1591 - Beschützer aus dem Jenseits
sie kaum zu tun gehabt, und sie hatte auch das Anderssein der Alma Davies hingenommen.
Jetzt schien alles auf dem Spiel zu stehen. Sie mussten beide genau darauf achtgeben, was sie sagten, sonst konnten ihre Aussagen leicht gegen sie verwendet werden.
Aber sie würde sich zusammenreißen und der Polizei freundlich und kooperativ entgegentreten.
Es war schlecht, dass die Umgebung des Eingangs nicht durch eine Kamera überwacht wurde. So gab es auch keinen Monitor, auf dem sie hätte sehen können, wer sie besuchen wollte.
Das Misstrauen blieb, und sie öffnete ein Seitenfenster nahe der Tür. So konnte sie einen Blick nach draußen werfen. Als sie den Kopf nach links drehte, sah sie tatsächlich einen Mann vor der Tür stehen, den sie nicht kannte. Das machte sie misstrauisch, denn das Tor am Eingang war geschlossen.
Das Außenlicht streifte eine hoch gewachsene Gestalt mit schwarzen Haaren und einem kantigen Gesichtsprofil. Bekleidet war der Mann mit einer Lederjacke.
Frenchy sah, dass er zum zweiten Mal klingeln wollte, und sprach ihn an.
»Wer sind Sie?«
Der Mann zuckte herum, er hatte sich erschreckt.
»Ich bin Officer Sanchez und habe noch einige Fragen an Sie.«
»Ich kann Ihnen nichts sagen.«
»Bitte, ich muss…«
»Gehen Sie wieder. Alma Davies ist nicht in der Lage, Fragen zu beantworten. Die Ereignisse haben sie zu stark mitgenommen. Das müssen Sie doch verstehen und…«
Er kam auf das Fenster zu. Dabei lächelte er sogar.
Frenchy gefiel das Lächeln nicht, weil es ihr zu aufgesetzt und unehrlich erschien. Sie wollte das Fenster wieder schließen, doch das gelang ihr nicht, denn der Mann war schneller. Er stand plötzlich vor ihr und schaute ihr direkt ins Gesicht.
»Sie sind verpflichtet, der Polizei Rede und Antwort zu stehen. Das sollten Sie wissen.«
»Alma ist nicht in der Lage dazu.«
»Und Sie?«
»Ich weiß nichts. Ich bin keine Zeugin. Außerdem würde ich gern Ihren Ausweis sehen.«
»Ja, natürlich, entschuldigen Sie.« Akim Sanchez bewegte seinen rechten Arm normal. Alles wies darauf hin, dass er eine Legitimation aus der Tasche holen wollte.
Frenchys Misstrauen ließ zwar nicht nach, es wurde nur schwächer. Und plötzlich erkannte sie, dass es berechtigt gewesen war. Doch da war es für sie schon zu spät.
Zwei Hände griffen zu und legten sich um ihren Hals. Sie war davon so überrascht worden, dass sie nicht mal zurückzucken können. Innerhalb weniger Sekunden wurde ihr die Luft geraubt. Zwar riss sie den Mund auf, um nach Luft zu schnappen, aber es war nicht mehr möglich. Der Klammergriff um ihre Kehle war zu stark.
Und er blieb auch bestehen. Sanchez dachte gar nicht daran, die Frau loszulassen. Er sah ihr Gesicht, das sich in Todesangst verzerrt hatte, dicht vor sich. Die Augen waren weit aufgerissen.
Sanchez keuchte. Er machte weiter. Er merkte, dass die Frau mit den Beinen zappelte. Im Haus schlug sie mit den Füßen mehrmals auf den Boden. Befreien konnte sie sich nicht, und Sanchez stellte schon bald fest, dass die Bewegungen der Füße schwächer wurden.
Der Blick der Augen brach. Der Mund blieb offen, und auch eine Minute später hatte sich nichts verändert. Bis auf die Tatsache, die dann folgte.
Akim Sanchez wusste, dass die Frau ihm nicht mehr gefährlich werden konnte. Er hatte genügend Tote in seinem Leben gesehen, um zu wissen, dass das Leben aus der Alten gewichen war.
Er hielt die Tote nicht mehr fest. Mit der rechten Hand gab er ihr einen Stoß. Sie fiel zurück ins Haus.
Sanchez war schlank, sodass er keine Schwierigkeiten hatte, durch das Fenster zu klettern, womit er nicht zögerte. Er versuchte nur, die Geräusche in Grenzen zu halten.
Die alte Frau lag verkrümmt am Boden. Sie würde nie mehr aufstehen.
Aber sie war nicht wichtig für Sanchez. Er wollte die junge Frau im Rollstuhl. Sein Plan stand fest. Wenn es eben ging, würde er sie nicht töten. Lebendig war sie ihm mehr wert, denn nur so konnte sie ihm Geld einbringen.
Mit diesem Gedanken machte er sich auf die Suche und hielt in seiner rechten Hand ein Messer mit zweischneidiger Klinge…
***
Es passte Alma Davies nicht, allein im Zimmer zurückzubleiben. Sie hörte auf ihr Gefühl, und das sagte ihr, dass da einiges nicht stimmte.
Das war keine normale Nacht, davon mal abgesehen, und sie ging davon aus, dass sie noch nicht beendet war.
Etwas lauerte im Hintergrund, von dem sie noch keine Ahnung hatte. Sie konnte sich davon keine konkreten Vorstellungen machen. So musste
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