1583 - Das Mädchen und der Nakk
fanden, würden sie sich schon irgendwie verraten.
Außerdem waren sie für diese Art von Suche besser geeignet - falls sie überhaupt auf der Suche waren.
Vielleicht waren sie in einer ganz anderen Absicht ins Gaunlin-System gekommen. Wenn das der Fall war, dann lag des Rätsels Lösung höchstwahrscheinlich auf dem Planeten Nobim.
Julian Tifflor rieb sich nachdenklich die Stirn.
Gaunlin-System - hatte er diesen Namen nicht vor relativ kurzer Zeit schon einmal gehört?
Er war sicher, daß es so war.
Irgend etwas war hier - in diesem System - geschehen. Und es hatte etwas mit den Siedlern von Nobim zu tun gehabt. Aber er konnte sich beim besten Willen nicht mehr an die Einzelheiten erinnern. „Syntron", sagte Julian Tifflor langsam, „gib mir alle Informationen, die dir über den Planeten Nobim vorliegen!"
*
Schon als er die ersten Daten sah, fiel es ihm wieder ein. Es hatte nur eines auslösenden Faktors bedurft, um ihm die ganze Sache wieder ins Gedächtnis zurückzurufen.
Er lehnte sich zurück und ließ den Syntron reden.
Nobim war eine freundliche, warme Welt - damit hatte das Bordgehirn der PERSEUS durchaus recht. Aber auch die freundlichste Welt konnte zur Hölle werden, wenn ihre Bewohner sich nur ausreichend darum bemühten. Der Ausdruck Hölle wäre allerdings in diesem Fall übertrieben, sagte Julian Tifflor sich in Gedanken.
Aber nach kurzem Überlegen fügte er hinzu: Oder auch nicht. Es gibt mit Sicherheit einige Leute, denen selbst dieses Wort noch viel zu schwach wäre.
Der Planet Nobim hatte keine eingeborenen Intelligenzen hervorgebracht. Er war eine ideale Siedlungswelt.
Das hatte man sehr schnell herausgefunden.
Die Siedler, die sich auf Nobim niedergelassen hatten, waren größtenteils terranischer und arkonidischer Abstammung. Sie waren schon vor Jahrhunderten hierhergekommen, hatten sich miteinander vermischt und bildeten eine stabile Gesellschaft.
Sie waren recht wohlhabend. Sie strebten nicht nach Fortschritt und anderen abstrakten Werten, sondern saßen satt und zufrieden in einer Welt, in der es keinen Mangel und keine Not gab.
Sie galten als etwas hinterwäldlerisch.
Aber das focht sie nicht an.
Und weil es auf Nobim so still und beschaulich zuging, hatte man geglaubt, daß dies der Ort sei, an dem ein paar Bionten der ganz besonderen Art den Weg in ein normales Leben finden konnten.
Als Bionten bezeichnete man jene geklonten Intelligenzwesen, aus den Genfabriken der Cantaro, bei denen es während des „Fertigungsprozesses" zu Fehlentwicklungen gekommen war. Die Cantaro hatten derartige „Fehlprodukte" ihrer unmenschlichen Technik - Genmüll nannten sie diese armen Geschöpfe - normalerweise auf unbewohnten Planeten im Halo der Milchstraße abgeladen.
Als die Galaktiker nach dem Sieg über Monos darangegangen waren, die Genfabriken der Cantaro ein für allemal zu schließen, hatten sie dort Klone in allen nur denkbaren Fertigungsstufen vorgefunden.
Darunter hatte sich naturgemäß auch ein gewisser Prozentsatz „Ausschuß" befunden: Bionten.
Niemand hatte den Nerv gehabt, diese Geschöpfe, die unschuldig wie neugeborene Kinder aus den Retorten stiegen, auf die Ghetto-Welten im Halo zu schaffen, wo sie unter ihresgleichen gewesen wären.
Man hatte sich statt dessen bemüht, die gesundheitlichen Schäden, so gut es ging, zu beheben und die Bionten dann - nach einer Zeit der physischen, psychischen und sozialen Rehabilitation - auf geeigneten Planeten anzusiedeln und in die Gesellschaft einzugliedern.
Unter diesen Bionten gab es einige - insgesamt nicht mehr als ein paar Dutzend -, die man in einem so frühen Stadium ihrer Entwicklung hatte behandeln können, daß sie keine bleibenden Schäden zurückbehalten hatten.
Die körperlichen Mißbildungen waren bei ihnen weitgehend beseitigt worden. Sogar die genetische Struktur hatte man stabilisieren können.
Einige dieser Bionten - die man eigentlich gar nicht mehr als solche bezeichnen konnte - waren sogar fortpflanzungsfähig.
Dreiundzwanzig dieser voll rehabilitierten Bionten hatte man vor rund fünfzehn Jahren auf dem Planeten Nobim angesiedelt.
Leider hatten aber einige der Soziologen, denen man die Vorbereitung dieses Projekts übertragen hatte, einen dummen Fehler gemacht: Man hatte den Behörden in Nobim City mitgeteilt, wen und was man in einer abgelegenen Siedlung heimisch zu machen gedachte.
Von den Behörden war es zu den Bewohnern dieser Siedlung durchgesickert. Und als die ehemaligen Bionten
Weitere Kostenlose Bücher