1594 - Das Böse in dir
glaube ich auch.«
»Ich bin schuld«, flüsterte er in sein blutiges Taschentuch hinein. »Wäre ich früher von diesem Scheißplatz weggegangen, dann wäre das nicht passiert.«
»Da bin ich anderer Meinung.«
»Wieso?«
»Es wäre auch passiert, wenn du nicht so lange gewartet hättest. Wir müssen davon ausgehen, dass ihr unter Beobachtung gestanden habt. Du brauchst dir wirklich keine Vorwürfe zu machen.«
»Tue ich aber.«
»Okay, dann lass uns jetzt gehen.«
Johnny nickte.
Es war kein weiter Weg.
So schlimm die Verletzung der jungen Frau auch war, Johnny Conolly lebte. Leider war ich zu spät gekommen, und so hatte der Killer fliehen können.
Wer sich hinter der Maske verbarg, wusste ich noch immer nicht. Doch eines stand für mich fest. Der Mörder mit der Maske würde weitermachen.
Oder anders ausgedrückt: Der Schläfer war erwacht…
***
Laurie rannte durch die Dunkelheit. Eine innere Stimme hatte ihr geraten, die Flucht zu ergreifen. Das Messer hielt sie noch immer fest.
Dass von der Klinge Tropfen nach unten fielen und auf dem Boden zerplatzten, bekam sie gar nicht mit.
Sie musste so schnell wie möglich abtauchen und für einige Stunden ein sicheres Versteck finden, wobei die Betonung auf Stunden lag, denn aufgeben wollte sie auf keinen Fall. Dazu war die Nacht noch zu lang.
Wohin?
Sie wusste es nicht. Erst mal weglaufen, aber nicht zu weit, denn sie stand noch immer am Beginn. Keiner derjenigen, die auf ihrer Liste standen, war bisher gestorben, und das konnte sie einfach nicht auf sich sitzen lassen.
Laurie Miller war quer über die Straße gelaufen und dann hinein in einen kleinen Weg, den sie im letzten Augenblick entdeckt hatte und der zwei Grundstücke voneinander trennte.
Hier fühlt sie sich sicher. Die Dunkelheit war hier noch dichter, und niemand würde sie zu Gesicht bekommen.
Sie ging so weit vor, bis sie an ein halbhohes Tor geriet.
Es wäre leicht gewesen, es zu überklettern, dann hätte sie nach dem Überqueren des Grundstücks eine weitere Straße erreicht, durch die das Echo einer Sirene hallte, die auf dem Dach des Notarztwagens angebracht worden war, in der Nähe des rotierenden Blaulichts.
Sie war wütend. Sie blieb am Tor stehen, um nachzudenken. Sie wusste, was sie konnte, denn sie würde sich auch weiterhin auf die Kraft verlassen können, die sie bisher in ihrem Leben begleitet hatte.
Im Moment allerdings fühlte sich Laurie allein.
Sie wusste nicht, wie sie zu ihrer helfenden Macht Kontakt aufnehmen konnte. Die meldete sich immer von allein, wenn es wichtig war.
Pech hatte sie gehabt. Verdammtes Pech. Sie hatte die falsche Person erwischt. Es würde sie allerdings nicht weiter stören, wenn sie starb. Sie hatte sowieso zum Tod ein anderes Verhältnis als die meisten Menschen. Bei ihr fehlte einfach das Gewissen.
Wieder erklang das Jaulen der Sirenen. Der Schimmer des Blaulichts huschte über die Bäume in der Nähe hinweg oder strich geisterhaft über Sträucher und Pflanzen.
Für einige Sekunden war die Umgebung künstlich erhellt, bis sie wieder zurückfiel in die Schwärze der Nacht und so blieb.
Die Halloween-Gesänge waren leiser geworden. Es schien sich herumgesprochen zu haben, was geschehen war.
Aus ihrem Mund drang ein scharfer Atemzug. Er war so etwas wie ein Signal.
Laurie wusste, dass die Conollys jetzt endgültig gewarnt waren. Es würde also noch schwerer sein, an sie heranzukommen. Aber sie war jemand, die nicht unbedingt an bestimmten Plänen festhielt. Sie konnte auch variabel sein, und das musste sie in diesem Fall. Deshalb dachte sie schon über eine andere Aktion nach.
»Du solltest dich anstrengen, meine Liebe. Zu viele Niederlagen hasse ich.«
Da war sie wieder. Die Stimme aus der Hölle. Der Ruf ihres großen Mentors.
Laurie starrte nach vorn in die Finsternis. Dort sah sie eine Bewegung.
Es war ein dunkler, tanzender Schatten, der seine Form ständig wechselte.
Was das genau zu bedeuten hatte, war ihr nicht klar. Aber sie verspürte auch keine Furcht. Dieser Schatten strahlte für sie etwas Vertrautes aus.
Hatte er vielleicht zu ihr gesprochen? Darüber, wie so etwas überhaupt geschehen konnte, machte sie sich keine Gedanken, denn sie nahm alles hin, was sie für sich als positiv ansah.
»Ja, ich werde meinen Plan ändern.«
»Da ist gut.«
»Kannst du mir sagen, was ich tun soll?«
»Das könnte ich«, wisperte die Stimme, »aber das werde ich nicht. Und denk immer daran, dass meine Geduld nicht endlos ist. Sie
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