1583 - Das Mädchen und der Nakk
hatte, schien mittlerweile nicht einmal mehr die Folie wert zu sein, auf der es geschrieben war. „Die Frage ist nur, ob die Nakken mehr Erfolg haben werden als wir", gab Tifflor zu bedenken. „Vielleicht war etwas hier, aber es ist längst wieder verschwunden."
„Dann muß es Spuren hinterlassen haben."
„Irgendwelche Anomalien", vermutete Julian Tifflor. „So ist es."
„Und wie sollen wir die finden?"
„Das weiß ich auch nicht", erwiderte Sato Ambush abweisend. „Laßt euch etwas einfallen."
Du hast gut reden! dachte Tifflor ärgerlich. Du sitzt auf Terra im Waringer Building und hältst sämtliche Computer in deiner Reichweite auf Trab, damit sie für dich denken. Und was kommt dabei heraus? LASST EUCH ETWAS EINFALLEN! Darauf wäre ich auch ohne deine Hilfe gekommen!
Er beendete das Gespräch.
Die Abbilder der beiden Wissenschaftler verschwanden. Statt dessen zeigte das holographische Feld das Gaunlin-System und dessen Umgebung. Verschiedenfarbige Punkte stellten die in diesem Gebiet befindlichen künstlichen Objekte dar. Ein roter Punkt kennzeichnete das Schiff der Nakken.
Der Dreizack suchte draußen im interstellaren Raum herum, jenseits der Grenzen des Gaunlin-Systems. „Da waren wir auch schon", murmelte Tifflor nachdenklich. „Da ist nichts. Und wenn Ihr euch noch so lange dort herumtreibt: Da werdet ihr nichts finden."
Julian Tifflor beobachtete den Dreizack. Je länger er dem roten Punkt zusah, desto nachdenklicher wurde er.
Irgend etwas war seltsam an dieser ganzen Sache.
Die Nakken waren zunächst ins Gaunlin-System eingeflogen - schnell und zielstrebig, als wüßten sie ganz genau, wohin sie sich zu wenden hatten.
Und dann - ganz plötzlich - hatten sie abgedreht, waren aus dem System hinausgerast und kreuzten nun dort draußen, als erwarteten sie, daß sie den ersehnten Hinweis auf ES oder Wanderer irgendwo im Leerraum finden könnten.
Oder als hofften sie, daß die lästigen Terraner sich alsbald wieder von dannen machen würden.
Vielleicht aber auch, als fühlten sie sich bei einer Tätigkeit ertappt, bei der sie nicht gerne erwischt werden wollten.
Waren die Nakken deshalb so schnell weitergeflogen?
Hatten sie einfach ein schlechtes Gewissen?
Ging es etwa gar nicht um eine Spur, die ES möglicherweise hier hinterlassen hatte, sondern um etwas ganz anderes?
Julian Tifflor ließ sich den ganzen Vorgang noch einmal vorspielen.
Der Dreizack kam herangerast, und sein Kurs hätte ihn ohne jeden Zweifel direkt nach Nobim geführt. Aber plötzlich war das seltsame Raumschiff von seiner Bahn abgewichen, hatte einen regelrechten Haken geschlagen und war dann mit verdächtiger Eile davongesaust.
Es ließ sich nicht mit letzter Klarheit beweisen, aber Tifflor hätte seine Hand dafür ins Feuer gelegt, daß die Kursänderung des Dreizacks genau in jenem Moment erfolgt war, als die Nakken das terranische Raumschiff entdeckt hatten.
Das alles konnte Zufall sein.
Oder auch nicht.
Auf jeden Fall erinnerte das Verhalten der Nakken in geradezu frappierender Weise an einen Dieb, der die Hand bereits nach der Beute ausgestreckt hatte, im letzten Moment merkte, daß er beobachtet wurde, und dann so tat, als habe er etwas ganz dringend auf der andere Straßenseite zu tun. „Gibt es auf Nobim etwas, das für die Nakken interessant sein könnte?" fragte Julian Tifflor gedehnt.
Die Antwort des Syntrons kam innerhalb einer Sekunde: „Nein,"
„Gib mir die Aufzeichnungen aller Bewegungen, die das Schiff da draußen im Leerraum bisher vollführt hat!"
Im holographischen Feld erschienen weiße Linien, die sich durch die lichtlose Schwärze des interstellaren Raumes schwangen und ein eigenartiges, symmetrisches Muster ergaben. „Ihre Suche hat also ein Zentrum", stellte Julian Tifflor fest. „Ist das der Punkt, den man auf Terra für die Manifestation errechnet hat?"
„Die Berechnungen waren nicht genau genug, als daß ich diese Frage mit der von dir gewünschten Eindeutigkeit beantworten könnte", erklärte der Syntron. „Eine unserer Sonden war dort und hat nichts registriert, was in irgendeiner Hinsicht ungewöhnlich wäre."
Also war dort wahrscheinlich auch nichts.
Trotzdem wäre Julian Tifflor am liebsten losgeflogen, um sich mit eigenen Augen davon zu überzeugen, daß die Nakken nicht etwa drauf und dran waren, ihm den ersehnten Hinweis vor der Nase wegzuschnappen.
Immerhin: Solange die Nakken dort draußen blieben, konnte man sie mühelos im Auge behalten.
Wenn sie etwas
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