1590 - Prophet der Hölle
ehe wir uns begrüßten.
»Ich verstehe das nicht.« Er staunte weiter. »Werwölfe sind das doch nicht - oder?«
»Richtig.«
Johnny schaute mich an. »Und warum sind sie dann hier? Das muss doch einen Grund haben.«
»Den hat es ganz sicher, aber danach forschen wir noch. Und wenn du an Nadine Berger denkst, bist du auf dem falschen Dampfer.«
»Das ist mir tatsächlich durch den Kopf geschossen.« Er drehte sich um die eigene Achse. »Sind denn noch mehr hier?«
»Wir haben keine Ahnung«, sagte Bill. »Ausschließen können wir es nicht. Komm, wir gehen ins Haus.«
»Okay. Ich fahre noch schnell den Mini in die Garage.«
»Tu das, wir warten auf dich.«
Wenig später war Johnny wieder bei uns.
Bevor Bill die Tür schloss, ließ er seinen Blick noch durch den großen Vorgarten gleiten. Da dort alle Lampen brannten, war es recht hell. Da hätten die Tiere zu sehen sein müssen, falls sie sich nicht in oder hinter Büschen versteckt hielten. Aber davon war nichts zu sehen.
Einigermaßen beruhigt schloss Bill die Haustür ab und schlug vor, in sein Arbeitszimmer zu gehen.
»Ich hole mir noch was zu trinken!«, rief Johnny.
»Ist okay.«
Mit einer Flasche Apfelsaft kehrte er zu uns zurück. Er war längst kein Kind mehr, sondern ein junger Mann mit einem männlichen Gesicht und hellbraunen Haaren, die mittellang wuchsen und an den Ohren auflagen.
»Warum sagt ihr nichts?«
Ich hob die Schultern und erwiderte: »Weil wir auch nicht weiterwissen. So ist das leider.«
»Und wobei wisst ihr nicht weiter?«
»Der Fall ist uns ein Rätsel«, gab ich zu. »Aber er hängt mit dem zusammen, was dein Vater im Internet entdeckt hat.«
»Ach, was denn?«
»Ich werde es dir erzählen«, sagte Bill.
»Da bin ich gespannt.«
Bill fasste sich knapp. Er ließ aber nichts Wesentliches aus. Sein Sohn schaute ihn ungläubig an. Einige Male schüttelte er den Kopf und holte tief Atem.
»Das ist ja verrückt«, murmelte er. »Erst diese Seite im Internet und dann das Auftauchen der Wölfe. Kennt ihr denn den Zusammenhang?«
»Nein«, gab ich zu.
»Du kannst ihn dir ja mal anschauen«, schlug Bill vor.
»Ja, das wäre nicht schlecht.«
Die beiden hockten sich vor den Monitor und riefen die Seite auf.
Ich hielt mich im Hintergrund und wartete auf Johnnys Reaktion, die sogar erfolgte.
»Den kenne ich doch«, flüsterte er. »Was?«
»Ja, Dad. Kein Irrtum. Dieser Glatzkopf ist der Prophet der Hölle. Der verspricht jedem den Tod, der sich bei ihm einloggt. Eine widerliche Type.«
»Das kann mal wohl sagen. Aber woher kennst du ihn?«
Johnny winkte ab. »Der ist eben bekannt. So was spricht sich Schnelle herum.«
»Und wer steckt dahinter?«, erkundigte ich mich.
Johnny drehte sich zu mir um. »Das weiß ich nicht. Bisher habe ich gedacht, dass er ein Spinner ist. Davon turnen im Internet ja nicht wenige herum. Jetzt muss ich das wohl anders sehen. Glaubt ihr denn, dass die Wölfe mit ihm in Zusammenhang stehen?«
»Wir wissen es nicht«, gab ich zurück. »Über irgendwelche Wölfe ist auf der Seite nichts zu lesen. Muss auch nicht. Das kann dann stets eine Überraschung werden. Und zwar für die, die sich bei ihm melden.«
»Und ich denke nicht, dass es wenige sind«, sagte Johnny. »Die Seite wird bestimmt recht oft aufgerufen. Sich ein ungutes Gefühl zu holen ist doch was. Das prickelt, auch wenn man es nicht richtig ernst nimmt. Aber der Kick ist da.«
»Und er entspricht der Wahrheit«, murmelte Bill. Er war sehr ruhig geworden. »Ich frage mich, wie viele Menschen schon auf diese Botschaft reingefallen sind und jetzt dafür büßen müssen.«
»Meinst du, dass es schon Tote gegeben hat, Dad?«
»Ich hoffe es nicht, will es aber auch nicht ausschließen. Ich gehe davon aus, dass er demjenigen User, der die Seite aufgerufen hat, seine Vorhut schickt. Das sind eben die Wölfe, die hier durch die Stadt schleichen. Und diesmal hat er sich uns ausgesucht oder mich. Er braucht anscheinend wieder Nachschub.«
»Wofür?«
»Das weiß ich nicht, Johnny.«
Johnny wandte sich an mich. »Was wisst ihr überhaupt?«
»Leider zu wenig.« Ich hob die Schultern. »Wir können nicht zurückverfolgen, wer diese Seite ins Netz gestellt hat. Es gibt keinen Hinweis. Fachleute könnten es unter Umständen, aber die stehen uns leider nicht zur Verfügung.«
Johnny nickte und starrte den glatzköpfigen Typ an, der aus dem Monitor glotzte.
»Da kommt jedenfalls etwas auf uns zu.«
»Meinst du denn, dass es ihn auch
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