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160 - Die Schrecken von Kabuul

160 - Die Schrecken von Kabuul

Titel: 160 - Die Schrecken von Kabuul Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Zybell
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Kisten mit dem SAK lagerten schon in der Hütte, die Bin Theodor ihr überlassen hatte. Unter dem Teppich und den Bodendielen warteten sie auf den Abtransport. Am Abend des kommenden Tages wollte Bin Theodor eine bewaffnete Eskorte auf Maulern schicken. Im Schutz der Nacht sollte Aruula in die Berge aufbrechen. Ein Bote aus dem Osten hatte die Karawane angekündigt. In zwei Tagen würde sie am Pass eintreffen.
    »Wir werden schon fertig werden mit ihnen, oder, Rapushnik?« Sie lächelte und tätschelte sein Halsfell. In Gedanken sah sie sich den bewaffneten Begleitschutz der Karawane verjagen. Sie fühlte sich so stark wie selten in ihrem Leben. Schmatzend kaute sie. Wer wollte ihr etwas anhaben?
    War sie nicht unbesiegbar…?
    Ein Schatten! Sie zuckte zusammen, riss das Schwert aus der Kralle. Eine rotbraune Taratze! Zusammengerollt lag das Biest vor einer Tür. Die Tür hatte zwei Flügel und war schwarz. Zeichen in goldener Farbe prangten in der Mitte jedes Flügels.
    Die Schule! Genauso hatte Bin Theodor die Tür der Schule beschrieben, in der sie die Riegel abliefern sollte. Sie betrachtete das Gebäude. Weiß, lang und stabiler als die Hütten in der Nachbarschaft. Das war das Haus. Aruula stieg aus dem Sattel.
    Die Vorhänge hinter den Fenstern waren zugezogen.
    Dahinter glühte schummriges Licht. Aruula hörte Musik und Stimmen; Männerstimmen. Die Taratzen lag noch immer vor der Tür. Mit dem Schwert stieß Aruula in den rotbraunen Pelz.
    Das Biest löste sich in Nichts auf. Die Frau von den Dreizehn Inseln grinste unsicher und schüttelte ratlos den Kopf. Seltsam, diese Visionen. Würde sie sich je daran gewöhnen? Sie stieg drei Stufen hoch und klopfte das vereinbarte Zeichen an die Tür: Dom dodo dom…
    Das Stimmengewirr hinter den verhangenen Fenstern wurde eine Spur leiser, Schritte näherten sich, ein Türflügel wurde aufgezogen. Aruula blickte in das strenge Gesicht eines Turbanträgers: braune Augen, Wimperntusche, rot geschminkte Lippen, sorgfältig gestutzter und grün gefärbter Bart. Das junge Gesicht verzog sich angewidert. »Was willst du, Weib?« Der Turbanträger musterte sie von oben bis unten.
    Er war in ein langes weißes Tuch gehüllt.
    »Omar Alifrid Bin Theodor lässt sehr innig grüßen«, sagte Aruula ihren Spruch auf, »und ich soll die Medizin für Muhammad Bin Patrick abgeben.«
    Das Gesicht des Mannes hellte sich auf. »Rein!« Er trat zur Seite, Aruula huschte in einen halbdunklen Flur. Zwei weitere Männer tauchten wie aus dem Nichts auf. Sie trugen keine Turbane und hielten bunte Decken vor der Brust zusammen, mit denen sie sich verhüllt hatten. Darunter schienen sie nackt zu sein. Zu dritt prüften sie Riegel für Riegel.
    Es roch süßlich. Aruula sah sich um. Links und rechts einer Tür brannten zwei riesige Kerzen auf hüfthohen Leuchtern.
    Rauchschwaden wogten aus dem Raum hinter der Tür. Sie hörte Männer lachen, flüstern und stöhnen…
    »Da!« Der ihr geöffnet hatte, reichte ihr ein Ledersäckchen.
    Aruula nahm und öffnete es. Sie leerte das Geschmeide auf ihre Handfläche: drei daumennagelgroße rote Edelsteine. Sie ließ sie zurück in das Säckchen rutschen und nickte.
    »Raus!«, zischte der Turbanträger und öffnete die Tür.
    Aruula steckte das Ledersäckchen in die Innentasche ihres Yaakuli-Mantels. An dem Turbanträger vorbei drängte sie sich aus der Tür. Ein flüchtiger Blick zurück: Die beiden anderen schleppten die Tasche mit den Riegeln wie eine Beute ab.
    Einem rutschte das Tuch von den Schultern, während er zwischen Kerzenleuchtern hindurch im Zimmer verschwand.
    Aruula sah ihn nur einen Wimpernschlag lang – tatsächlich: nackt. Die Tür fiel hinter ihr ins Schloss.
    Sie stieg in den Sattel. Alles, was sie von Calli Eff und seinen Dalliwaan bisher gehört hatte, schienen Märchen zu sein: Sie würden für Ordnung in Kabuul sorgen, sie würden den Handel mit SAK bekämpfen, sie hätten sich dem Dienst an den Göttern und ihren Schriften geweiht und würden keusch und diszipliniert leben. »Verrückte Stadt…«
    Sie ritt den ganzen weiten Weg zurück durch die Dunkelheit. Von fern hörte sie etwas, das nach dem Geläute einer Glocke klang. Kurz darauf ertönte ein Singsang, wie sonst nur, wenn Calli Eff von der Turmspitze aus zum Gebet rief.
    Aruula spuckte das SAK aus. Ausgekaut. Bald hörte sie Hufschlag hinter sich. Vorsichtshalber lenkte sie Rapushnik in einen dunklen Hof. Aus der Deckung einer brüchigen Mauer beobachtete sie, wie etwa

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