1581 - Ekel
Eher bedächtig. So wie jemand, der dieses Öffnen genießen wollte.
Lisa schaute hinein. Oder wollte es.
Da gab es etwas, was sie völlig irritierte und aus der Bahn warf.
In ihrem Mund bewegte sich etwas!
Und das war nicht ihre Zunge, sondern etwas Fremdes, das wenig später aus ihrem Mund schoss.
Es war der Körper einer Schlange!
***
Lisa Long glaubte nicht, was sie sah. Sie erlebte den Schock ihres Lebens. Sie hatte das Gefühl, als würden ihr die Beine unter dem Körper weggezogen. Es war ein Glück für sie, dass ihr das Waschbecken den nötigen Halt gab, denn sonst wäre sie auf der Stelle zusammengebrochen. Eine Schlange!
Schmal, glatt, mit einem Kopf und winzigen Augen. Aus dem Maul huschte eine gespaltene Zunge hervor, die hin und her zuckte, verschwand und dann wieder zu sehen war.
EKEL!
Genau das war es. Dieses Gefühl hatte sie bereits im Schlaf erlebt, und wer dieses Bild sah, der konnte sich davor nur ekeln.
Eine Schlange in meinem Mund!
Das war wie ein Schrei, der in ihr gellte. Das Gefühl, sich übergeben zu müssen, verstärkte sich mit jeder Sekunde. Sie hätte eigentlich weglaufen müssen, weil auch ein Anflug von Panik sie erfasste.
Lisa tat es nicht. Sie blieb stehen, starrte sich an und glaubte, in das Gesicht einer Fremden zu schauen. Es sah aufgedunsen auf, es war irgendwie nicht mehr menschlich. Der Ausdruck zeigte den Schreck, den sie empfand.
Ihr Herz schlug noch. Sie war nicht tot, obwohl sie sich beinahe so fühlte.
Aber als Tote fühlt man nichts mehr, dachte sie noch.
Das schlimme Bild im Spiegel wollte einfach nicht weichen. Die grünliche Schlange huschte vor, dann wieder zurück, aber sie verschwand einfach nicht.
Lisa Long spürte, wie ihre Kräfte langsam nachließen. Die Beine hatten nicht mehr die Kraft, sie zu halten, auch das Abstützen auf dem Rand des Waschbeckens fiel ihr ungeheuer schwer.
Irgendwann war es dann vorbei.
Sie sackte in die Knie und blieb vor dem Waschbecken regungslos liegen…
***
»Und?«
Susan nickte und lächelte. »Es war ein schöner Abend, Ben, vielen Dank, ehrlich.«
»Mehr sagst du nicht?«
»Wieso? Du hast doch auch nur eine kurze Frage gestellt.«
»Trotzdem.« In Bens Augen trat ein Glanz, der auf etwas Bestimmtes hindeutete. »Der Abend muss ja noch nicht vorbei sein. Wir haben noch nicht mal Mitternacht und sind beide keine Teenager mehr. Du weißt, was ich damit andeuten will.«
Susan lächelte. Sie saß auf dem Beifahrersitz.
»Ja, das weiß ich. Auch wenn wir keine Teenager sind, geht mir das alles ein wenig zu schnell. Wir haben uns heute erst kennen gelernt, und ein One-Night-Stand ist nichts für mich.«
Der Mann lachte. »Dabei muss es ja nicht bleiben, wenn es nach mir geht, vorstehst du?«
Susan nickte. »Ja, ja«, sagte sie dann, »ich verstehe schon. Das ist alles richtig. Aber wir kennen uns kaum. Du weißt nichts von mir, ich weiß nichts von dir…«
»Ist das schlimm?« Ben lachte. Dabei schielte er durch die Frontscheibe seines Autos.
Sie standen auf einem Parkplatz. In der Nähe ragten zwei Hochhäuser in den dunklen Himmel. In der Umgebung war es einsam, niemand war zu sehen.
Und neben ihm saß mit Susan eine Frau, wie er sie mochte. Sie war nicht unbedingt dünn, war schon in den Vierzigern, hatte ein nettes Gesicht und lockige Haare, die rötlich gefärbt waren.
Sie hatten sich in einem Pub kennengelernt, in dem an diesem Abend nur Gäste waren, die gern Oldies hörten, bei denen man ins Schwärmen geriet und an die eigene Jugend dachte. Die lag auch für Ben weit zurück. Mit fünfzig Jahren gehörte er nicht gerade mehr zu den jungen Menschen.
»Nun?«
Susan schüttelte den Kopf.
»Lassen wir es dabei. Den Kaffee in meiner Wohnung gibt es irgendwann später. Wir können uns ja morgen wieder treffen.«
Ben schüttelte den Kopf. »Das geht nicht. Ich bin in den nächsten Tagen unterwegs. Ich habe dir doch gesagt, dass ich meine Medikamente an den Mann bringen muss. Ich habe einige Ärzte zu besuchen, die nicht nur in London ihre Praxis haben. In den nächsten drei Tagen bin ich auf meiner Route.«
»Es gibt ein Telefon.«
»Das reicht mir nicht.« Ben hatte sich losgeschnallt und drehte sich nach links. Seine Hand bewegte sich auf ihren Rock zu, der zwar lang, aber an beiden Seiten geschlitzt war, sodass er mehr als nur die Knie der Frau sah. Das nutzte er aus.
Seine Hand fuhr unter den Rock und immer höher, um die prallen Schenkel zu erreichen. Zugleich beugte er sich der Frau
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