1592 - Der Tiermensch
wickelte sie in ein Küchentuch und ließ sie erst mal liegen. Das Essen konnte warten. Außerdem war es schnell zubereitet.
Inzwischen hatte der Geländewagen das Haus erreicht. Die Scheinwerfer erloschen. Vom Fenster aus beobachtete Maxine, wie der Mann ausstieg und die Tür ins Schloss warf. Er ging die restlichen Schritte noch nicht auf das Haus zu und blieb erst stehen, um sich umzuschauen.
Das verwunderte die Tierärztin. So wie Lynch reagierte jemand, der sich verfolgt fühlte und noch mal nachschaute, ob sich ein Verfolger in der Nähe befand.
Er schien zufrieden zu sein und bewegte sich mit schnellen Schritten auf den Eingang zu. Als er klingelte, befand sich Maxine bereits auf dem Weg.
Im Flur brannte warmes Licht.
Die Tierärztin blieb kurz vor dem großen Spiegel an der rechten Wand stehen, fuhr sich kurz mit den Händen durch die Haare und über ihre Schürze hinweg, dann öffnete sie.
»Hallo, Noah. Schön, dass Sie gekommen sind.«
Es war eine herzliche Begrüßung, die der Biologe nicht auf gleiche Weise erwiderte. Er lächelte zwar, aber dieses Lächeln kam Maxine schon leicht verkantet und aufgesetzt vor. Auch die Worte, die er sagte, klangen leicht verlegen.
»Es tut mir leid, wenn ich störe, aber ich muss einfach mit einem Menschen reden.«
Maxine Wells winkte ab. »Unsinn, Sie müssen sich nicht entschuldigen. Es ist schon okay.«
»Danke.«
»Dann treten Sie mal ein.«
Noah Lynch trat wie ein gehorsames Kind seine Schuhe ab. Auf der Matte blieben einige Blätter kleben. Dann wagte er den ersten Schritt und trat ins Haus.
»Die Jacke können Sie an die Garderobe hängen. Ist es schlimm, wenn wir in die Küche gehen? Ich muss das Essen vorbereiten. Meine Adoptivtochter wird bald zurückkehren, dann hat sie Hunger.«
»Ich störe also doch.«
»Nein, überhaupt nicht.« Maxine stemmte beide Hände gegen den Rücken des Mannes und schob ihn in eine bestimmte Richtung, sodass er wenig später die Küche betrat, die im Landhausstil eingerichtet war, sich umschaute und meinte: »Sehr gemütlich haben Sie es hier.«
»Darauf habe ich auch Wert gelegt.«
Maxine deutete auf den Tisch mit den vier Stühlen.
»Darf ich Ihnen was zu trinken anbieten, Noah?«
»Vielleicht ein Wasser. Ich muss ja noch fahren.«
»Okay, bekommen Sie.«
Sie stellte die Flasche und das Glas auf den Tisch, sodass sich ihr Besucher selbst bedienen konnte, was er auch tat.
»Wenn Sie weiterkochen möchten, bitte, nehmen Sie auf mich keine Rücksicht.«
»Danke, aber das hat noch etwas Zeit. Carlotta sagte mir vorhin übers Handy, dass sie sich etwas verspätet.«
Noah nickte und trank einen kräftigen Schluck. Er sah, dass er gespannt angeschaut wurde, und meinte: »Jetzt fragen Sie sich bestimmt, was mein Besuch bei Ihnen zu bedeuten hat.«
»Das tue ich in der Tat.«
Der Biologe nickte vor sich hin. »Ich weiß auch nicht, ob ich richtig gehandelt habe, aber ich muss einfach mit einem Menschen über das reden, was ich in der vergangenen Nacht erlebt habe.«
Maxine lächelte über den Tisch hinweg. »Ich höre.«
Noah Lynch nahm kein Blatt vor den Mund. Er fragte: »Sagt Ihnen der Name Morgana Layton etwas?«
Maxine musste nicht lange überlegen. »Nein, der sagt mir wirklich nichts.«
»Das habe ich mir gedacht.«
»Und wer ist diese Frau?«
Der Biologe runzelte die Stirn. »Tja, wer ist sie? Eine gute Frage, Maxine. Sie tauchte plötzlich bei mir auf. Und ich muss zugeben, dass sie verdammt attraktiv ist. Als Mann würde ich sie mit dem Begriff Superfrau umschreiben. Sie hat alles, was man sich als Mann von einer Frau wünscht. Zumindest beim ersten Hinschauen. Ich habe mich von ihr faszinieren lassen.«
Sein Gesicht nahm eine leichte Röte an, als wären ihm die weiteren Worte unangenehm. »Auch ich war ihr wohl nicht egal. Jedenfalls hatte sie nichts dagegen, bei mir zu übernachten, und ich brauche Ihnen nicht zu sagen, was geschieht, wenn sich zwei Menschen sympathisch sind und noch ein wenig mehr. Außerdem bin ich nicht eben mit Frauenbesuchen verwöhnt. Und schon bald war es klar, dass wir im Bett landen würden.«
Maxine lachte. »Das ist doch verständlich. Wer kann in der heutigen Zeit noch etwas dagegen haben?«
»Ja«, murmelte der Biologe, »das habe ich auch gedacht. Und dann stand sie plötzlich nackt vor mir.«
»Hm. Wollen Sie ins Detail gehen, Noah?«
»Das muss ich.« Er sah sie ernst an. »Wirklich, es geht nicht anders, Maxine.«
»Dann bitte.«
»Sie stand also nackt
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