1589 - Der steinerne Templer
Lichtarm wieder in das Dunkel stechen.
Die Person stand noch immer an derselben Stelle. Trotzdem war es zu einer Veränderung gekommen.
Der Mann hielt etwas in der Hand. Es war ein langer Gegenstand, der in die Höhe stach, sodass sich auf ihm das Licht verfing und ihn zum Glänzen brachte.
»Das kann nicht sein, Jean«, ächzte Pierre.
»Was denn?«
»Der ist bewaffnet!«
»Will er schießen?«
»Nein, das kann er nicht mit einem Schwert!«
Es war die nächste Überraschung, die beide Männer einfach sprachlos machte.
Keiner von ihnen konnte mehr reden. Zugleich breitete sich auf beiden Gesichtern eine Gänsehaut aus.
Schließlich fand Pierre die Sprache wieder.
»Das ist zu viel, Jean. Ich informiere jetzt die Zentrale.«
Jean wollte nicken, was er nicht mehr schaffte, denn er hatte etwas gesehen.
»Hinter dir, Pierre…«
»Wieso?«
Jean sprang hoch, denn aus der Dämmerung hatten sich zwei Gestalten gelöst, sie zuvor noch verborgen gewesen waren. Jetzt standen sie fast in Greifweite, was auch Pierre sah, denn er hatte sich umgedreht.
Es waren schwarze Wesen, die ihre Gesichter durch Masken unkenntlich gemacht hatten. Eines allerdings war deutlich zu sehen. In ihren Händen hielten sie lange Waffen. Schmale Schwerter, die beide mit blitzschnellen Bewegungen anhoben und plötzlich an killende Ninja Kämpfer erinnerten.
Einen Moment später griffen sie an!
***
Paris am frühen Abend war durchaus mit London zur selben Zeit zu vergleichen, wenn es um den Verkehr ging. Ich war froh, nicht fahren zu müssen. Den Job hatte wieder der Kommissar übernommen. Ich saß neben ihm und Vidal hockte auf dem Rücksitz.
Wir hatten es eilig zur Ile de la Cité zu kommen, und deshalb drehte sich auch das Blaulicht auf dem Dach. Viel brachte es nicht.
Ich hatte den Eindruck, dass die meisten Fahrer blind durch die Gegend fuhren, denn man machte uns kaum Platz, was teilweise wegen der Enge der Straßen auch gar nicht möglich war.
Draußen vor den Scheiben lief die Umgebung ab wie ein Film, der mal angehalten wurde oder sich schneller bewegte.
Voltaire fluchte. Hin und wieder kamen wir etwas besser durch, dann aber ballte sich der Verkehr wieder zusammen, und so waren wir oft gezwungen, anzuhalten.
»Manchmal hasse ich meine Stadt!«
Ich nickte. »Kann ich verstehen.«
Auf der Rue de Seine, die eine Einbahnstraße war und in Richtung Norden auf den Fluss zuführte, klappte es besser, weil die Fahrbahn breiter war. Auch der Kommissar gab sich entspannter, was er durch ein Nicken ausdrückte. Hier hatten die Fahrer auch bessere Ohren und machten uns Platz.
»Das schaffen wir noch, John.«
»Es gibt doch keine bestimmte Uhrzeit, an die wir uns halten müssten.«
»Bei mir schon. Ich will nicht durch die Dunkelheit laufen.«
»Das werden wir wohl kaum schaffen.«
»Mal sehen.«
Ich hatte gehört, dass wir über die Seine mussten, weil die Straße am Südufer nur in die verkehrte Richtung zu befahren war. Zuerst über die Pont des Arts fahren, danach ein Stück zurück am anderen Ufer, bis wir über die Pont Neuf auf die Insel rollen konnten.
Äußerlich war ich ruhig. In meinem Innern vibrierte es jedoch. Ich war inzwischen überzeugt, dass wir auf der Insel richtig waren und dass es auch Zeit wurde, dass wir eintrafen. Dafür sprach mein untrügliches Gefühl.
Der Kommissar ärgerte sich noch über etwas anderes. Es passte ihm nicht, dass man ihm noch nicht Bescheid gegeben hatte, wie es in der Umgebung des alten Einstiegs aussah. Dabei hatten seine Kollegen von ihm die exakten Infos erhalten.
»Lass ihnen noch etwas Zeit«, sagte ich.
»Die haben wir aber nicht. Ich hoffe nur, dass wir keinen Fehlschlag landen.«
»Abwarten.«
Die erste Brücke lag vor uns. Da sie recht leer aussah, gab der Kommissar Gas. Wir schössen auf sie zu, rollten über sie hinweg und erreichten das Nordufer des Flusses.
»Jetzt kann uns nicht mehr viel passieren, John.«
»Wenn du das sagst.«
»Und ob.«
Busse waren auch noch im Weg. Sie schafften die Touristen von der Insel. Natürlich über die Brücke, die wir uns ausgesucht hatten, und Voltaire konnte wieder fluchen, weil es plötzlich durch den Gegenverkehr verdammt eng geworden war.
Wir schafften es trotzdem, die Insel zu erreichen, auf der nicht nur die weltberühmte Kathedrale Notre Dame stand, sondern auch die Polizeipräfektur, die die Sûreté beherbergte, sowie der Justizpalast, ein mächtiges Bauwerk, an dem wir vorbeifuhren, um zum anderen Ende der
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