1590 - Prophet der Hölle
gedacht, dass dich die Tiere zerfleischen werden? Nein, sie dienen nur meine Sicherheit.«
Dick Rubin fühlte sich wieder so weit okay, um der Gefahr ins Augen zu sehen.
Vor ihm war die Gittertür aufgezogen worden. Sein Entführer schob sich in das Verlies hinein, und Dick konnte erkennen, dass er sich umgezogen hatte.
Sein Körper wurde von einem violetten Talar verhüllt, der am Hals geschlossen war. Beide schauten sich an, und Rubin fragte sich, ob sein Entführer noch menschliche Augen hatte, denn was da in den Höhlen lag, das konnte ebenso gut einem Tier gehören.
»Weißt du, warum ich hier bin?«
Dick schüttelte den Kopf.
»Ich will es dir sagen. Ich nehme dich mit nach oben. Und dort kann sich dein Schicksal entscheiden. Es liegt an dir. Deshalb rate ich dir, genau über deine Reaktionen nachzudenken.«
»Ja.«
»Dann komm.«
Dick wurde eine Hand entgegengestreckt, die er allerdings nicht nahm.
Er wollte so lange wie möglich seine Schwäche verbergen und schlurfte nach vorn.
Die Wölfe blieben an seiner Seite, berührten ihn mal, bissen aber nicht zu.
Nachdem er die Zelle verlassen hatte, überkam ihn für einen Moment ein gutes Gefühl. Sogar der Gedanke an Freiheit zuckte durch seinen Kopf.
Dann wurde sein Gedankengang durch das unterbrochen, was er sah.
Sein Verlies war nicht das einzige innerhalb des Kellergangs. Er sah noch mehrere, und alle waren mit einer Gittertür versehen. Er glaubte auch, ein Stöhnen gehört zu haben, bevor Damian mit seinen Wölfen erschienen war.
Beim Gehen warf er einen vorsichtigen Blick in die anderen Zellen hinein. Auch sie waren besetzt. Dick Rubin erschrak vor diesen Gestalten, die auf ihn den Eindruck machten, mehr tot als lebendig zu sein. Ein Gefangener hatte ihm das Gesicht zugedreht, das scheußlich aussah und ihn entfernt an einen Totenschädel erinnerte.
Er hütete sich davor, Fragen zu stellen, und ging mit kleinen Schritten auf die Treppe zu. Sie bestand aus schmalen und steilen Stufen. Einfach war sie nicht zu gehen.
Die Wölfe blieben bei ihm, als wären sie seine besten Freunde. Nur war das ein Irrtum. Sollte er irgendetwas tun, was ihnen oder Damian nicht gefiel, würden sie sofort über ihn herfallen, und das wollte er auf keinen Fall riskieren.
Die Stufen waren zu schmal, als dass Mensch und Tier hätten nebeneinander gehen können. So liefen die beiden Wölfe vor und lauerten am Ende der Treppe auf ihn.
Er hörte sie. Das leise Knurren war typisch. Aber seine Gedanken drehten sich um etwas anderes.
Ihm gingen die Menschen nicht aus dem Kopf, die er in den anderen Verliesen gesehen hatte. Wie tot hatten sie ausgesehen. Als er näher darüber nachdachte, wollte er dem nicht zustimmen. Sie waren nicht tot.
Sie waren anders oder zu etwas anderem gemacht worden.
Mühsam ging er die Treppe hoch. Da es kein Geländer gab, musste er sich an den Wänden abstützen, um nicht zu fallen. Als er zu sehr schwankte, ging er sogar auf Händen und Füßen weiter.
Hinter sich hörte er das Lachen seines Entführers. Das machte Dick nichts mehr aus, denn er war froh, aus dem Keller zu kommen und in die Oberwelt zurückzukehren.
Die Dunkelheit schwand dahin. Am Ende der Treppe stand eine Tür offen. Er konnte in einen Flur schauen, in dem es nicht finster war. Es brannte aber kein Licht. Die Helligkeit fiel durch normale Fenster, die zwar klein waren, aber immerhin noch so groß, dass sie genügend Licht ins Haus ließen.
Ohne es von innen genau gesehen zu haben, wusste Dick Rubin, dass es ein recht kleines Haus war. Noch hatte man ihm nichts befohlen, aber er traute sich auch so nicht, weiterzugehen, und so blieb er nach wenigen Schritten stehen.
Damian folgte ihm. Sein Gesicht war eine Fratze des absoluten Triumphs. Dieses Grinsen widerte Rubin an. Er konnte sich vorstellen, welch böser Plan im Kopf des Mannes Gestalt annahm.
Er war der Prophet. Was er sagte, würde eintreffen. Und er war nicht nur ein einfacher Prophet, sondern ein Prophet der Hölle, einer der mit dem Teufel auf gutem Fuß stand.
Damian schob sich an ihm vorbei und sagte: »Folge mir.«
Es war einfach. Der Prophet ging auf die nächste Tür zu und öffnete sie.
Auch die Wölfe huschten in den dahinter liegenden Raum und waren schnell verschwunden.
Dann ging Dick Rubin. Erzitterte, er fror, er musste zwinkern, weil sich seine Augen noch immer nicht an die Helligkeit gewöhnt hatten, die sich in dem Raum, den er nun betrat, noch intensiver ausbreitete.
Es war kein
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