1593 - Der Hexentöter
Gaffer versammelt, was nicht lange so bleiben musste.
Die Tote lag auf den Steinen. Selbst die Augen waren verbrannt. Das Feuer hatte nur leere Höhlen hinterlassen, und von den Gesichtsmerkmalen war auch nichts mehr zurückgeblieben.
Suko schaute mich an.
»Er war hier, John.«
Ich konnte nur nicken. Dann drehte ich den Kopf etwas nach links, weil ich über den Steg auf den Ponton schauen wollte, denn von dort war sie gekommen.
Ich erinnerte mich daran, dass die Tür des kleinen Restaurants aufgeflogen war. Jetzt war sie fast wieder zugefallen.
Das Grauen musste Sheena Wild in diesem barackenähnlichen Bau erwischt haben, und der Gedanke an den Hexentöter lag natürlich auf der Hand.
Ich stand auf.
»Willst du zum Haus, John?«
»Ja, was sonst?«
»Okay, ich komme mit…«
»Nein, nein, Suko, bleib du mal hier und behalte den Fluss im Auge. Kann sein, dass jemand versucht, über das Wasser zu fliehen.«
»Lange warte ich nicht.«
»Das ist wohl auch nicht nötig. Bis gleich.«
Ob sich Suko an meine Bitte halten würde, wusste ich nicht. Für mich war die Durchsuchung des kleinen Lokals äußerst wichtig. Ich musste herausfinden, was dort passiert war und wie es dazu kommen konnte, dass ein Mensch plötzlich von Flammen verzehrt wurde, die durch Wasser nicht zu löschen waren.
Unter dem Steg gurgelte die Themse.
In mir stieg immer stärker die Gewissheit hoch, dass mich in der Holzbude eine Überraschung erwartete, die leider auch böse enden konnte.
Vor der Tür hielt ich kurz an und schaute zurück. Suko stand am Ufer und ließ mich nicht aus den Augen. Ich winkte ihm beruhigend zu, denn noch war nichts passiert.
Der nächste Schritt brachte mich direkt bis vor die Tür, die ich aufzog und dabei keinerlei Geräusche von den alten Angeln hörte, weil das Rauschen des Wassers alles übertönte.
Ich warf einen Blick in das Innere des Lokals und hielt für einen Moment den Atem an, weil ich einfach zu überrascht war.
Es gab keine Spuren, die das Feuer hinterlassen hatte. Ich schaute in einen Raum, der einfach nur leer war. Okay, da gab es eine Theke, auch Stühle und Tische waren vorhanden, aber die standen übereinandergestapelt in der Ecke, ein Zeichen, dass das Lokal geschlossen war.
Ich sah niemanden. Ich war hier das einzige menschliche Wesen.
Von der Tür aus suchte ich nach irgendwelchen Spuren, die das Feuer hinterlassen haben könnte. Es gab keine.
Fast hätte ich gelacht, aber das Feuer schien sich nur auf Sheena Wild konzentriert zu haben. Es hatte ansonsten nicht die geringsten Spuren hinterlassen.
Es war auch nichts zu riechen. Vielleicht ein schwacher Rauchgeruch, was ich mir aber auch nur einbilden konnte.
Irgendjemand musste das Feuer entfacht haben, aber darauf wies ebenfalls nichts hin.
Das war schon ungewöhnlich. Mir wurde allmählich klar, dass ich diesen Hexentöter wirklich nicht unterschätzen durfte. Er war offenbar etwas ganz Besonderes. Bei ihm musste man von einem besonderen Gegner sprechen, der mit normalen Mitteln nicht zu bekämpfen war.
Wo steckte er?
Ich hatte niemanden fliehen sehen, dachte allerdings daran, dass dieses Lokal unter Umständen einen Hintereingang hatte, den der Täter als Fluchtweg hätte nehmen können.
Schritt für Schritt näherte ich mich der Theke. Ich achtete natürlich auf eine Reaktion meines Kreuzes, aber da hatte ich Pech. Es strahlte keinerlei Warnung ab.
Und doch hatte ich den Eindruck, dass sich Chinok noch hier aufhielt. Er konnte durch die Tür hinter der Theke verschwunden sein. Es hätte dort ein Boot liegen können, mit dem er über den Fluss geflüchtet war.
Der Gedanke daran gefiel mir. Plötzlich bewegte ich mich schneller. Ich zog auch die Beretta, obwohl mir mein Gefühl sagte, dass ich sie hier nicht brauchen würde.
Und wieder dachte ich an Assunga. Sie hatte Bescheid gewusst. Warum hatte sie nicht selbst eingegriffen und den siebten Mord vereitelt?
Ich verstand sie immer weniger. Das Rätsel vergrößerte sich, und ich gelangte zu keiner Lösung.
Die fand ich auch nicht hinter der Theke. Dafür eine Tür, die zu den beiden Toilettenräumen führte. Aber dort hielt sich auch niemand auf.
Durch ein kleines Fenster in jedem Raum konnte ich nach draußen schauen. Mein Blick fiel über den Fluss auf das andere Ufer. Über dem Wasser lag ein leichter Dunst, der eine klare Sicht verhinderte. Ich sah trotzdem Boote und Schiffe, die unterwegs waren, und es fiel mir auch ein recht kleines Boot auf, das sich in der
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