1594 - Das Böse in dir
schon. Er steht nur in einer Ankleidekabine.«
»Dann warte ich.«
Shao atmete hörbar in mein Ohr. »Ist es denn so wichtig, dass du unbedingt mit ihm sprechen musst?«
»Leider.«
»Dann ist etwas passiert?«
Ich brauchte Shao keine Antwort mehr zu geben, denn ich hörte, wie sie mit Suko sprach und ihm erklärte, dass ich ihn sprechen wollte. Wenig später hörte ich seine Stimme, in der alles andere als Begeisterung mitschwang, was bestimmt nicht am Anruf lag. Eher an der Situation, in der er sich befand.
»Willst du mich fragen, ob mir die Hosen passen?«
»Nein, es geht um etwas anderes, und das ist eine ziemlich ernste Sache.«
»Okay, ich höre.«
Suko war alles andere als begeistert, als er die Neuigkeiten erfuhr. Er war es gewohnt, geduldig zuzuhören, und stellte seine Frage erst zum Schluss.
»Du bist also der Meinung, dass wir alle in Gefahr sind?«
»Ja, und diesmal sehr konkret. In Gefahr schweben wir ja immer, aber jetzt hat es uns wohl erwischt. Ich weiß nicht, wer da noch eine Rechnung mit uns offen hat. Ich kann mir jede Menge vorstellen, und dass es kein Halloween-Spaß ist, steht auch fest. Ich habe großes Glück gehabt, dass ich dem Anschlag entgangen bin.«
»Durch diesen Schlaf er, der aussieht wie Michael Mayers?«
»So ist es.«
»Hast du einen Verdacht, wer sich hinter der Maske verbergen könnte?«
»Nein, den habe ich nicht. Ich weiß gar nichts, abgesehen davon, dass es um einen Schläfer geht. Und auch damit kann ich nicht viel anfangen, denn dieser Begriff passt eher in das Genre des Geheimdienstes.«
»Ja, das ist wohl wahr. Kannst du dich erinnern, ob wir es je mit einem Schlaf er zu tun gehabt haben?«
»Nein, Suko.«
»Okay. Welchen Plan hast du?«
»Das ist ganz einfach. Ich habe Bill versprochen, zu ihm zu kommen. Daran werde ich mich halten. Du musst für dich entscheiden, was du unternehmen willst. Es kann sein, dass der Killer es auch bei dir versucht. Jedenfalls bist du gewarnt.«
»Nun ja, ich schätze eher, dass er die Conollys angreifen wird. Dorthin kommt er besser. Die Lage des Hauses und so weiter…«
»Klar. Daran habe ich auch gedacht.«
Wir entschieden noch nichts. Ob Suko in der Wohnung bleiben oder zu den Conollys kommen würde, wollte er von den gegebenen Umständen abhängig machen, und das konnte ich ihm auch nicht verdenken.
»Wo du mich finden kannst, weißt du ja.«
»Alles klar, John.«
Zu Scherzen war mir nicht zumute. Deshalb wünschte ich ihm auch keinen Spaß beim Shoppen. Wir versprachen uns, die Augen offen zu halten, und ich dachte daran, dass mir eine ziemlich lange und sicherlich auch gefährliche Nacht bevorstand…
***
Der BMW parkte dort, wo Bäume den Straßenrand säumten und zahlreiche Blätter auf der Straße und den Gehwegen eine gefährliche Rutschbahn gebildet hatten.
Es war eine der ruhigen Londoner Wohngegenden, was zumindest an den meisten Tagen des Jahres der Fall war. Aber es gab auch Ausnahmen, und dazu zählte Halloween.
In dieser Nacht waren auch wieder Gespenster, Geister und finstere Gestalten unterwegs, sodass es mit der Ruhe vorbei war.
Einige besonders begeisterte Halloween-Fans hatten sich zusammengeschlossen und dafür einen Treffpunkt auserkoren. Inmitten des Wohngebietes hatten sie auf einem freien Platz einige Stände aufgebaut, Buden, die schnell errichtet und ebenso schnell wieder abgebaut werden konnten. Ein pagodenartiges Sommerzelt war ebenfalls aufgebaut worden. Darunter wurde gegrillt und auch eine Blutsuppe heiß gehalten.
Das alles hatte Laurie Miller bereits in Augenschein genommen, kaum dass ihr die Flucht nach dem missglückten Anschlag in der Tiefgarage gelungen war.
Sie hatte an ihrer Niederlage schwer zu knacken. Dabei war es perfekt gewesen. Der Plan hatte wirklich gut geklappt, nur hatte sie nicht mit der schnellen Reaktion des Opfers gerechnet, und sie hatte ihre Lehren daraus gezogen.
Diesen Sinclair durfte sie nicht noch einmal unterschätzen. Das hatte ihr auch seine Stimme verraten, nachdem sie ihn angerufen hatte.
Ihr unsichtbarer Helfer hatte ihr mehrere Namen zur Auswahl gegeben, so wusste sie auch über die Familie Conolly Bescheid. Sie stand als nächste auf ihrer Liste, und nach ihrer Niederlage hatte sie ihren Frust irgendwie loswerden müssen, deshalb auch der Anruf.
Ob es taktisch klug gewesen war, wusste Laurie nicht. Aber sie wollte ihren Plan auch nicht ändern und sich den Chinesen und seine Freundin als nächstes vornehmen.
Der Name Glenda Perkins
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