1581 - Ekel
Bierchen schuld.
Die beiden Hochhaustürme waren schon von Weitem zu sehen.
Dexter lachte leise. »He, wir sind gleich da.«
»Genau. Zwischen den Häusern gibt es Parkplätze. Dort können Sie mich absetzen.«
»Mach ich doch glatt.«
Wenige Minuten später stoppte Mike Dexter den Wagen am Rand der Parkzone. Bevor ich ausstieg, bedankte ich mich noch mal für das Mitnehmen.
Er winkte lässig ab.
»Keine Ursache, Sinclair. Hat mich gefreut, Sie mal persönlich kennenzulernen.«
»Danke.«
Wir reichten uns die Hände. »Vielleicht sehen wir uns noch mal, Sinclair. Auf jeden Fall werde ich in meinem Job bestimmt noch was über Sie lesen, wenn es mal wieder spektakulär war.«
»Kann sein.« Ich war schon ausgestiegen und schlug die Tür zu.
Ein letztes Winken, dann machte ich mich auf den Weg zu meinem Haus.
Es war noch nicht Mitternacht, und wie an jedem Abend war der Parkplatz hier voll. Mein Wagen stand in der Tiefgarage, aber nicht jeder Bewohner hatte das Glück, dort einen Platz zu ergattern.
Da waren Suko und ich schon privilegiert.
Der Platz lag nicht im Dunkeln. Ab und zu gab es Laternen, die ihren Schein verbreiteten. Man konnte schon ein seltsames Gefühl bekommen, wenn man durch die schmalen Wege zwischen den abgestellten Wagen schritt. Es war hier totenstill. Aber man musste auch damit rechnen, dass sich hin und wieder lichtscheue Gestalten hier herumtrieben.
Ich sah keine und machte mich auf den direkten Weg zum Hauseingang.
Meinen Freund und Kollegen Suko wollte ich am nächsten Morgen im Büro darüber informieren, was ich bei diesen Vorträgen gelernt hatte.
Um diese Zeit wollte ich ihn und seine Partnerin schlafen lassen.
Wie gesagt, es war totenstill.
Aber nur bis zu dem Zeitpunkt, als ich den Schrei hörte!
***
Plötzlich war alles anders. Ich stand auf der Stelle wie angewurzelt und dachte über den Schrei nach, der für mich alles andere als ein Freudenruf gewesen war.
Jemand befand sich in Not.
Ich bewegte mich weiterhin nicht von der Stelle und wartete darauf, dass sich der Schrei wiederholte.
Bisher hatte ich nicht feststellen können, aus welcher Richtung er mich erreicht hatte. Wenn ich meine Augen bewegte und mich umschaute, dann sah ich nur die abgestellten Wagen, deren Dächer im Licht der Laternen leicht schimmerten.
Kein Schrei mehr!
Dennoch war ich beunruhigt. Konnte es sein, dass es der letzte Schrei im Leben eines Menschen gewesen war? Durchaus möglich, aber noch etwas Stieß mir auf.
Dieser Schrei hatte sich nicht angehört, als wäre er im Freien erklungen.
Ich stufte ihn als gedämpft ein, und da gab es eigentlich nur eine Möglichkeit. Er musste in einem der abgestellten Autos ausgestoßen worden sein.
Wäre es nicht so ernst gewesen, ich hätte gelacht. Aber mir war alles andere als nach Lachen zumute.
Ich musste den Verursacher finden, und wenn ich die Reihen der abgestellten Wagen durchsuchte. Mein Gefühl sagte mir, dass etwas Schlimmes geschehen war.
Keine Wiederholung. Ich lauschte noch eine Weile und wollte mich schon auf den Weg machen, als ich ein anderes Geräusch hörte.
Es war kein Schrei, sondern ein dumpfer Schlag, der entstand, wenn eine Autotür zugeschlagen wurde. Und das Geräusch war von links gekommen.
Ich drehte mich um.
Dann hörte ich Schritte. Hastige, als würde jemand die Flucht ergreifen.
Ich nahm die Verfolgung auf. Es war nicht einfach. Ich sah nichts, aber ich folgte dem Geräusch der Schritte. Ich bewegte mich dabei zwischen den Wagen entlang und versuchte trotz des Laufens Blicke in das Innere der Wagen zu werfen, wobei ich zunächst nichts sah. Zudem musste ich mir leider eingestehen, dass ich die Echos der Schritte nicht mehr hörte.
Der Flüchtling hatte es geschafft, sich unbemerkt zu entfernen.
Scharf atmete ich aus. Irgendwie fühlte ich mich als Verlierer, aber das wollte ich nicht hinnehmen. Der Schrei, dann jemand, der flüchtete, das ließ auf etwas schließen, das nicht normal war.
Von Müdigkeit war bei mir nichts mehr zu spüren. Ich setzte die Suche fort und nahm jetzt meine kleine, aber lichtintensive Leuchte zu Hilfe.
Der Parkplatz war natürlich recht groß. Ich konnte allerdings davon ausgehen, dass dieser Schrei in meiner Nähe aufgeklungen war. So gab es noch so etwas wie Hoffnung. Es sei denn, der Schreier selbst wäre aus dem Wagen gestiegen und geflohen. Daran wollte ich seltsamerweise nicht glauben.
Also suchte ich weiter.
An einem Ort wie diesem hielten sich hin und wieder auch Paare
Weitere Kostenlose Bücher