160 - Martin, Deborah - Die amerikanische Braut
feststellen, dass das Wunder wirkt. Falls nicht, kann ich Ihnen noch ein paar andere Kräutergeben.“
Spencer packte sie fest am Arm und zog sie die Treppe hinunter zu der wartenden Kutsche.
Sobald sie allein waren, machte er seinem Unmut Luft: „Du wirst mit dieser Frau nicht unter vier Augen sprechen! Sie ist nicht so harmlos, wie sie aussieht. Ein unbedachtes Wort in Gegenwart von Lady Brumley und …“
„Bei »unbedacht* fällt mir ein, dass du ihrer Bemerkung über unsere Liebesheirat zugestimmt hast.“ Abby zog sich ihren Umhang enger um die Schultern. „Wie unbedacht kann man denn noch sein?“
„Das ist die einzige glaubwürdige Erklärung“, verteidigte er sich. „Niemand wird glauben, dass ich dich deines Geldes wegen geheiratet habe oder um meine politische Karriere voranzubringen.“
Er bedauerte seine brüsken Worte, als er den trotzigen Zug um ihren Mund wahrnahm. „Danke, dass du mich daran erinnerst, dass ich weder Titel noch Verbindungen habe, die mich für einen Mann wie dich empfehlen könnten.“
„Ich meinte nicht …“
„Ich weiß, was du gemeint hast. Aber sei beruhigt, ich werde in Zukunft meinen Stand nicht vergessen.“
Spencer fluchte innerlich. Er hatte nicht beabsichtigt, ihren Stolz zu verletzen. Warum war er immer so schroff zu ihr? Es fiel ihm eigentlich nicht schwer, Frauen zu schmeicheln, aber Abbys direkte Art brachte ihn so durcheinander, dass er nicht anders konnte, als brüsk zu reagieren.
Aber das entschuldigte natürlich nichts. Er beugte sich vor, um Abbys Hand in die seine zu nehmen und hielt sie fest, als Abby sie ihm gleich wieder entziehen wollte. „Es tut mir Leid. Ich wollte kein solches Scheusal sein …“
„Aber du kannst nicht anders. Es muss dir im Blut liegen.“ Bei diesen Worten schaute sie ihn mit dem herablassenden Blick einer zutiefst beleidigten jungen Dame an und wirkte dabei „standesgemäßer“, als ihr bewusst war.
„Ich mache das wieder gut. Betrachte die nächsten paar Wochen einfach als eine Vergnügungsreise nach London. Wann immer mir meine parlamentarischen Pflichten etwas Zeit lassen, werde ich dir die Sehenswürdigkeiten zeigen.“
„Ach? So viel Zeit kannst du trotz deiner politischen Karriere für deine vorgebliche Frau opfern?“
Ihr Sarkasmus Heß ihn zurückzucken. „Ich werde mein Bestes versuchen.“
Sie wich seinem Blick beharrlich aus und starrte aus dem Fenster in die untergehende Sonne. „Ich möchte die Sehenswürdigkeiten gar nicht angucken.“
Besorgt fühlte er, wie leblos ihre Hände in den seinen lagen. „Aber London hat viele schöne Seiten. Wir könnten auf einem Boot die Themse hinunter …“
„Was ist das schon gegen eine Segelpartie auf dem Eriesee?“
Das stimmte allerdings. „Wir könnten auch den Tower of London besichtigen.“
„Wo all die Verräter geköpft wurden?“ Sie schauderte übertrieben. „Nein, danke.“
„Aber wie wäre es mit …“ Er überlegte verzweifelt, was ihr gefallen könnte. „Wie ist es mit dem Theater? Wir könnten uns jedes Stück anschauen.“
„Weißt du, in Amerika haben wir auch Theater.“ Sie musterte ihn kühl. „Aber warum zeigst du mir nicht einen dreißig Meter tiefen Wasserfall oder ein paar wilde Büffel?“
„Ich glaube kaum …“ Aber dann sah er den Schalk in ihren Augen aufblitzen.
Sie machte sich über ihn lustig! Er ließ ihre Hände los und sich in den Sitz zurückfallen. „Dir gefällt es wohl, dass ich dir auf Gedeih und Verderb ausgeliefert bin.“
Sie lächelte ihn verschmitzt an. „Nachdem mir der große Viscount Ravenswood zu verstehen gegeben hat, dass er lieber all seine Freunde hintergeht, als tatsächlich mit mir verheiratet zu sein, darf ich doch auch meinen Spaß haben, oder?“
„Das kannst du so sehen, natürlich.“ Wenn sie nur wüsste, wie leidenschaftlich er sich unter anderen Umständen darauf einlassen würde, tatsächlich mit ihr verheiratet zu sein!
Während sie sich schweigend gegenübersaßen, stellte er sich vor, wie es wäre, wirklich ihr Mann zu sein. Jeden Morgen würde er neben ihr aufwachen. Nach dem Frühstück würde sie ihn verabschieden … mit einem Kuss, der so zärtlich war wie der, den sie im Garten geteilt hatten. Abends wären seine sozialen Verpflichtungen nur noch Vorwände dafür, mit ihr zu tanzen und sie in seinen Armen zu halten. Nicht, dass er noch irgendwelche Vorwände brauchte, wenn sie tatsächlich seine Frau wäre … sie würden ihre privaten Abendgesellschaften in
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