1584 - Seelenlos
sich nur nach ihr erkundigt hatte. Das würde sie schon noch herausfinden.
Ein junges Mädchen mit blonden Zöpfen kam zu ihr an den Tisch und erkundigte sich nach ihren Wünschen.
Jane bestellte Kaffee und noch ein weich gekochtes Ei. Danach ging sie zum Büfett.
Es gab so einiges, um satt zu werden. Die Dickmacher ließ sie liegen. Sie war mehr für Vollwertkost, und als sie die Körner in eine Schale häufte, musste sie an John Sinclair denken, der davon gesprochen hätte, dass er kein Vogelfutter aß. John war mehr für ein deftiges Frühstück.
Jane nahm auch von dem geschnittenen Obst, dazu zwei dünne Knäckebrotschnitten und ging zurück an ihren Tisch, wo der Kaffee bereits serviert war.
Sie fühlte sich wesentlich entspannter als in der Nacht. Die leichte Beule an ihrem Kinn hatte sich zurückgezogen. Zu sehen war nur noch ein schwacher blauer Fleck, den sie fast weggeschminkt hatte.
Sie ließ es sich schmecken. Das Ei wurde serviert, das Jane aufklopfte und sehr zufrieden war. Es war perfekt gekocht worden.
Allmählich stieg ihre Laune wieder. Spätestens bis zum Mittag würde John eingetroffen sein, dann konnte man weitersehen. Vor allen Dingen war es wichtig, diesen Alex Nicolic zu finden.
Von nun an ging es nicht mehr nur um Geldwäsche, sondern auch um etwas Unheimliches, das für Jane noch nicht zu erklären war.
Sie wollte sich davon den Appetit nicht verderben lassen und schaltete die Gedanken aus.
Eine Mitarbeiterin von der Rezeption betrat den Raum. Sie hielt ein Telefon in der rechten Hand, schaute sich kurz um und kam auf Jane Collins zu.
»Ein Anruf für Sie, Miss Collins.«
»Danke.« Jane nahm das Telefon an sich. Sie wusste nur, dass es nicht John Sinclair war, der sie anrief. Bei ihm hätte sich ihr Handy gemeldet.
»Ja?«, sagte sie.
»Und du bist Jane.«
»Wer will das wissen?«
Ein Lachen erklang. Danach erst die Männerstimme.
»Kannst du dir das nicht denken?«
Ja, das konnte sie. Jane hatte die Stimme bereits in der letzten Nacht gehört. Nur hatte sie da weniger sicher geklungen, und Nicolic hatte davon gesprochen, keine Seele mehr zu haben.
»Okay, Alex, kommen wir zur Sache.«
»Gern.«
»Was ist mit Ihnen passiert? Wir haben uns treffen wollen, aber plötzlich wurde alles anders. Sie haben sich verändert. Sie sind von einer fremden Macht übernommen worden. Sie haben kein Seele mehr, wenn ich Ihnen glauben darf, aber ich habe den Grund unseres Treffens nicht vergessen, und den sollten wir auch jetzt nicht aus den Augen lassen. Denken Sie daran, weshalb wir überhaupt hier in Basel sind.«
»Das weiß ich.«
»Dann ist es ja gut.«
»Vielleicht für dich, nicht für mich. Ich bin jetzt ein Anderer und ich muss keine Angst mehr haben.«
»Umso besser. Dann können wir die Angelegenheit ja hinter uns bringen. Sie wissen, wo ich wohne. Ich denke mal, dass auch Sie hier eingecheckt haben.«
»Sehr schlau.«
»Sollen wir uns in der Lobby treffen? Oder auf Ihrem Zimmer? Machen Sie einen Vorschlag.«
»Nichts dergleichen.«
»Aha, und warum nicht?«
»Ich werde von nun an alles bestimmen.«
»Das haben Sie doch sowieso schon. Sie allein sind auf die Idee mit Basel gekommen. Denken Sie daran, dass es Ihr Vorschlag gewesen ist.«
»Bleib ruhig, Jane. Es wird sich alles richten. Und versuche nicht, mein Zimmer zu betreten. Ich bin nicht dort. Aber ich bin immer da, wenn du verstehst…«
»Nein, das verstehe ich nicht.«
»Dann freu dich drauf.«
Es war alles, was Jane Collins hörte. Alex Nicolic hatte aufgelegt.
Jane blies die Luft aus. Mit diesem Anruf hatte sie nicht gerechnet. Sie wusste jetzt, dass man ihr auf den Fersen war und sie beobachtet wurde, und sie konnte nur hoffen, dass sich Nicolic so lange zurückhielt, bis John Sinclair eingetroffen war. Zudem hatte ihr der Serbe bestätigt, dass er ebenfalls hier im Hotel abgestiegen war.
Ihr Plan war in die Binsen gegangen. Daran gab es nichts zu rütteln. Sie hatte damit gerechnet, Informationen über die Geldwäsche zu erhalten. Es ging dabei um eine osteuropäische Mafia, die ihre Finger in vielen Geschäften hatte. Jetzt aber waren durch die Ereignisse der vergangenen Nacht die Karten nicht nur neu gemischt worden, es gab sogar ein neues Spiel, und das zu begreifen fiel der Detektivin schwer.
Jane hatte das Telefon neben die Tasse gelegt, die sie nun anhob und trank. Der Kaffee war nicht mehr heiß, sie leerte die Tasse trotzdem und machte sich Gedanken darüber, wie es jetzt weitergehen
Weitere Kostenlose Bücher