1581 - Ekel
auf, sondern auch ihren Mund. »Ich - ich soll mit?«
»Ja, warum nicht? Sie kennen sich als Einzige aus.«
Sie wand sich. Sie schloss die Augen, und es war zu sehen, wie sich der Schweiß auf ihrem Gesicht ausbreitete.
Für uns war diese Reaktion verständlich, aber etwas musste sie auch tun. Eine Wiedergutmachung sozusagen, denn sie war indirekt eine Mörderin.
Eigentlich hätten wir die Kollegen herkommen lassen müssen, denn in der Wohnung lag eine Tote. Auf der anderen Seite eilte es. Das war jetzt wichtiger. Diese Eva durfte kein weiteres Unheil mehr in die Wege leiten.
»Gut, dann fahre ich mit«, sagte sie schließlich. Bittend sah sie uns an.
»Aber ich möchte nicht mehr in das Haus. Ich will sie nicht mehr sehen.«
Sie fing an zu würgen, als hätte der Ekel sie wieder erfasst.
Ich beruhigte sie. »Keine Sorge, Lisa, Sie müssen nicht mit hinein. Sie bleiben im Auto und können sich dort verstecken. Alles andere überlassen Sie bitte uns.«
Ich wusste, dass ihr der Entschluss sehr schwergefallen war, und bedankte mich bei ihr.
»Das ist nett, aber ich habe trotzdem Furcht.« Sie stand auf. Dabei zitterte sie und versuchte, einen Blick auf die Tote zu vermeiden.
Der Uhrzeit nach hätten wir längst im Büro ein müssen. Ich wunderte mich darüber, dass Glenda Perkins noch nicht versucht hatte, mich oder Suko auf dem Handy zu erreichen.
Ich rief im Büro an.
»Aha«, sagte sie, »meldet sich der Herr auch noch mal.«
»Ja, und das hier ist kein Spaß. Suko und ich werden…«
»Ich weiß beinahe Kescheid«, sagte Glenda. »Shao hat mich bereits informiert. Es geht um Schlangen, sagte sie.«
»Genau.«
»Und ihr seid auf der richtigen Spur?«
»Ja, das hoffe ich. Drück uns die Daumen.«
»Werde ich machen. Hast du Sir James schon informiert?«
»Nein. Wenn du das übernehmen würdest, wäre ich dir dankbar.«
»Keine Sorge. Und gebt auf euch acht. Schlangen können höllisch gefährlich sein.«
»Du sagst es, Glenda…«
***
Es war kein Vergnügen, sich durch den Londoner Morgenverkehr wühlen zu müssen. Wir waren froh, als wir endlich den Blackwell Tunnel erreichten und auf die Südseite der Themse gelangten.
Lisa musste stark nachdenken, aber der Weg durch North Greenwich fiel ihr schließlich ein. Vor allen Dingen die Straße, die ein Industriegelände durchschnitt, auf dem große und alte Hallen standen.
Danach rollten wir auf einer Nebenstrecke wieder in Richtung Fluss. Wir sahen vereinzelte Häuser und das Brachland, auf dem niemand gebaut hatte.
Als Lisa einen Wasserturm entdeckte, der wie ein Wahrzeichen in den Himmel ragte, da wusste sie wieder Bescheid.
Sie machte Suko, der fuhr, darauf aufmerksam und gab auch die neue Richtung an. »Wir müssen links an diesem Turm vorbei.«
»Ist gut.«
Der Weg verwandelte sich in einen Pfad. Waren wir vorhin noch über Asphalt gefahren, so hatte sich hier die Natur ausbreiten können. Einige Male sahen wir auch den Fluss, auf dem sich die Schiffe träge bewegten.
Bevor ich noch eine Frage stellen konnte, meldete sich Lisa.
»Da vorn ist es. Da müssen wir hin.« Sie war plötzlich sehr aufgeregt und schnaufte einige Male.
Deckung gab es nicht. Da wir das Haus gesehen hatten, mussten wir davon ausgehen, dass man auch uns sah, und das wusste auch Lisa, die sich deswegen Sorgen machte.
»Gehen Sie am besten jetzt schon in Deckung«, riet ich ihr.
»Und wie?«
»Ducken Sie sich hinter die Vordersitze und überlassen Sie alles andere uns.«
»Danke.«
Es war wirklich besser, wenn sie nicht gesehen wurde. So konnten wir eine gewisse Harmlosigkeit vorgeben und erst später auf den wahren Grund unseres Besuches kommen.
Wir rollten bis dicht an den alten Steinbau heran. Lisa hatte zwar von einem Anbau gesprochen, aber der war von der Vorderseite her nicht zu sehen, und einen Rundgang wollten wir uns ersparen.
»Viel Glück«, flüsterte uns Lisa aus ihrer Deckung zu, als wir den Rover verließen.
Die Fenster des Hauses waren zumindest in der unteren Etage durch Milchglas undurchsichtig gemacht worden. In der Nähe rührte sich nichts. Wir schritten durch hohes Gras und mussten drei Stufen einer Treppe hoch gehen, um die Eingangstür zu erreichen.
Es gab kein Namensschild. Wir sahen auch keine Klingel, dafür in der Türmitte einen eisernen Klopfer, der einen Schlangenkopf darstellte.
Suko wollte schon nach ihm greifen, da wurde die Tür von innen geöffnet, und eine Frauenstimme sagte: »Kommen Sie rein, meine Herren. Ich habe
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