1586 - Leichenräuber
James musste schlucken, bevor er fragte: »Sie - ähm - Sie wollen unsichtbar werden?«
»So ist es.«
Der Superintendent blies die Luft aus.
»Ja, wenn ich ehrlich bin, kann ich dagegen nichts sagen. Sie sind der Soldat, Suko, ich nur der Stratege. Wenn Sie meinen, dass Sie diese beiden Waffen haben müssen, ich habe nichts dagegen.«
»Danke.«
»Tun Sie Ihr Bestes.«
Er schlug kurz auf den Schreibtisch.
»Da ist noch etwas, wenn ich mich recht erinnere«, sagte er nach eine Weile des Schweigens. »Wollen Sie nicht die Feuerwehr auf das Gelände holen, damit der Tote geborgen werden kann?«
»Ja, Sir. Das möchte ich aber verschieben. Ich will die Kollegen nicht unnötig in Gefahr bringen.«
»Kann ich verstehen. Und wann wollen Sie los?«
Suko lächelte. »So bald wie möglich. Ich muss mich nur noch mit Bill Conolly wegen der Goldenen Pistole kurzschließen.«
»Was ist denn mit Shao?«
»Wieso? Was soll sein?«
»Werden Sie Ihre Partnerin über den Einsatz informieren?«
»Das werde ich nicht tun. Ich möchte, dass Shao zu Hause bleibt. Diesmal schon.«
»Und Sie kennen Shao gut?«
»Sehr gut sogar.«
»Dann ist ja alles klar, und ich kann Ihnen nur beide Daumen drücken…«
***
Shao hatte sich sehr wohl Gedanken über ihren Alleingang gemacht. Manchmal gab es eben Situationen im Leben, da konnte man nicht anders handeln.
Und so war es hier. Sie musste den Weg zusammen mit Shini gehen, auch wenn er alles andere als geradeaus war.
Die Chinesin hatte den BMW genommen. Shini saß schweigend auf dem Beifahrersitz. Sie wirkte sehr ruhig und gefasst, was sie nicht wirklich war, und es war deutlich von ihrem Gesicht abzulesen, dass die Angst sie fest in ihren Krallen hielt.
Auf der einen Seite war Shini froh, endlich zum Ziel zu kommen, was sie Shao noch mal gesagt hatte, auf der anderen aber fürchtete sie sich vor diesem Finale.
Shini wusste nicht genau, wer diese drei Typen waren. Man konnte durchaus von Kannibalen sprechen. Das waren letztendlich auch die Ghouls, nur hatten diejenigen, mit denen sie es zu tun hatten, nicht diesen widerlichen Schleimüberzug.
»Was meinst du, wie es weitergeht, Shao?«
Die Chinesin überholte gerade einen Lastwagen.
»Ich kann leider nicht in die Zukunft schauen und will nur hoffen, dass wir besser sind.«
Shini nickte, bevor sie meinte: »Wir sind nur zu zweit.«
»Bestimmt nicht.«
»Du meinst, dass sich auch Suko auf dem Friedhof zeigen wird?«
»Damit rechne ich. Das muss er einfach. Ihm bleibt nichts anderes übrig.« Sie lächelte schmal. »Wie ich ihn einschätze, wird er auch damit rechnen, dass ich nicht in der Wohnung bleibe und abwarte, bis er alles gerichtet hat.«
»Dann bekommst du Ärger?«
»Das glaube ich nicht.«
Shini war mit ihrer Fragerei noch nicht am Ende.
»Es ist so, als wären wir waffenlos.«
»Wie kommst du darauf?«
»Ganz einfach. Diese widerlichen Typen sind uns doch in allem über. Oder glaubst du, dass man sie einfach durch eine Kugel töten kann?«
Shao hob die Schultern.
»Ich gehe davon aus.«
»Die Antwort beruhigt mich nicht.«
»Das weiß ich. Ich kann dir nur sagen, dass Ghouls durch geweihte Silberkugeln ihre Existenz verlieren. Das hat Suko auch bewiesen, als er in der Fallgrube gefangen war und eine dieser Kreaturen vernichtet hat.«
»Sind die anderen Wesen nicht stärker?«
»Darüber denke ich jetzt nicht nach.«
»Ich aber«, flüsterte Shini.
»Okay, das ist dein gutes Recht. Nur frage ich mich, was dich auf den Friedhof getrieben hat. Du hast doch gewusst, wie gefährlich dieses Trio ist.«
»Schon. In mir hat es einfach gekocht. Man hat mir genommen, was ich liebte. Irgendetwas ist dann bei mir im Kopf ausgerastet.« Sie tippte gegen ihre Stirn, um es zu unterstreichen. »Es war mir sogar egal, ob ich am Leben blieb oder nicht.«
»Aha.«
»Nur denke ich jetzt etwas anders darüber.«
»Das weiß ich. Sonst würdest du nicht hier neben mir sitzen.«
Shini stöhnte leise. »Ich bin wohl verrückt.«
»Nein, du hast nur menschlich reagiert. Das ist der große Unterschied.«
Das Gruftie-Girl warf Shao einen nachdenklichen Blick zu, ohne ihn mit einem Kommentar zu begleiten. Dann sah sie wieder nach vorn und stellte fest, dass sie bereits die Umgebung des Friedhofs erreicht hatten.
Hier standen nur noch wenige Häuser auf der linken Seite der Straße. Rechts befand sich bereits ein lichter Grüngürtel, der dann in den Friedhof überging.
Shini wunderte sich darüber, dass Shao ihren
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