigen.
Warren Fix nahm ein kleines Frühstück zu sich. Als er aus dem Haus trat, sah er Sterling Dru in ein Taxi steigen und abfahren.
»Mist!« murmelte Warren Fix enttäuscht, und sein Blick wanderte wieder einmal dorthin, wo Dru in der vergangenen Nacht so eifrig gearbeitet hatte.
Das Grundstück war nicht eingefriedet. Jeder konnte es betreten, ohne über einen Zaun oder eine Mauer klettern zu müssen. Fix trat unschlüssig von einem Fuß auf den anderen. Sollte er es wagen? Es gab zwar kein Hindernis, aber niemand hatte auf Sterling Drus Grund und Boden etwas verloren.
Fix’ Neugier siegte schließlich.
Er blickte sich um, und als er sicher sein konnte, daß niemand ihn beobachtete, eilte er im Schutz von Büschen zu diesem versteckten »Grab«.
Vielleicht hat er eine Puppe eingegraben, sagte sich Warren Fix. Was geht es dich an?
Aber wenn letzte Nacht ein Verbrechen verübt worden war, war es seine Pflicht, das zu melden.
Man kann in keinen Menschen hineinsehen, überlegte Warren Fix. Sterling Dru ist ein angenehmer Nachbar. Er grüßt stets freundlich und ist hilfsbereit. Aber was weiß ich sonst noch von ihm? Nur das, was wer mir erzählt hat, und das muß nicht unbedingt wahr sein.
Vielleicht führte Sterling Dru ein Doppelleben - einmal
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