1590 - Prophet der Hölle
Noch in der Nacht hatte er die Wölfe hingeschafft, als dieser Dick Rubin in seinem Verlies gelegen hatte.
Damian erinnerte sich daran, dass er Rubin gegenüber den Namen Conolly und dessen Beruf erwähnt hatte. Schlau war das nicht gewesen, und so musste er damit rechnen, dass sich Rubin mit dem Reporter in Verbindung setzte und ihn warnte.
Was daraufhin folgen würde, das wusste er nicht. Er war jedoch vorsichtig geworden und wollte nichts dem Zufall überlassen.
Deshalb hatte er schon seine Wölfe als Vorhut losgeschickt. Er hoffte, dass sie ihn früh genug warnen würden.
Die vier Veränderten warteten noch darauf, dass sich etwas tat. Erst dann würde er auch sie losschicken, ansonsten konnten sie bei ihm bleiben.
Die Zeit verstrich. Es schien ihm, als würde sie nur langsam vergehen.
Das lag an seiner inneren Unsicherheit, die ihn einfach nicht loslassen wollte.
Er hatte die Kapelle immer gemocht. Sie war ein perfektes Versteck.
Inzwischen allerdings sah er sie mit anderen Augen an. Sie kam ihm mehr wie in Gefängnis vor, in dem er jetzt steckte und wartete. Genau das wollte er nicht. Er musste raus, denn sein ungutes Gefühl steigerte sich immer mehr.
Kein Zögern mehr. Damian glitt auf die Tür zu. Er trat ins Freie. Seine Helfer blieben hinter ihm. Sie taten nichts von allein und warteten auf seine Befehle.
Damit hielt sich Damian noch zurück. Er umging die kleine Kapelle, die keinen Turm hatte, und blieb dort stehen, von wo er den besten Blick auf den Wald hatte.
Dort bewegte sich nichts. Er hörte auch nichts Verdächtiges.
Seine Wölfe sah er auch nicht, aber in seinem Innern spürte er das unangenehme Gefühl, das für ihn so etwas wie eine Warnung war, die er auf keinen Fall überhören durfte. Sollte er hier warten oder eine kurze Strecke in den Wald hineingehen? Es konnte sein, dass die Feinde, wer immer sie auch sein mochten, den Wald schon längst erreicht hatten und nun dabei waren, ihn zu durchqueren.
Eigentlich hätten ihn auch die Wölfe warnen müssen. Das war bisher nicht geschehen.
Er überlegte, ob er auch seine anderen Helfer losschicken sollte, als sich alles von einem Moment zum anderen änderte.
Zuerst hörte er das Heulen seiner Wölfe, das die Stille zerriss.
Er nahm es im ersten Moment nicht als tragisch hin. Es war möglich, dass die Wölfe etwas entdeckt hatten und ihm das mitteilen wollten. Aber den Gedanken musste er sich Sekunden später abschminken, als er den Schuss hörte.
Da wusste Damian, dass die Zeit der Ruhe endgültig vorbei war!
Wir hatten den Wald betreten und uns dabei getrennt, allerdings nur so weit, dass wir uns gegenseitig noch sehen konnten.
Der weiche Waldboden dämpfte unsere Schritte beinahe bis zur Lautlosigkeit. Dass dies nicht ganz der Fall war, lag an dem Laub, das eine dicke Schicht auf dem Untergrund bildete.
Es war noch nichts passiert, doch jeder von uns hing wohl den gleichen Gedanken nach. Irgendwo in dieser Umgebung lauerte unsichtbar die Gefahr.
Wir waren darauf vorbereitet, auf Wölfe zu treffen, aber es musste nicht unbedingt dabei bleiben, denn wir hatten auch die vier Helfer des Damian nicht vergessen.
Wie würde sich der selbst ernannte Prophet der Hölle verhalten? Sich abkapseln und alles auf sich zukommen lassen?
Keiner von uns wusste die Antwort.
Suko war vorgegangen und bildete so etwas wie eine Speerspitze. Bill und ich schauten auf seinen Rücken. Wir sahen, wie er sich durch die Lücken zwischen den Baumstämmen bewegte und hin und wieder auch Hindernisse aus dem Weg schob.
Wie weitläufig der Wald war, wussten wir nicht. Meinem Gefühl nach mussten wir die Mitte des Waldes erreicht haben, als Suko plötzlich stehen blieb und den rechten Arm anhob.
Er musste etwas entdeckt haben.
Noch bevor ich mich mit dem Gedanken vertraut gemacht hatte, sah ich den Schatten, der von rechts auf Suko zuhuschte.
Ich hörte Bill fluchen, sah die blitzschnelle Bewegung des Inspektors und auch, wie dieser Schatten ein wildes Heulen ausstieß und sich dann vom Boden abstieß.
Es war ein Wolf, der Suko angriff und bei diesem für eine zuckende Handbewegung sorgte. Dann schoss er.
Das Tier wurde mitten im Sprung getroffen. Es reichte eine Kugel, um es zu Boden zu stoßen. Jeder von uns hörte das klägliche Jaulen, dann fiel der Körper ins Laub. Seine zuckenden Läufe schleuderten die bunten Blätter in die Höhe, dann lag das Tier still.
Die Wölfe waren also da!
Jetzt war es einer weniger.
Ich rief Suko meine Frage zu.
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