1594 - Das Böse in dir
und sie war froh, dass sie ihre Maske nicht aufgesetzt hatte. So würde man nicht wissen, wer wirklich dahintersteckte, wenn die Maske vor ihrem Gesicht saß.
Sie überlegte, wie lange sie noch im Wagen sitzen bleiben sollte. Die Zeit blieb nicht stehen, und bis zur Tageswende waren es nur noch drei Stunden.
So lange warten wollte sie nicht. Zumindest nicht im BMW. Sie wollte sich umschauen und das Haus der Conollys näher in Augenschein nehmen. Verdacht würde sie dabei nicht erregen, denn man kannte sie nicht. Für einen Fremden würde sie aussehen wie eine normale hübsche Frau, die das Halloween-Fest genießen wollte, ohne dass sie dabei mitmachte.
Laurie Miller öffnete die Tür und stieg aus dem Auto. Der rote Schmier war am Glas entlang nach unten gelaufen, sodass die Scheibe schon viel freier geworden war.
Die Maske hatte sie mitgenommen und sie unter der Jacke versteckt, die sie übergestreift hatte.
Sie war okay.
Sie fühlte sich gut.
Sie brauchte keine Angst zu haben, weil sie unter der Obhut ihres Beschützers stand.
Unter diesen Bedingungen freute sie sich, endlich loslegen zu können…
***
»Ich hätte mir nie träumen lassen, Halloween mal in London zu erleben, Johnny. Ehrlich.«
»Es kommt davon, wenn man in fremden Ländern studiert.«
»Was ich bisher keinesfalls bereut habe.«
»Würde ich dir auch nicht raten, Kirsten.«
Sie lachte und drückte Johnny einen Kuss auf die Wange, bevor sie sich bei ihm einhakte.
Johnny kannte Kirsten Weber seit einer Woche. Begegnet waren sie sich in der Mensa, waren dort ins Gespräch gekommen und waren sich auf den ersten Blick sympathisch gewesen.
Kirsten befand sich im ersten Jahr ihres Studiums. Sie hatte ein Zimmer in einem Studentenwohnheim bekommen, und sie war froh, jemanden gefunden zu haben, der ihr die Stadt zeigte, und Halloween kannte sie auch aus Deutschland.
Das dunkelblonde Haar hatte sie zu einer schicken Frisur schneiden lassen, sodass ihr kleines rundes Gesicht davon eingerahmt wurde. Die Haarspitzen endeten in Höhe des Kinns, und wer sie so anschaute, der musste zugeben, dass sie eine tolle Figur hatte. Da war nichts zu üppig, da saß alles an den richtigen Stellen. Dazu hatte sie eine besonders schmale Taille.
Johnny hatte ihr nicht gesagt, wie er sich den Ablauf der Nacht vorgestellt hatte, jetzt aber musste er mit der Sprache herausrücken, als sie schon zum dritten Mal gefragt hatte.
»Ich denke, dass wir in der Gegend bleiben.«
»Was meinst du damit? Auf dem Campus?«
»Kein. Da, wo ich wohne.«
Kerstin schluckte. »Willst du mich zu deinen Eltern schleppen?«
»Nein, nein, keine Sorge. Oder später vielleicht. Ich kenne meine Mutter. Die hat bestimmt was Gutes zum Essen vorbereitet. Das hat sie eigentlich immer.«
»Süßes oder Saures?«
Johnny stieß sie an. »Dir kann man doch nur Süßes anbieten. So süß, wie du bist.«
»Haha…«
»Willst du nicht?«
»Doch, du bist hier der Leader.«
»Okay.«
Das Gespräch zwischen ihnen lag eine gute halbe Stunde zurück. Sie waren dann in die Tube gestiegen und hatten sich in die Nähe ihres Ziels fahren lassen.
Von dort waren sie dann zu Fuß weiter gegangen. Obwohl es noch Abend war, waren einige Schreckgestalten bereits in Gruppen unterwegs. In der Regel waren es Kinder, teilweise in Begleitung Erwachsener, die auf sie aufpassten.
Später wurden die Kinder von Jungendlichen abgelöst, und deren Spaße waren nicht immer zum Lachen.
Kirsten und Johnny ließen sich erschrecken und taten so, als hätten sie Angst. Dann hatten die Kleinen ihren Spaß, was auch den beiden gefiel.
»Schöne Gegend, in der du wohnst«, lobte Kirsten.
»Finde ich auch. Haben meine Eltern damals gut ausgesucht.«
»Was ist dein Vater eigentlich von Beruf?«
»Reporter.«
»Toll!«
Johnny hob die Schultern. »Es geht so. Aber interessant ist der Job schon. Mal sehen, wohin es mich später treibt. Entschieden habe ich mich noch nicht.«
»Hast du nicht mal von der Polizei gesprochen?«
»Ja, das habe ich. Aber das ist nicht sicher. Mein Patenonkel ist bei Scotland Yard, und der wird mich mal reinreichen lassen.«
»Hört sich ja spannend an.«
»Ist es auch.« Jonny wollte auf keinen Fall die Wahrheit erzählen und über das reden, was er in seinem jungen Leben schon alles hinter sich hatte. So sprach er auch nicht davon, dass für eine gewisse Zeit eine Wölfin namens Nadine bei ihm gelebt hatte, die er noch jetzt als seine Freundin und Beschützerin ansah.
»Und was macht
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