1581 - Ekel
in Lisas Augen, und darin sah sie einen Ausdruck, der kein Erbarmen kannte.
Diese Person war eiskalt. Ebenso wie die Schlange. Vor ihr durfte man erst recht keine Gefühle erwarten. Sie glotzte aus ihren kleinen kalten Augen auf das Opfer, als wollte sie es hypnotisieren, und so ähnlich fühlte sich Susan Serrano auch.
Sie kam nicht mehr hoch, obwohl ihr Verstand ihr sagte, dass ihre einzige Überlebenschance die Flucht war. Es würde ihr aber kaum gelingen, weil Lisa einfach zu zielstrebig war. Sie hatte einen Mordauftrag erhalten, und den würde sie bis zum bitteren Ende durchziehen.
Dass Susan selbst einmal dazugehört hatte, das hatte sie zwar nicht vergessen, aber sie fühlte sich nicht mehr auf der gleichen Ebene. Jetzt stieg sogar etwas wie Widerwillen in ihr hoch, und sie suchte verzweifelt nach einer Möglichkeit, sich aus dieser Klemme zu befreien.
Es gab keine Möglichkeit mehr. Lisa war bereits zu nahe, und die Schlange zuckte vor ihren Augen hin und her.
Susan versuchte es noch mal mit Worten.
»Bitte, Lisa, das ist ja Wahnsinn, was du da vorhast! Willst du es dir nicht noch mal überlegen? Das kannst du doch und…«
Lisa schüttelte nur noch den Kopf. Erwidern konnte sie nichts mehr, denn die Schlange nahm ihr jeden Platz weg.
»Aber ich…«, begann Susan wieder.
Lachen konnte Lisa noch. Und das hörte sich sehr böse an.
Susan wusste, dass sie ihre letzte Chance verpasst hatte. Wenn sie jetzt aus dem Sessel aufsprang, war es zu spät, weil die Schlange schon zu nahe an sie herangekommen war.
Zur Abwehr hob sie beide Hände.
Lisa lachte wieder und schlug die Hände weg.
»Neinn…« Das Wort wurde zu einem Schrei. Susan Serrano konnte sich nicht mehr wehren. Die Schlange war zu schnell, erreichte sie und biss zu.
Unter dem linken Auge wurde Susan erwischt.
Susan spürte den Biss deutlich, und sie war nicht mehr fähig, einen weiteren Schrei auszustoßen.
Gelähmt!, schoss es ihr durch den Kopf.
Aber das war sie noch nicht, sie bildete es sich nur ein. Noch konnte sie sich bewegen, doch sie tat es nicht. Ihr Blick war auf die Freundin gerichtet, aus deren Mund noch immer die Schlange zuckte. Sie war ruhiger geworden. Sie hatte ihr Gift verspritzt und konnte sich wieder zurückziehen, was sie auch langsam tat.
Susan Serrano saß bewegungslos im Sessel. Sie fühlte sich wie tot. Da gab es etwas in ihrem Körper, das für eine Starre sorgte, die immer mehr zunahm, und sie merkte auch, dass ihr Herz wahnsinnig schnell schlug.
Es war wie ein Trommelfeuer in ihrer Brust.
Lisa Long stellte sich vor ihre Freundin. Mit einer schon mütterlichen Geste strich sie über das Haar, doch im Innern war sie eiskalt.
»Es ging nicht anders, meine Liebe. Du hast es bald geschafft. Du hättest unseren Kreis nicht verlassen sollen. So etwas kann Eva nicht akzeptieren.«
Aber ich - ich - wollte…
Es waren nur Gedanken, keine Worte. Susan konnte nicht mehr sprechen. Die Lähmung nahm zu und hatte auch ihre Stimme erfasst. Noch lebte sie, denn ihr Herz hämmerte in einem wahnsinnigen Rhythmus.
Schneller, immer schneller, als wollte es ihr die Brust zersprengen.
Lisa lächelte auf sie nieder, aber dieses Lächeln blieb nicht mehr lange bestehen. Es verschwand allmählich aus dem Gesicht. Susan sah es nicht einmal, sie spürte nur noch ihren Herzschlag.
Rasend, so schnell wie nie.
Bis zum Ende.
Schlagartig hörte er auf.
Es war der Moment, in dem Susan Serrano noch einmal im Sessel in die Höhe zuckte.
Sie schaffte es nicht, stehen zu bleiben. Schwer sackte sie in sich zusammen, da hatten die Schwingen des Todes sie bereits erreicht und ließen sie nicht mehr los…
***
Lisa trat zurück. Sie verspürte keinen Ekel mehr. Die Schlange und der Schleim waren aus ihrem Mund verschwunden. Sie war wieder eine normale junge Frau.
Aber die andere Kraft hatte sich nur zurückgezogen. Denn als sie auf ihre tote Freundin schaute, spürte sie nicht die Spur eines Bedauerns.
Susan hatte nicht mehr zu ihnen gehört, und wer sich so verhielt, der durfte sich über eine Bestrafung nicht wundern. Aber das hatte sie alles vorher gewusst.
Susans Gesicht war starr. Es war kein Leben mehr in den Augen. Der Mund war geöffnet, und so sah sie aus wie ein Mensch, der noch einen letzten Schrei ausstoßen wollte, es aber nicht mehr geschafft hatte.
»Das hätte nicht zu sein brauchen«, flüsterte Lisa, »aber du hast es nicht anders gewollt.« Sie war mit sich zufrieden, sehr sogar. Sie wusste jetzt, dass sie den
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