16 Science Fiction Stories
schwimmen: Sie greift nach seinem Leben.
Da du ein junger Bursche bist, gar nicht mehr ein richtiges Kind, möchtest auch du dem kranken Mann helfen, du möchtest ihm alles erzählen, was du über das kalte Gefühl im Magen weißt, über diese um sich greifende, unsichtbare Amöbe. Du weißt alles über sie – hör zu, du möchtest ihn anschreien, möchtest ihm sagen, daß er sich nicht von der kalten Berührung beunruhigen lassen soll. Er muß nur wissen, was es ist, weiter nichts. Du möchtest es ihm sagen:
Hör zu, so hast du das Ungeheuer gesehen und zergliedert. Hör nur zu, du befandest dich zwischen Hunderten von tropischen Inseln, die von seichten Gewässern umgeben waren; du wolltest tauchen; du hattest einen neuen, blauen Schnorchel, dessen Gesichtsstück und Atemröhre in einem Stück gebaut waren, neue, blaue Flossen an den Füßen und eine neue, blaue Harpune – all dies war neu, denn du hattest gerade erst damit begönnen, verstehst du? Dieser Sport war etwas Neues, auch für dich, du warst vor Freude ganz verrückt, du begeistertest dich an der Entdeckung der Unterwasserwelt. Du warst in einem Boot draußen gewesen, du warst zurückgekommen, du hattest gerade die Mündung einer kleinen Bucht erreicht, da hattest du Lust verspürt, den restlichen Weg zu schwimmen. Das hattest du den anderen gesagt und warst in das warme, weiche Wasser gesprungen. Du hattest deine Harpune mitgenommen.
Es war nicht mehr weit, aber Anfänger unterschätzen Entfernungen im Wasser. Während der ersten fünf Minuten war es wunderschön, die Sonne brannte auf deinen Rücken, und das Wasser war weich und warm, und du fühltest dich, als flögest du. Mit dem Gesicht unter Wasser, der Maske auf dem Kopf, den breiten, blauen Flossen, die das Wasser zur Seite traten, der Harpune, die schwerelos in deiner Hand lag, glittest du durch das sonnenhelle Grün. In deinen Ohren dröhnte das monotone Atmen des Schnorchels, und durch die undurchsichtige Glasplatte deiner Maske sähest du Wunder. Die Bucht war flach – nur drei bis vier Meter tief, sandig, mit Korallen bewachsen, mit phantastischen Seepflanzen und Fischen belebt – außerordentliche Fische! Von roter und grüner Farbe, blau, gold und rosa, dazwischen grau, orange und silber. Und dann erfaßte dich dieses … Ungeheuer.
In dieser fremden Welt gab es Feinde: die sandfarbene, gesprenkelte Seeschlange mit ihrem großen, häßlichen Kopf und dem nach unten gezogenen Mund, die nicht zurückschreckte, sondern den Eindringling beobachtete; gefleckte, breite Fische mit starken Kiefern und Kiemen; Quallen mit langen Fangarmen und Riesenkrebse. Tintenfische und Stachelfische. Aber all dies waren keine Ungeheuer, sie störten dich nicht, sie würden dir nichts anhaben. Denn du glittest über ihnen dahin – gewappnet, intelligent, beruhigt durch die nahe Küste und das Boot. Und doch wurdest du angegriffen.
Zuerst war es nur Unruhe, keine starke Unruhe, nur ein Kontakt, so intim wie der mit der See; du wurdest eingehüllt. Und dann die Berührung – eine kalte, innere Berührung. Als du dich ihrer endlich bewußt wurdest, lachtest du. Wovor solltest du dich auch fürchten? Das Ungeheuer, die Amöbe.
Du hobst den Kopf und blicktest hinauf. Das Boot hatte an der Steilküste zur Rechten angelegt; irgend jemand stocherte noch nach Austern. Du winktest zum Boot hin; du hobst die Harpune, dabei sank dein Körper ein wenig weiter ins Wasser ein, und als hättest du gar keinen Schnorchel auf, warfst du den Kopf ein wenig zurück, um zu armen. Dadurch aber wurde das Ende der Schnorchelröhre unter Wasser gezogen; die Röhre schloß sich; du atmetest eine Handvoll Nichts ein. Du stecktest das Gesicht wieder unter Wasser; der Schnorchel ragte heraus; du bekamst deine Luft und zusammen mit ihr einen Schluck salziges Seewasser. Du hustetest und spucktest es aus, du schlucktest, als du wieder atmen konntest, deine Brust schmerzte, und die Luft, die du einzogst, schien dir nicht gut zu tun.
Du bissest die Zähne aufeinander und bewegtest dich in Richtung auf den Strand zu, du schlugst mit den Armen heftig um dich und wußtest, daß es das Richtige war; und dann sahst du plötzlich rechts unter dir einen riesigen Leib, der sich vom Sandboden des Meeres aufwölbte. Du wußtest, daß es die Felsen, die Korallen und die Seepflanzen waren, trotzdem schriest du bei dem Anblick auf; du kümmertest dich nicht darum, was du wußtest. Du wandtest dich nach links, um es zu umgehen, kämpftest dich an
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