1585 - Monsterfahrt
Anweisung von oben, dass kein Staub aufgewirbelt werden darf. Da sind sich die Deutschen und die Polen mal einig gewesen.«
»Na ja, wir werden es erleben.«
»Das denke ich auch.«
Dolny ging noch immer. Eine Gasse gab es nicht. Sie fuhren quer über das Gelände, mussten einige Male einem Zaun aus Stacheldraht ausweichen und sahen dann einen aufragenden Hang vor sich, der mit Strauchwerk bewachsen war. Vor dem Hang stand ein flaches Gebäude, das alles andere als wohnlich aussah und dessen Scheiben fast blind waren.
Vor der Tür hielt Dolny an. Er holte einen Schlüssel aus der Tasche und öffnete.
»Soll ich mit hineingehen?«, fragte Katja.
»Wenn du willst.«
»Ungern, aber ich komme mit.«
Beide stiegen aus. Dolny wartete an der Tür. Als die beiden näher kamen, blickte Katja zum ersten Mal in die Augen des Polen. Sie waren so kalt wie Kieselsteine und starrten sie an, als wollten sie sich in ihre Stirn bohren. Unwillkürlich umfasste sie Romans Hand und fühlte sich gleich etwas besser.
»Das ist der Bau!«
Roman strich über seinen Oberlippenbart. »Sieht nicht eben einladend aus.«
»Die Leute sollten malochen und nicht in einem Luxushotel wohnen. Das ist doch wohl klar.«
»Verstehe.«
»Okay, dann geht rein. Ihr zeigt mir dann später, was ihr rausgeholt habt.«
»Trauen Sie uns nicht?«
»So ist es.«
»Nein Vater ist übrigens der Fahrer des Wagens gewesen. Er lenkte den Bus. Das nur zur Information.«
»Ist mir egal. Ich will nur nicht, dass irgendwelche Typen hier herumschnüffeln. Besonders keine von jenseits der Grenze.«
»Aha, die alten Vorurteile sind noch immer vorhanden.«
»Bei euch etwa nicht?«
»Doch, leider.«
»Und jetzt geht rein und sucht euch die verdammten Klamotten raus.« Dolny nickte und ging weg.
»Der Typ ist wirklich ein Arsch!«, stellte Katja fest.
»Sogar ein riesengroßer.«
»Ist er auch gefährlich?«
Roman war nicht in der Lage, eine genaue Antwort zu geben. Zudem wollte er seine Frau nicht beunruhigen, hob nur die Schultern und ging auf den offenen Eingang zu, wo Dolny noch wartete und breit grinste.
»Dann schaut euch mal um.«
Die jungen Eheleute betraten den Bau. Roman wusste nicht, was er hier wirklich suchen sollte. Er setzte darauf, dass ihm irgendetwas einfiel. Katja drehte sich noch mal um. Sie verzog dabei den Mund und flüsterte: »Wenn ich ehrlich und es nicht anders wüsste, dann würde ich sagen, dass dieser Dolny die Männer getötet hat. Aber er hat Hände und keine Krallen. Auch einen Mund und kein Maul.«
»Kannst du dir denn vorstellen, dass er mit diesem Monster unter einer Decke steckt?«
Katja erschrak. »Verflixt, daran habe ich noch gar nicht gedacht.« Sie fasste ihren Mann wieder an.
»Meinst du das wirklich?«
»Mir schwirrt so einiges durch den Kopf. Ich sage dir, dass das, was wir hier erleben, nicht mehr normal ist. Hier stimmt etwas nicht. Es hat sich auch niemand von den Dorfbewohnern blicken lassen - abgesehen von Dolny. Wahrscheinlich müssen wir uns noch auf einige Überraschungen gefasst machen.«
»Und wie könnten die aussehen?«
Roman wollte ihr eine Antwort geben, doch er kam nicht mehr dazu, weil er hinter sich ein Geräusch hörte, das ihn zwang, sich umzudrehen. Er sah, dass sich die Tür bewegte. Dolny drückte sie so schnell von außen zu, dass Roman nicht mehr dazu kam, sich dagegen zu werfen. Plötzlich standen er und seine Frau im Halbdunkel, denn auch durch die schmutzigen Fenster fiel kaum Licht.
Erst nach einigen Sekunden hatte er die Überraschung überwunden.
»He«, rief er, »was soll das?«
Die Antwort bestand aus einem hämischen Lachen.
Katja lief vor, drückte die Klinke, erreichte nichts und hämmerte mit den Fäusten gegen die Tür:
»Sind Sie wahnsinnig geworden?«, schrie sie. »Was soll das? Schließen Sie sofort wieder auf!«
Das Lachen war wieder da. Danach auch die Stimme.
»Ihr müsst keine Angst haben. Ich werde die Tür schon wieder öffnen. Aber ich will sichergehen, dass ihr nichts aus der Baracke schafft und in eurem Wagen versteckt. Ist das klar? Und jetzt sucht mal schön.«
Katja atmete schwer. »Der ist irre, Roman. Der hat nicht mehr alle Tassen im Schrank.«
»Irrtum, die hat er schon, verlass dich darauf. Der weiß genau, was er tut. Ich glaube sogar, dass er zuvor hier gewesen ist und geplündert hat.«
»Meinst du?«
»Ich traue ihm alles zu. Das ist ein regelrechter Hundesohn. Solche Typen gibt es in allen Ländern. Ich habe den Eindruck, dass er
Weitere Kostenlose Bücher