1581 - Ekel
Ich fiel weiter und schlug auf. Im allerletzten Moment gelang es mir noch, den Oberkörper etwas aufzurichten, sodass ich keine Bauchlandung hinlegte. Ich tauchte praktisch mit den Beinen zuerst in die Masse, und trotzdem war es fürchterlich. Ich sank nach unten, langsam, und mit jedem Fußbreit schoss die Panik stärker in mir hoch.
Auch wenn ich eine Kugel auf Eva abfeuerte, ich war ein Opfer der Schlangen. Hunderte Bisse würden meinen Körper mit Gift vollpumpen, noch bevor ich den Grund erreicht hatte.
Schon jetzt schabten die Tiere an meinem Körper entlang. Sie würden mein Gesicht erreichen, sie würden…
Etwas erwischte mein rechtes Handgelenk und drückte die Beretta nach unten. Eva hatte zugegriffen und hielt meinen Arm fest. Aus kurzer Entfernung schauten wir uns an. Die Schlange, die in ihrem Mund steckte, drängte sich mir entgegen. Ich nahm mit einer schnellen Bewegung meinen Kopf zur Seite, sodass mich das Tier verfehlte.
Evas Lachen erreichte mich und ebenfalls die nachfolgenden Worte.
»Einem zweiten Angriff kannst du nicht entgehen!«
Ich glaubte ihr und versuchte, die mich umgebenden Schlangen zu ignorieren. Meine Finger krampften sich um das Kreuz, das keine Wärme abgab, sodass ich daran zweifelte, ob ich es aktivieren konnte.
»Du hast verloren!«, hörte ich Eva kreischen. »Jeder, der gegen mich ist, verliert letztendlich. Und jetzt wirst du sterben.«
In diesem Moment zeigte sich das Licht. Es irritierte nicht nur Eva, auch ich war abgelenkt und musste zweimal hinschauen, um zu erkennen, was geschah.
Mein Kreuz reagierte doch. Aber nicht so, wie ich es erwartet hatte. Es geschah etwas, was ich lange nicht mehr erlebt hatte.
An den Enden waren die vier Initialen er Erzengel eingraviert. Und von einem von ihnen kam das Leuchten.
Am Ende des senkrecht stehenden Balkens leuchtete das M auf.
Das M für Michael!
Und mir fiel ein, was ich schon so oft auf Bildern gesehen hatte. Der Erzengel Michael, der die Schlange durch die Kraft seines Schwertes besiegt hatte und nun in der großen Pose des Siegers auf dem Körper des Drachens oder der Schlange stand.
Er war es auch gewesen, der den mächtigen Engel Luzifer in die ewige Finsternis gestoßen hatte.
Er war der Sieger über die Schlange!
Und jetzt kam er mir zu Hilfe.
Ich konnte es kaum glauben, doch das Licht, das er durch seine Kraft schickte, wurde heller und heller, sodass es mir schon in den Augen wehtat.
Ich bewegte mich nicht.
Ich stand in der Schlangengrube. Ich stand auch im Licht. Ich hielt meine Augen einfach geschlossen. Und ich fühlte einen wundersamen Strom durch meinen Körper gleiten, sodass ich das Gefühl hatte, weggetragen zu werden. Weg von den Schlangen. Irgendwohin, nur in Sicherheit sein.
Irgendetwas geschah in meiner unmittelbaren Nähe. An meinem Körper verspürte ich das Zucken der Schlangenkörper, aber keine Bisse. Sie taten mir nichts, ebenso wie diese Eva. Aber ich hörte ihre kurzen und spitzen Schreie, die schrill in meinen Ohren klangen.
Ich schaute hoch.
Das Licht aus dem Buchstaben M war jetzt überall. Es hatte sich über die ganze Oberfläche des Pools verteilt. Und wie in grauer Vorzeit der Erzengel mit seinem Schwert die Schlange besiegt hatte, so bewirkte seine Macht um mich herum in etwa das Gleiche.
Ich ließ meinen Blick sinken. Es gab keine einzige Schlange mehr, die sich innerhalb des Pools noch bewegte. Verdampft waren sie nicht, sie hatten sich nur verändert und bildeten auf dem Poolboden eine übel riechende, breiige Masse, in der ich mit beiden Füßen stand.
Eva hockte noch auf dem Boden. Sie saß so, dass sie sich mit dem Rücken an der Poolwand abstützen konnte. Ihr Kopf war zur Seite gesunken. Sie machte auf mich den Eindruck einer Schlafenden.
Ich blickte sie an. Erst beim zweiten Hinsehen fiel mir der halb geöffnete Mund auf. Aus ihm schaute noch ein Teil des Schlangenkopfes hervor.
Auch dieses Tier hatte eine andere Farbe angenommen, aber sie hatte Evas Mund nicht verlassen und dafür gesorgt, dass sie an ihrer eigenen Schlange grausam erstickt war, denn auf den zweiten Blick erkannte ich, dass sie nicht mehr lebte.
Ich richtete mich auf.
Suko streckte mir seine Hand entgegen.
»Komm, ich helfe dir raus.«
Ich fühlte mich noch etwas benommen und fragte: »Was ist mit den anderen Schlangen?«
»Es wird dich keine mehr angreifen, John.«
Ich atmete tief durch. »Hast du alle erwischt?«
»Nein, nicht alle. Doch da entstand plötzlich ein Licht, und ich
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