1581 - Ekel
Sie schon erwartet…«
***
Suko und ich ließen uns die Überraschung nicht anmerken, denn wer uns hier erwartete, war eine besondere Person. Mir kam plötzlich eine Medusa in den Sinn, weil ihre Haare in der Stirn so abstanden und an den Seiten zu Zöpfen geflochten waren. Die Farbe schwankte zwischen einem Rot und einem Blond. Ein längliches Gesicht mit farblosen Augen, bei denen die Brauen dicht darüber wuchsen. Die Haut war blass, und was sie trug, war ein Kleidungsstück, das mich an ein Negligé erinnerte, das eng um ihren Körper lag und ziemlich durchsichtig war, zudem noch an den Seiten geschlitzt und von dünnen schwarzen Trägern gehalten.
Eva nickte und gab den Weg frei. »Na, kommen Sie schon.«
»Danke«, sagte Suko und schob sich an ihr vorbei.
Ich folgte ihm, schaute Eva an und sah nichts, was mich misstrauisch machte.
Sie schloss die Tür, und mir fiel sofort die schwüle Wärme auf, die zwischen den Wänden herrschte.
Wir gingen durch einen kleinen Flur und wurden in ein Zimmer geführt, das ganz normal eingerichtet war. Ein dicker Teppich, ein Tisch und Sitzgelegenheiten für mehrere Personen.
Sie bot uns zwar Plätze an, aber wir wollten es uns nicht gemütlichen machen und blieben stehen.
Ich nickte der Frau zu. »Sie haben uns also erwartet?«
»So ist es.«
»Und wieso? Können Sie hellsehen?«
Sie lachte mir ins Gesicht. »Nein, ich würde es gern können, aber jemand muss eine Freundin von mir getötet haben. Und da ist es einfach logisch, dass die Spur zu mir führt.«
»Ja, es geht um den Mord an einem Mann namens Ben Miller und um den Mord an Susan Serrano!«
Sie spitzte den Mund und gab ein lang gezogenes »Ooohhh« von sich.
»Mord? Das hört sich aber schlimm an. Aber was habe ich damit zu tun?«
»Wir gehen davon aus, dass Sie die Mörder geschickt haben.«
»Ach, Sie meinen Killer?«
»Oder Schlangen, zum Beispiel.«
»Schlangen sind herrliche Tiere. Ich liebe sie, und sie lieben mich. Sie sind einfach wunderbar, und ich freue mich, dass ich sie beherrsche. Ich bin wie ein Fakir, nur ohne Flöte. Ich brauche das Instrument nicht, damit die Tiere seinen Bewegungen folgen. Sie gehorchen mir auch so.«
»Das geben Sie so offen zu?«, fragte Suko.
»Ja, warum nicht. Ich bin dabei, etwas Neues und zugleich Archaisches aufzubauen. Die Schlangen waren mit die ersten Tiere auf dieser Welt. Schon in Urzeiten waren sie etwas Besonderes. Hat die Schlange nicht auf den berühmten Paradiesapfel hingewiesen? Haben die Menschen sie nicht verflucht? Musste sie nicht immer im Staub der Erde kriechen, um sich fortzubewegen? Das hat sie nicht verdient, und ich bin dabei, es zu ändern. Ich will die Schlangen den Menschen näher bringen, und das habe ich geschafft. Es ist ein kleines Wunder. Aber wenn man sich mit dem Richtigen verbündet, klappt es schon.«
»Sie sprechen vom Teufel«, stellte Suko fest.
»Ja, von wem sonst?« Sie lachte auf. »Ist er nicht der Herr der Hölle? Ist der Teufel nicht jemand, der von den Menschen oft mit der Schlange gleichgesetzt wird? Ein schlechtes Image, das ich hasse oder gehasst habe. Und deshalb habe ich meine Konsequenzen gezogen. Ich will der Welt zeigen, dass Schlangen und Menschen wunderbar zusammen passen, dass sie eine Einheit bilden können und damit perfekt sind. Das allein ist mein Bestreben, und ich lasse mich von niemandem davon abbringen. Die Schlange macht uns stark.«
Ich schüttelte den Kopf. »Nein, sie verdirbt die Menschen. Sie lockt das Böse aus ihnen hervor, das haben wir gesehen, und wir sind gekommen, um es zu vernichten.«
Sie beugte sich zurück und lachte. »Niemand kann die Macht der Schlange vernichten. Sie war da, sie ist da, und sie wird immer da sein. Das kann ich euch versprechen. Auch ihr werdet keine Chancen gegen sie haben.«
Die Sicherheit der Frau war ungeheuer. Sie hatte uns klargemacht, dass sie fest auf die andere Seite baute. Schlange und der Teufel, hier stimmte der Vergleich.
Ich schüttelte den Kopf und sagte mit leiser Stimme: »Nicht alles gelingt, Eva. Eine deiner Dienerinnen haben wir retten können. Die andere starb leider und…«
»Sie war eine Verräterin. Beide sind es. Sie haben einen Schwur gebrochen. Wer nicht für mich ist, der ist gegen mich. Eine uralte Regel, die ich befolge.«
Ich kam zum Kern der Sache. »Wie viele Frauen befinden sich in Ihrer Gewalt? Wen wollen Sie noch alles auf die Welt loslassen?«
Wieder lachte sie. »Es sind noch fünf, und sie sind bereit, wieder
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